
Schwankungen veranlaßt und mehrfach zu einer verstärkten Zufuhr terrigener Sedimente führt.
Das gleichzeitig stärkere Absinken eines nordsüdlich verlaufenden zentralrussischen Meeresstreifens
löst im Beginn des Perm die dortige obercarbonische Fusulinen-Brachiopodenfauna durch pelagische
Cephalopoden ab. Fusulinen gehen in Rußland n u r am Uralrande und an der Basis des im Carbon
gefalteten Donetzgebietes in die Arta-Stufe über. —
Nachdem ich an einem rein marinen Beispiele gezeigt habe, daß die Fusulinen in seichtem
Meereswasser mit kalkigem Absätze sich finden und sowohl bei eintretender größerer Tiefenlage,
als auch bei Zuführ grobklastischer Sedimente verschwinden, wohl aber tonige Trübung des Wassers
(im Gegensätze zu den Korallen) un d geringes Aussüßen des Meeres vertragen, will ich an einem
anderen Fundorttypus in aller Kürze die gleichen Schlüsse ableiten:
Das Mississippigebiet von Nordamerika, die karnischen Alpen, das Donetzrevier -|||d re i Gebiete
carboner Faltung — beweisen durch ihren beständigen Wechsel von kohlenführenden subterrestrischen
und von Fusulinen führenden marinen Lagen deutlich die L a n d n ä h e und geringe, oft wechselnde
Tiefenlage. Auch hier tr i tt lokal und zeitweise terrigene Trübung der Sedimente, sowie gelegentliche
Brackwasserbildung ein, ohne die Fusulinen völlig zu vertreiben.
Den besten Beweis für die hier vorgetragene Anschauung, daß die Fusulinen s. str. f l a c h e ,
mehr oder weniger kalkig sedimentierende benthonische Meeresgebiete bewohnten, die bei geringer
Tiefenänderung für die (etwas tieferes?) Seichtwasser liebenden Brachiopoden oder die an die obersten
Wasserschichten gebundenen Korallen geeignete Wohnplätze boten, bietet neben einer Analyse
jedes der einzelnen Fundorte unter Berücksichtigung des Gesteinscharakters die V e r b r e i t u n g s k
a r t e (Koken 1.1 C.). Hier sehen wir, daß wir es in der T a t nur mit den Kontinentalsockeln zu
tu n haben, und daß die Meeresteile in der Nachbarschaft carboner Faltungen bevorzugte Wohnplätze
boten.
Ein zweites wichtiges Moment bei der Rekonstruktion der Fusulinenlebensbezirke is t die Frage
nach den klimatischen Verhältnissen. Ich habe diesen P u n k t an anderer Stelle bereits besprochen
und möchte, da die hierhergehörigen allgemeinen Probleme noch innerhalb der geologischen Wissenschaft
so wenig geklärt und so stark der Diskussion unterworfen sind, hier lediglich auf meine früheren
Ausführungen verweisen (vgl. Zentralbl. f. Min. etc. 1908, Seite 698—703). Nur einige speziell die
Fusulinen betreffenden Momente seien hier angeführt:
1. Irgend eine Plötzlichkeit der Entwicklung der Fusuliniden ist nirgends zu beobachten. Vielmehr
zeigen die meisten Genera von der Obergrenze des Carbon bis zum Aussterben der letzten Neoschwagerinen
in der oberen (?) Dyas zwar eine deutliche Weiterentwicklung, aber auch durch das Nebeneinander
der verschiedenen Formen die Allmählichkeit dieser Vorgänge. (Vgl. auch H. Y a b e
[1. c. p. 26—27]: A replacement of an older ty p e by a younger seems never to have happened.)
2. Dafür, daß die Fusuliniden lediglich in ziemlich warmem Wasser zu existieren vermochten,
spricht eine ganze Reihe von Umständen. Einmal is t ihre Entstehung in einer Zeit erfolgt, in der
b i s z u m P o l a r k r e i s K o r a l l e n lebten, d. h. in der die Temperatur bis dorthin nie unter
20° sinken durfte. Ferner wechselten die fusulinenführenden Schichten sehr häufig mit Oolith- oder
Korallenbänken, so daß die Annahme einer einigermaßen gleichen Temperatur für sie überaus wahrscheinlich
ist. Die Wechsellagerung von O o l i t h e n weist auf Verhältnisse hin, in denen Calciumcarbonat
im Meerwasser im Überschuß gelöst war und es daher kalkschaligen Foraminiferen erleichtern
mußte, große Schalen zu bilden. Vor allem die intensiye Verdunstung tropischer und subtropischer
Küstengebiete ist für eine starke Anreicherung mit kohlensaurem Kalk günstig. F ü r alle kalkassimilierenden
Organismen bieten vor allem die warmen Meere die geeigneten Bedingungen. Endlich weist
der Vergleich mit den großen Thalamophoren der Gegenwart (und der Vergangenheit) mit zwingender
Notwendigkeit für die Fusuliniden auf ein Milieu hin, das etwa den submarinen Plateaus von Florida
entspricht. Allerdings dürfte bei den Fusuliniden der Lebensbezirk etwas ausgedehnter sein als bei
den Korallen, da der Einfluß der Isochimenen wohl weniger für sie in Betracht kommen dürfte, als
der der m i t t l e r e n J a h r e s w ä r m e , für die indessen ein Minimum von etwa 15—20° sicherlich
nicht zu hoch angesetzt sein wird.
