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seits die Entstellung des S p e rmo g o n i um aus einem gesclileclitliclien Prooesse
aus. Nicht ausser Acht durfte auch die von B a y r h o f f e r in die
Tliallusanlage verlegte gesohloolitliche Differenzirung gelassen werden, ebenso
wenig aber auch die Erforschung der Entwickelungsgesohiehte des Spermogonium.
Diese Betrachtungen konnten dem Leser nicht erspart werden,
da sie auf das Verständniss eines der wunderbarsten Naturereignisse vor-
hereiten, wie sie mir den mülievollen Wog zur Lösung des Problèmes
ebneten. Es wäre sehr zu wünschen gewesen, dass sich j ed e r , der die
Lösung versuchte, diese Verhältnisse vorher kiargelegt hätte.
Ehe ich B a y r h o f f e r ’s Auffassung kennen lernte, gelangte ich durch
äusserliche Beobachtungen zur üeberzeugung, dass Spermogonium und
Apothecium bei einem grossen Theile der Lichenen, wenn nicht bei allen,
nur Stadien e i n e s Körpers sind. Von den zahlreichen Beobachtungen,
welclie mich zu dieser üeberzeugung führten, und von denen mehrere
bereits von N y l a n d e r und L i n d s a y gemacht, aber unrichtig gedeutet
wurden, will ich nur einige der merkwürdigsten anführen. Zunächst ist
es die üebereinstimmung in dem gesammten Habitus ohne Ausschluss der
Farben zwischen ältesten Spermogonien und jüngsten Apothecien bei manchen
Arten, sogar einzelnen Gattungen, welche besonders auffällt, wenn
beide Körper zu den grösseren oder grössten zählen. Ich habe oft sinnend
die Thallusflächo einer Sticta herbácea, einer Ricasolia W rigU ii betrachtet
und mich vergeblich bemüht, von der Ausübung des geschlechtlichen Einflusses
seitens der Spermatien eine Vorstellung zu erlangen. Welche Pluth
von Spermatien müsste erforderlich se in, sowohl um auf ein im Lager
befindliches carpogenes Centrnm oder die in dem Apothecium vorhandenen
oder auf die liinausgoworfenen und in der Keimung vorgeschrittenen Sporen
einen befruchtenden Einfluss ausziiüben. Nirgends eine Spur von Vorsorge
der Natur, um den befruohtenden Körpern den Weg zu zeigen, wie dies
sowohl bei Phanerogamen, als auch bei Kryptogamen bekannt ist ! ünd um
diese Ausübung durchaus unmöglich erscheinen zu lassen, sind diese Spermogonien
gar um 3 bis 5 mm. über der Thallusfiäche erhöht. Ebenso
unmöglich erschien mir die' Ausübung einer Befruchtung in der angenommenen
dreifachen Weise bei der Gattung Cladonia aus den gleichen Gründen.
Bei dieser kommt noch die von L i n d s a y hervorgehobene innige Beziehung
zwischen Spermogonium und Apothecium in Bezug auf den Sitz und die
gerade hei den rothfrüohtigen Arten besonders auffallende üebereinstimmung
der Färbung hinzu. War schon nach solchen Erwägungen die Richtigkeit
der Ansicht B a y r h o f f e r ’s sehr wahrscheinlich, so wurde dieselbe
fast zur Thatsache durch Beobachtung einer Zahl von Flochten an ihren
Standorten im Laufe mehrerer Jahre, welche mit Spermogonien und Apothecien
auf denselben Lagerahsclinitten gleich reich ausgestattet sind. Die
im Folgenden geschilderten Beobachtungen kann man sich an einer grösseren
Zahl von Entwickelungszuständen getrockneter Exemplare klar machen.
Das dom Pflaiizenthallus innewohnende unbegrenzte Waohsthum,' welchem
durch morphologische Grenzen kein Abschluss, sondern nur durch biologische
Verhältnisse ein Ende gesetzt is t, zeigt sich bei den Lichenen
am auffallendsten hei gewissen staudigen, blattartigen und plaoodinen Lagern.
Ahsterben des ältesten Abschnittes und Wachsthum des jüngsten finden
hier unaufhörlich an demselben Thallom statt. Gerade das in Folge dessen
centrifugale Waohsthum hlattartiger und placodiner Lager, welche zugleich
mit Apothecien und Spermogonien besetzt sind, lässt deutlich erkennen,
dass der ältere Theil den Apothecien, der jüngere den Spermogonien zufällt.
Nach der Reife der Apothecien vergeht der von ihnen iu Besitz
genommene Bezirk des Thallus, unterdess sind aber die Spermogonien des
jüngeren Bezirkes allmälig je näher dem ahstorbenden Theile desto weiter
in der Ausiiildung zum Apothecium gelangt, und die weiterwachsende
Lagerzone erzeugt neue Spermogonien. Die Berücksichtigung ferner, dass
eine reichliche Spermogonienentwickelung auf solohen Lagern gar keinen
Platz für die Ausbildung beträchtlich grösserer Apothecien lässt, ausser
dass sie aus den Spermogonien hervorgingen,') führte mich nebst manchen
anderen Thatsachen zu der Annahme der Ansicht B a y r h o f f e r ’s. Es
kam noch hinzu, dass ich in alten und jungen Apothecien, falls ich nur
mit Ausdauer nachforschte, nicht häufig Spermatien vermisste. Schon
K ör b er hat im Jahre 1855®) die Beobachtung zahlreicher Spermatien in
dom Hypothecium von Icmadophüa aeruginosa hervorgehoben und dieselbe
später aufrecht erhalten, indem er die Thatsache des Auftretens dieser
Körperehen in dem Thecium von Physcia astroidea (Giern.) hinzufügte ®)
und diese Beobachtungen als Fingerzeig betrachtete, um endlich die Befruchtung
der Lichenen zu entdecken. B a y r h o f f e r hat das Dasein von
Spermatien in Apotheciumanlagen gleichfalls festgestellt, ünd endlioli
erklärte ich iin Jahre 1874 in meiner Monographie der Thamnolia vermi-
cularis: „Man muss beachten das u n l e u g b a r e häufige Factum des Vor-
') Solche Lager beweisen auch, dass eine Befruchtung auf ein etwaiges
carpogenes Centrum nur ausserhalb des Spermogonienhereiches, also im
j ü n g s t e n Lagerabschnitte statthabon kann, wo dann auch die Apothecien
entstehen müssten. Es würden hierdurch aber ganz andere morphologische
Verhältnisse geschaffen, als sie in der Natur bestehen, was ich im Hinblicke
auf S t a h l ’ s Theorie heiworhehe.
®) Syst. lich. Germ., p. 153.
3) Par. lieh., p. 33—34 (18C5).
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