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Mit seiner Stellung unter den Flechten verbindet Leptogium myoehroum
für die Untersuchung alle Vortheile, welche die Gallertfleohten überhaupt
gewähren. Die auch bei dieser Flechte reichliche Lioheningallerte,
welcher man die anatomische Bedeutung der lutercellularsubstanz ertheilte,
welcher Stoff aber für den Flechtenkörper eine viel höhere anatomische
Bedeutung, in seinem Leben sogar einen morphologischen Werth gewinnt,
verleiht dem Inneren des Thallus mit allen seinen Gebilden eine hohe Durchsichtigkeit.
Allein dieser Vortheil würde durch die weiche Zähigkeit dieses
Stoffes fast paralysirt werden, wenn es nicht möglich wäre, denselben
durch chemische Behandlung vollständig zu entfernen, und damit die eigentlichen
anatomischen Bestandtheile der ungehinderten Einsicht zu erschlicssen.
Obwohl das Verfahren keineswegs neu is t, so halte ich es doch in
Rücksicht auf die grosse Abhängigkeit der Resultate meiner Forschungen
von der Technik für dringend geboten, dasselbe einer eingehenden Besprechung
zu unterziehen. Alle Präparate wurden in filtrirtem Flusswasser,
dem in der Regel ein bald stärkerer, bald geringerer Zusatz von Aetzkali
hinzugefügt war, studirt. Handelt es sich um die Entfernung der Gallerte,
so wird dem in Wasser liegenden Präparate allmälig von einer Aetzkali-
lösung') hinzugefügt, bis von beiden zu gleichen Theilen vorhanden ist.
Der Zusatz des Aetzkali ist bei der schon im Wasser starken Aufquellung
des Körpers der Gallertflechte erforderlich, um eine Aenderung in der
Aneinanderlagerung der Molecille hervorzuhringen, worauf überhaupt die
grössere Deutlichkeit der miorosoopischen Präparate nach Anwendung dieses
Stoffes zurückzuführen sein dürfte. Nach einer Einwirkung während etwa
zehn Minuten wird jede Spur des Kali durch Abschwemmen und Auswaschen
entfernt, und dem in reichlichem Wasser liegenden Präpai’ate
allmälig verdünnte Schwefelsäure®) zugesetzt, so dass unter stetiger
Entfernung der verdünnten Lösung das Präparat schliesslich in reiner
verdünnter Schwefelsäure liegt. Ueher die Dauer der Einwirkung dieser
Säure, von welcher eine erspriessliohe Untersuchung fast gänzlich abhängt,
lässt sich eine bestimmte Regel nicht geben. Durchschnittlich genügt die
Dauer von ®/4 bis 1 Stunde. Wenn man bei Druck auf das Präparat die
Consistenz der Butter feststellt, entfernt man sorgfältig durch oft wiederholtes
Auswaschen alle Schwefelsäure. Es scheint, als ob der vernichtende
Einfluss dieser Säure auf die eigentlichen anatomischen Bestandtheile ver-
hältnissmässig erst spät eintritt, da die so behandelten Präparate sich Tage
und Wochen hindurch unverändert erhalten. Der Einfluss der Sohwefel-
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Liq. Kali caustici der Pharmacop. German. (88^3 %)•
2) Acid, sulphuric, dilut. der Pharmacopoea German. (1:5).
säure auf den Inhalt der Flechtenzellen nach der vorangegangenen Behandlung
mit Kali ist ein sehr auffallender. Das mehr oder weniger zarte
Blaugrün der Gonidien von Leptogium verwandelt sich in mehr oder weniger
intensives Stahlgrün. Es beruht dies offenbar auf einer moleoularen Verdichtung,
sonst würde die Erscheinung, dass in stark liohtbreohenden Zellen
ein sonst unsichtbarer blaugrüner Farbstoff erkennbar wird, unerklärlich
bleiben. Ist das zarte Grün auch dann noch zu wenig hervortretend, so
besitzen wir für solche Fälle in dem Jod ein treffliches Färbemittel, welches
gerade hier von unschätzbarem Werthe ist. Es handelt sich um die Feststellung
eines blaugrünen Farbentones, der sieh bald mehr, bald weniger
einem reinen Wasserblau nähert, lässt man daher eine Verdünnte Jodlösung
einwirken, so kommt die hellgelbe Farbe derselben hinzu, und macht die
grüne Farbe bestimmt blaugrün, bisweilen fast saftgrün. Allein die Jodwirkung
äussert sich auch in anderer Weise, indem die Umrisse der Zellen
auffallend bestimmter werden. Dieser Effect lässt sich nicht allein aus dem
Hinzutritte der gelblichen Farbe und der dadurch bedingten Verminderung der
Lichtbrechung der Zellen erklären, sondern es gehen wohl auch in diesem
Falle moleculare Umänderungen vor sich. Die bisher übliche Anwendung
des Jod in der Lichenologie weiset eine auffallende Ungenauigkeit auf.
Soviel ich weiss, hat erst T h . F r i e s in neuester Zeit über eine praktische
Anwendung dieses Stoffes sich geäussert. Namentlich ist hei anatomischen
Studien das Jod in ganz unpassender Weise benutzt. Die Anwendung
desselben in concentrirter alkoholischer Lösung halte ich für die unpassendste.
Die Vortheile, welche sie für die Untersuchungen des Thallus
S c h w e n d e n e r gewährte, sind nur soheinbare gewesen, jedenfalls bat sie
manchen wahren Fortschritt ferngehalten. Die Anwendung in einer Chlorzinklösung
halte ich gleichfalls für verwerflich, da die Wirkung des Chlorzinks
selbst in hoher Verdünnung eine deletäre ist und Zustände im Zellplasma
hervorruft, welche zu falschen Vorstellungen über die wahre Beschaffenheit
im natürlichen Zustande führen müssen. Als sehr vortheilhaft
hat sich mir eine wässerige Jodlösung erwiesen. Ich benutze eine Mischung
von 1 Th. Jodtinctiir') mit 60 Th. Wasser, in welchem zuvor 6 Th. Jodkali
aufgelöst wurden. Der letztere Zusatz, welcher bekanntlich das Jod
in Wasser gelöst erhalten so ll, ist darum so hoch gegriffen, um nach Belieben
erforderlichen Falles den Jodgehalt im Präparate erhöhen zu können.
Die Hinzufügung der Jodlösung hat stets zu erfolgen während das Präparat
unbedeckt in Wasser liegt. Somit wird die Verdünnung noch vergrössert.
Zur Erlangung von instructiven Präparaten ist eine Uebung gerade in diesem
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1) der Pharmacop. German., 1 Jod: 10 Alkohol.
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