dass in Folge eines nicht bedeutend entwickelten Epithecium die Spore
fast frei auf der Oberfläche liegt und nur an einer kleinen Stelle mit
dem epithecialen Hyphema zusammenhängt, so wird es einleuchten, wie
selten solche Sporen zur Beobachtung gelangen können, indem sie fast
immer bei der Präparation verloren gehen müssen. Der Anblick dieser
scheinbar mit einer rauhen Oberfläche versehenen Sporen erinnerte mich
an einige in der Literatur verzeichnete Fälle.
Seit T u l a s n e ist es aufgefallen, dass so selten bei den Flechten
Sporen Vorkommen, deren Membran Unebenheiten darhietet, wie bei den
Gattungen Solorina, Pannaria und Thelotrema. Eine warzige Oberfläche
fand sich bei Solorina saccata, Pannaria hypnorum, P. brunnea und P.
triptophylla, eine feinstachelige bei Thelotrema exanthematieum. Der Entdecker
dieser Erscheinungen stellte aber auch zugleich die Thatsache fest,
dass die gefärbten Sporen von S. saccata und Th. exanthematieum die
Färbung den Unebenheiten der Oberfläche nicht mittheilen, denn er hebt
ausdrücklich hervor (1. c. p. 57 nota 1 ), dass die feinen Spitzen der
Sporenmembran der letzteren Art von einer a u s s e r o r d e n t l i c h e n
D u r c h s i c h t i g k e i t sind. Die Farbe der Sporen wird nun, wie es ja
auch in der Natur der Zellwand lieg t, dem Episporium beigelegt. Ist
also die Rauhigkeit der Membran ein Theil derselben, so fehlt jeglicher
Beweis für diese Erscheinung, dass ein continuirlicher Zellwandkörper
theilweise stark pigmentirt, theilweise absolut farblos sein kann. Will
man iedoch diese Begründung nicht gelten lassen, so bin ich in der
Lage, durch richtige Deutung gewisser Darstellungen T u l a s n e ’s überzeugende
Beweise beizubringen.
Man erinnere sich zuvor aller Eigenthümlichkeiten der Hyphemkapsel
einerseits an T h u r e t ’s Sporen von Nostoc, andererseits an den Acro-
blastemen und Hormosporen von Leptogium myoehroum, so wird man bei
diesen selbst die Modificationen, wie sie hei den Thecasporen von Solorina
und Thelotrema bestehen, nicht vermissen. Die feinstachelige Oberfläche
gewisser Blasteme von Leptogium wurde auf eine voraneilende Entwickelung
der Hyphemkapsel zurückgeführt, in Folge dessen das microscopische
Bild in der berührten Weise sich darstellt (Taf. V, Fig. 11). Zu welcher
Zeit aber die Sporenhaut diese Eigenthümlichkeiten zeig t, hat T u l a s n e
zu erforschen unterlassen, und so wird man durch seine Darstellung der
Keimung bei Solorina zu dem Schlüsse geführt, dass ihm allein ausserhalb
der Schläuche vegetirende Sporen diese Beobachtung lieferten. Vergeblich
würde man sieh auch bemühen, bei einer Art von Solorina, selbst in überreifen
Apothecien eine noch in dem Schlauche befindliche Spore mit rauher
Oberfläche zu entdecken, alle zeigen selbst bei 1250-facher Vergrösserung
(Taf. IV, Fig. 31) eine glatte Oberfläche. Dagegen stellt T u l a s n e die
fünf k e ime n d e n Sporen von Solorina saccata mit einer rauhen, feinkörnigen
Oberfläche dar (1. c. Taf. XVI, Fig. 20 uud 21). Wie mancher
mag diese keimenden Sporen betrachtet haben, ohne zu ahnen, dass sie
die erste Darstellung einer der merkwürdigsten Naturerscheinungen geben.
Oft war früher mein diese Abbildungen betrachtendes Auge von den rauhen,
feinkörnigen Sporen, welche an ihren Enden einzelne d i c k e Keimschläuche
aussenden, hinübergeglitten zu einer anderen Darstellung (ibidem
1 2 ), welche ausser zwei glatten Sporen von Lecanora parella eine
mit ganz entsprechend körniger Oberfläche und zwei andere mit einem
dichten äusserst zarten ringsherum ausstrahlenden Filze von Fasern verschiedener
Länge ausgestattete vorführt. Ebenso oft habe ich mich aber
gewundert, dass weder der Entdecker, noch alle anderen nach ihm,
unter denen namentlich d e Ba r y hervorzuheben, sich nie des fast in die
Augen springenden Widerspruches zwischen der Darstellung der Keimung
von Lecanora parella und derjenigen von Solorina saccata bewusst geworden
sind, freilich ohne mir selbst eine Erklärung der sich widersprechenden
Thatsachen geben zu können. T u l a s n e hebt ausdrücklich hervor (1. c.
P- 97—99), dass der dichte, byssoide, von der Lecanora-Spore ausstrah
lende Filz von dem Episporium, aber nicht von dem Endosporium aus
gehe, und in der That sprechen seine diesen Punkt besonders berühren
den Darstellungen (Fig. 16 und 17) für die Richtigkeit dieser Annahme,
Es fiel ihm auf, dass im Widerspruche mit allen anderen Sporen das
Endosporium als ein derbes, dickwandiges Gebilde gegenüber dem viel
dünneren Episporium erscheine. Dass der dichte Hyphenfilz nur von dem
letzteren ausgeht, scheint mir mit T u l a s n e nach seiner Darstellung
(Fig. 17) unzweifelhaft, da dieselbe deutlich nachweist, dass sich durch
passenden Druck ein Theil des Episporium gleich einem lockeren Mantel
mit dem Hyphenfilze entfernen lässt, ohne dass dadurch der entsprechende
Theil des Endosporium*) verletzt würde, namentlich also keine Löcher
zeigt, an denen man einen Zusammenhang mit deu Hyphen annehmen
könnte. T u l a s n e glaubte, dass die Fäden der Lecanora-Spoi-e den
Keimhyphen analoge Gebilde se ien, dass sie also namentlich den nur zu
einer und zu zweien ausgesandten Hyphen der iSoioriMa-Spore entsprechen,
gelangte aber merkwürdiger Weise nicht zu Zweifeln nach der Betrachtung
der keimenden letzteren Spore, welche zugleich dicke Keimfäden aus*)
Die Terminologie der Sporenbestandtheile ist bei T u l a s n e , wie auch bei
N y l a n d e r , eine sehr verwirrte.
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