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Die neuen Zellsprosse des Sterigmata leiten mm duroli Verästelung
eine üppige Entlältmig dieses Systèmes dos Fruehtkörpers ein, um endlich
die ersten Anzeichen des Apothecium, die Fruchtliyphen, hervorzutreiben.
Dass dieses System keine genetische Sonderung des Thalamium uud der
Schlauohhypheu erwarten lässt, lehrt die bisherige Eutwickelungsgesohichto
des Fruchtkörpers. Vou einem dichten mit Gonidema durchsetzten Ma-
sohengewebe als Exoipulum umschlossen, kann das Hymenium einen Zuwachs
vom Lager her nur unter Durchbrechung jener Kapsel erhalten,
dieselbe müsste aber bei der bedeutenden Zahl von Paraphysen in beträchtlichem
ümfange stattfinden. Die Sterigmata verändern bei diesen Vorgängen
ihre Gestalt, welche oft so wunderliche Umrisse darbietet, dass
sie aller Beschreibung spottet, indem sie die Polymorphie der Gonidienreihen
der SeleroUohenen. bei weitem noch übertrifft (Taf. VI, Pig. 2, 11
uud 14). ') Die kurzen und schmalen Ausstülpungen dieser verzogenen
Zellen sind der Anfcmg des Thecium, so dass das ganze System der
Sterigmata in einander gekeilt zu dem Hypothecium sich zusammenpresst,
als einer Matrix, welcher immer neue Fruchthyphen entspringen, um iu
dem Thecium als Schläuche oder als Paraphysen zu enden.
Die ersten Anfänge der Fruchthyphen sind nicht selten schon naohzuweisen
in dem Zustande des Fruehtkörpers, in welchem er noch Spermogonium
genannt wird (Taf. VI, Fig. 1). Die Sprosse, welche das
Sterigmasystem hervortreibt, gleichen hier und da dem Zustande der
Hyphe, in welchem sie sich der Gonohyphe nähert. Die nur ein Microgonidium
enthaltenden Zellen sind dicht aneinander gereihet und zeichnen
sich bisweilen durch ihre Grösse vor denen der entsprechenden Hyphe
des vegetativen Gewebes aus. Ob diese Hyphe sich zu einem Sohlauohe
ausbildet oder in dem Hyphenzustande verharrend als Paraphyse erscheint,
sie entwickelt sieh in der gleichen Weise weiter, uud zwar nach denselben
Regeln, nach denen sich die Hyphe zur Gonohyphe umbildet. Die
Zellen nehmen an Länge zu unter Vermehrung der Microgonidien durch
Theilung. Nachdem sie eine gewisse Länge erreicht haben, beginnen sie
sich durch Theilung zu vermehren, wie dies am deutlichsten Paraphysen
in den Apotheciumanlagen darlegen (Taf. VI, Fig. 5 und 25). In dem
Gewebe der Sterigmata entspringen n e b e n e i n a n d e r von denselben
Zollen die Schläuche und die Paraphj-sen, und als beide Extreme gleichsam
vermittelnd Hypheii, welche erst am Ende sich zur Schlauchbildung
') Da solche Präparate nicht gänzlich horizontal in e i n e r optischen Durchschnittsebene
liegen, so kann natürlich die Darstellung der sämmtlichen
Zwischenwände nicht ausgeführt werden.
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ansehicken. Demnach bestätigt die Entwiokelungsgeschichte des Fruchtkörpers
von Leptogium die Anschauung B a y r h o f f e r s , dass die Sterigmata
die Matrix für die Fruohthyphen abgehen, auf das glänzendste.
Der wichtige Vorgang der Schlauohbildung bedarf einer eingehenden
und sorgfältigen Betrachtung, weil einerseits derselbe mit allen bisher
bestehenden Anschauungen im Widerspruche steht, andererseits Mer Erscheinungen
des Zellenlebens uns entgegentreten, wie sie in der Anatomie
der Flechten noch nicht bekannt wurden. Eine eigentliche Anschauung
von der Entstehung des Sclilauches ist noch nicht klar ausgesprochen
worden. Man scheint bisher sich den Schlauch als eine Zelle, als das
Endglied einer Hyphe der Fruchtsphsere vorgestellt zu haben. Ueher den
Bau derselben erfuhr man bis jetzt mir wenig. Ausser B ay r h o f f e r ,
welcher den Schlauch in zwei Theile, nämlich den Sohlauoh im besonderen
und den von demselben eingeschlossenen Sporensaok, das eigentliche
sporenerzeugende Organ, sonderte, fand sich niemand, der an diesem
Gebilde morphologische Unterschiede aufstcllte. D o Ba r y glaubte mit
anderen zuvor au dem Schlauche Verdickungsschichten und einen diese
durchsetzenden Poruskanal entdeckt zu haben.
Man wird höchlichst überrascht sein, wenn man in den nach der
angegebenen Weise mit Aetzkali, Schwefelsäure und Jod behandelten
Präparaten jüngster Apothecien in den Schläuchen statt eines mit Ool-
tröpfohen durchsetzten Plasma ein mit mehr oder weniger zahlreichen
blaugrünen Microgonidien erfülltes erblickt. Allein dass die Hyphe bei
der Schlauchbildung ihres Wesens sich eiitäussern würde, stand kaum zu
erwarten, vielmehr musste man, sollte die neue Auffassung von dem
Lichen die Probe, oh sie als Basis einer neuen Anatomie und Morphologie
der Flecliten zu dienen befähigt ist, bestehen, alle neuen fundamentalen
Thatsachen iu den an den Schlauch und die Spore geknüpften
Lebensvorgängen wiederum vorzufindeu gewärtig sein. Meine Präparations-
metliode unterstützt durch zweckmässige Beleuchtung zeigt sich gerade
hier von ihrer besten S e ite .') Diese Methode beweist, dass das ohne die
Anwendung geeigneter Mittel bei der Untersuohung als mit Oeltröpfchen
durchsetzt ersolieinonde Plasma des Schlauches mit Microgonidien erfüllt
ist. Diese Erkenntniss des wahren Inhaltes des Sclüauches in allen seinen
Entwickelimgszuständen lässt die Zweifel an der bis dahin herrschenden
Anschauung von der Schlauchhildung begründet erscheinen, nocli mehr
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y Ich hebe ausdrücklich hervor, dass der grüne Farbenton iu den Abbildungen
auf Taf. VI vollkommen getroffen ist.