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der in Folge des Einflusses vou Jod eintretenden Intensität der blaugrUnen
Farbe der Microgonidien gebt hervor, dass die wahre Färbung sehr zu
einem reinen Blau hinneigt. Auf ganz gleiche Weisse erscheinen die
frischen Gonidien in einem lebhafteren Blaugrüu, wenn ihre Haut eine
deutliche gelbe Farbe besitzt. Nun kommt es aber bei Gallertflechten vor,
dass die Gonidien eine reinblaue Farbe besitzen, wie es unter den hier
benutzten Exemplaren vou Leptogium D, jedoch nur in einzelnen Lager-
lappeu, zeigt, in welchem Falle dann selbst noch die Markgallerte einen
bläulichen Ton angenommen hat. Aus der letzteren Erscheinung ist zu
schliessen, dass desorganisirende Einflüsse ausgeübt sein müssen. Allein
nicht nur die Collemaceen haben diese Färbung ihrer Gonidien, sondern
auch andere denselben allerdings sehr nahe stehende Gattungen, wie Reppia,
Pannaria, Sticta, Nephroma, Solorina etc.
Entgegen der bisher von einer auf niedrigster Stufe stehenden Kenntniss
getragenen Anschauung, welche das Wachsthum des Fleehtenkörpers
ausschliesslich als den Effect der Vermehrung der die beiden Gewebe
zusammensetzenden Zellen betrachtete, ergibt sich hier die neue Thatsache,
dass neben der Vermehrung der vorhandenen Gonidien eine Neubildung
derselben aus dem eigenen Gewebe und aus dem Hyphengewebe fort und
fort andauert. Diese Quelle der Neubildung in dem Hyphensystem kann
in einer erstaunlichen Ausbreitung auftreten, sie scheint sogar eine unversiegbare
zu sein. Zu dieser Entfaltung ihrer neubildenden Thätigkeit
ist die Hyphe nur durch ihren Bau, durch ihr Wesen befähigt, welche im
wesentlichen mit der Gonidieukette übereinstimmen. Ob Gonidium, ob
Metrogonidium oder Hyphenzelle, in allen liegt dasselbe Wesen in bisweilen
nur unbedeutend modificirten Ausdrücken vor unserem Auge erschlossen
da. Dass diese Variationen nicht unbedeutend von optischen Effecten
beeinflusst sind, liegt jetzt auf der Hand. Niemand hatte bisher das
Bestehen zahlreicher Irrthümer in der Algologie und besonders in der
Lichenologie, wie sie hier noch weiterhin behandelt werden sollen, als
eine Folge der Abhängigkeit von ungenügenden Mioroscopen, zu wenig
ausgebildeten üntersuchungsmethoden geahnt.
Obgleich Gonidiensystem und Hyphensystem im Grunde ein und
dasselbe Gewebe sind, so erfordert es doch der Zweck der Darstellung,
die Bezeichnungen beiznhehalten, da sie immerhin als zu p h y s i o 1 o g i s c h e n
Zwecken geschaffene Modificationen sich gegenüberstehen. Mag der Leser,
ehe er den überwältigenden Anblick eines zweckmässig hergestellten
Präparates eines Leptogien-Lsigers genossen, vielleicht noch zweifeln an
der Wahrheit dieser neuen Anschauung von der prineipiellen Einheit des
Baues beider den Fleohtenkörper zusammensetzenden Gewebe, so möge er
bedenken, dass mit diesen neuen Thatsachen, so erschütternd auch ihre
Wahrheit erscheinen muss, erst die Einleitung zu einer Fülle von die
Lichenologie und Algologie nothwendiger Weise reformireuden Neuheiten
erfahren hat. Das Microgonidium aber ist der Ariadne-Faden in dem
sonst unerforschbar erscheinenden Labyrinthe des Flechtenlebens; welche
Zellen daher, welche Lebenserscheinungen auch immer von Leptogium
myoehroum zur Darstellung gelangen mögen, bei allen muss von dem
Vorhandensein dieses Körperchens ausgegangen werden. Schon die später
zu schildernden Entdeckungen an dem lichenischeii Grundgewebe legen mir
die Nothwendigkeit einer Aenderung der Terminologie auf. Daher wähle
ich für die immer unbequem gewesenen Bezeichnungen von Gonidiensystem
und Hyphensystem diejenigen von Go n i d e m a und Gono -hyphema .
Der Zweck der letzteren Benennung kann erst im späteren Verlaufe dieser
Schilderung hervortreteu.
Blicken wir jetzt zurück auf die bisherigen Leistungen in dem
behandelten anatomischen Gebiete, so begegnen wir, wie schon oben
ausgeführt wurde, mehrfachen Anschauungen über einen genetischen Zusammenhang
zwischen Gono-hyphema und Gonidema. Die Annahme einer
Neubildung des letzteren aus seinen eigenen Zellen wurde zuvor allein
von Kö rb er (1. c.) ausgesprochen. Es bedarf wohl kaum einer weiteren
Ausführung, dass dieser Lichenologe den geschilderten Vorgang in den
Muttergonidien, welche er selbst mit diesem Namen belegte, beobachtete,
leider aber nicht in einer den Gesetzen des Baues und Lebens der Zelle
entsprechenden Weise auffasste und darstellte, in Folge dessen diese
Beobachtung auch keine Aufnahme fand und namentlich v o n S c h w e n d e n e r
in jener sonderbaren W e ise ') zuriickgewiesen wurde, dass er die von
K o r b e r beschriebenen Vorgänge „für Dinge, die man sich zwar ganz gut
denken kann, die aber in Wirkliobkeit nicht Vorkommen“ erklärte. Da
Korber die Herkunft seiner Microgonidien nicht kannte, so liess er dieselben
in dem „Gonidioblasten“ der Muttergonidien entstehen, welche sie dann
in Ketten vereinigt nach Verflüssigung der mütterlichen Zellwand verliessen,
um wieder eine Gonidienkette zu bilden, in welcher sich die Umbildung
zu Muttergonidien wiederholte. Alles Uebrige von K ö r b e r ’ s Schilderung
passt nicht zu dem natürlichen Vorgänge. Immerhin bleibt es anerkennens-
werth, dass Kö rb er, welcher bekanntlich nur eines minder guten Micros-
copes sich bedient, diese Beobachtung gemacht hat, ebenso tadelnswerth aber
erscheint die Weise S c h w e n d e n e r ’s, in der berührten Art die Wahrheit
der Beobachtung K ö r b e r ’s, ohne selbst einschlägige Untersuchungen
') 1. C., II, p. 94.
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