Auch d e L a p p a r e n t (1. c. 1906, p. 990) zieht aus der Gleichförmigkeit der obercarbonen
Fauna vom 82. Grade nördl. Br. bis Bolivia den Schluß, daß im Obercarbon der Äquator nicht in
physiologisch wirksamer Weise wärmer war als die Polarregion, in der u. a. Lithostrotion dauernd
eine Wassertemperatur von m indestens 20° anzeigen dürfte. — Von Interesse ist es, daß d e L a p p a r
e n t aus der Art des Wachstums der Pflanzen den Schluß zieht, daß das Klima der Kohlenbildung
„tres chaud e t humide“ (1. c. p. 989) und ohne Jahreszeiten war. Bis zum 74. Grade nördl. Br. zeigt
übrigens auch die Pflanzenwelt des Obercarbon eine vollständige Gleichförmigkeit der Spezies.
3. Alle mächtigeren organogenen Kalksedimente, die aus Zeiten mit Klimazonen stammen,
sind tropisch oder subtropisch. Pachyodonten, Korallen (und auch Globigerina, Orbitoides, sowie
die palaeogenen Genera Nummulites, Lepidocyclina, Miliolina, Orthophragmina, Alveolina u. a.) sind
an hohe Temperatur gebunden, ebenso wie die rezenten Orbitoliten etc.
4. Ein Blick auf eine Karte der Verbreitung der Fusuliniden (die beste bisher gegebene Zusammenstellung
findet sich bei E. K o k e n , N. Jahrbuch f. Min. etc. Festband 1907, Taf. XIX)
zeigt uns einige Eigentümlichkeiten, die die Frage nach der Art und In ten sitä t der „permischen
Eiszeit“ etwas näher beleuchten.1) Wir sehen, daß auf der nördlichen Hemisphäre die Fusulinen
an einer ganzen Reihe von Stellen am Polarkreise sich finden, einmal sogar bis zum 80. Grad hinauf
sich polwärts verschieben (Spitzbergen). Die Annahme, daß golfstromähnliche Strömungen die zum
Leben dieser Tiere erforderliche Wärme geliefert haben könnten, ist aus geographischen Gründen
angesichts des beträchtlichen Areals der in Frage kommenden Gebiete wohl ausgeschlossen. Auch
E. K o k e n h a t bei seiner Rekonstruktion der Meeresströmungen diese Gegenden großenteils mit
k a l t e n Strömungen versorgen müssen. Allerdings ist es keineswegs sicher, daß die Fusulinen
dieser Gegenden zur Z eit der permischen „Eiszeit“ dort gelebt haben. Immerhin aber ist für Wladiwo-
stock und Alaska, Spitzbergen und die Tscheschkajabai ein Vorkommen von Formen gesichert,
die wenigstens für die G r e n z e von Obercarbon und Perm bezeichnend sind. Noch für diese Zeit
wäre demnach eine a l l g e m e i n e W ä r m e d e s M e e r w a s s e r s erforderlich. Für das
Obercarbon ist ja überhaupt zu beachten, daß der geringeren Ausprägung der Klimazonen eine Abnahme
der thermischen Differenzierung der Meeresströmungen entsprechen muß.
5. Nach dem Gesagten h ä tten wir diese Wärme als für ein etwa tropisches Klima bezeichnend anzusetzen.
Vom Beginn des Obercarbons, von der Stufe des Spir. mosquensis an, müßte diese T emperatur
annähernd gleichmäßig geherrscht haben. Kurz zusammengefaßt wäre nach dem jetzigen Stande
unserer Kenntnis vom Standpunkte des „Fusulinisten“ , ohne Berücksichtigung anderer Gesichtspunkte,
also folgendes über das Klima des Schlusses des Paläozoikum zu sagen:
Im gesamten Obercarbon ist das Klima einheitlich (ohne Ausbildung scharfer Klimazonen)
ein tropisches oder subtropisches. Bis hinauf zum 80. Breitengrad herrschen
I) Das E Seite 701 Anm. erwähnte westfälische Vorkommen halte ich nach Besichtigung der Originalstücke' (Geol.
Landes-Anst., Berlin) n i c h t für glazial.