D. Z ur Lebensweise d er Fusulinen.
Die Rekonstruktion der Lebensweise paläozoischer Foraminiferen ist a n und für sich m it großen
Schwierigkeiten verbunden, wenn sie mehr sein soll, als lediglich eine analoge Übertragung des an
mehr oder weniger ähnlichen lebenden Formen zu Beobachtenden. Da diese Übertragung mehr in
das Gebiet der vergleichende Zoologie als der Paläontologie fallen dürfte, wäre die für die Physiologie
der Fusulinen lediglich auf Grund des fossilen Materials sich ergebende Ausbeute gewiß nur eine
recht dürftige, wenn nicht der Umstand, daß eine fast überreiche Fülle von Gesteinsproben der Fusu-
linidenschichten fast der ganzen Erde mir dank der Liebenswürdigkeit einer ganzen Reihe von
Sammlungsdirektionen zur Verfügung stand, doch noch manchen Schluß zu ziehen g e sta tte t hätte.
I. Die geographische Verbreitung der Fusuliniden.
Die Fülle von Gesteinsmaterial erlaubte zunächst eine Verbreitungskarte der Fusuliniden
zu zeichnen. Nach den von S c h e l l w i e n , dem ja fast das ganze, mir gegenwärtig zu Gebote
stehende Material bereits v o rlag ,x) gemachten Angaben und seinen eigenen Beobachtungen h a t
K o k e n im Jah re 1906 (N. Jahrbuch Festband, Taf. XIX) eine derartige Karte veröffentlicht,
die alle wesentlichen Fundorte enthält. Aus einer Verbreitungskarte, die neben den Fusulinen-
fundstellen auch die mutmaßlichen Küsten der Kontinente und Inseln des Obercarbon — (Kokens
Karte stellt einen Abschnitt des Perm dar) — wiedergibt, lassen sich einige Besonderheiten der Verteilung
auf der Erdoberfläche ersehen. Einmal gehören mit alleiniger Ausnahme der südamerikanischen,
bisher nicht näher beschriebenen Funde von Ita itu b a und ? Bolivia die Fusuliniden sämtlich
der Nordhemisphäre2) an, da ein mächtiger, Südamerika z. T., Afrika, Vorderindien und Australien
umfassender Kontinent ihr Vordringen nach Süden hinderte.
In E u r o p a sind Fusulinen bekannt:
1. vom nördlichen S p a n i e n (wo sie B a r r o i s in Asturien fand, aber nicht näher
beschrieb).
2. aus den l i g u r i s c h e n A l p e n (durch I s s e l bekannt gegeben).
3. aus den k a r n i s c h e n A l p e n ( S t ä c h e , S c h e l l w i e n , G o r t a n i , v. S t a f f ) .
4. vom'südlichen D a l m a t i e n (v. B u k o w s k i , S c h u b e r t ) .
») Neu erhalten habe ich vor allem durch die Liebenswürdigkeit der Herren F r e c h (Sosiomaterial), V o 1 z (Sumatra),
Y a b e (Japan), W i m a n (Spitzbergen), S a p p e r (Guatemala), B e e d e (Kansas) eine beträchtliche Menge sehr wertvoller
Aufsammlungen. Auch an dieser Stelle erlaube ich mir den genannten Herren meinen verbindlichsten Dank für ihr Entgegenkommen
auszusprechen. Auch Herrn Geheimrat B r a n c a bin ich für Überlassung des Richthofenschen Materials (China) zu gehorsamem
Danke verpflichtet.
*) Bezw. gehen nicht weiter als wenige Grade (Padang in Sumatra) südlich vom Äquator.
5. aus dem mittelungarischen B ü k k g e b i r g e (Va d a s z ) .
6. aus R u ß l a n d , vom Timan-Ural bis Moskau, und vom Donetz bis zur Nord-Dwina
(v. Mö l l e r , K r o t o w , S c h e l l w i e n ) .
7. von Euböa (D e p r a t).
Aus dem äußersten Norden sind als berühmte Fundorte zu nennen:
8. S p i t z b e r g e n und die B ä r e n i n s e l (Goe s , S c h e l l w i e n ) .
Zu diesen Fusulinen-Fundorten kommen noch zwei bemerkenswerte Schwagerinenplätze:
9. die K r i m (C. v. V o g d t).
10. das Tal des S o s i o in Sizilien ( G e m e l l a r o , v. S t a f f ) .
Im zentralfranzösischen Morvan sind — nach F r e c h — entgegen M e u n i e r s Angabe
keine Fusulinen, sondern nur Fusulinellen vorhanden.
In A s i e n sind Fusulinen bekannt geworden von C h i o s ( T e l l e r - S t a c h e ) , Hadji-
Veli- Oglou und B a l i a - M a a d e n (v. B u k o w s k i , E n d e r l e - S c h e l l w i e n ) , Selefkes
bei T a r s u s , aus P e r s i e n von Charoud am Elburs und von Asterabad (v. M ö 11 e r, R o-
m a n o w s k y), aus O s t - T u r k e s t a n vom Süd-Tienschan ( M e r z b a c h e r - K e i d e l )
und von J atantschitag ( B o g d a n o w i t s c h - S u e s s ) , aus D a r w a s (v. K r a f f t - D y h r e n -
f u r t h ) , und vom westlichen H i n d u k u s c h (Gr i e s b a c h ) .
Häufiger genannt werden in der Literatur die Fusulinen-Bezirke von J a p a n , K o r e a
und C h i n a , für die ich auf Y a b e s Zusammenstellung (1. c. 1906, Seite 10—16) verweisen will,
ela mir einige japanische Quellen nicht zugänglich sind. Namentlich C. SCHWAGER, L. v. L o c z y ,
I. v. LOERENTHEY, H. DOUVILLE, E. SCHELLWIEN, F u t t e r e r , C. G o t t s e h e ,
C o u n i 11 o n, H. YABE, H i r a b a y a s h i , O g a w a , J i m b o , Y a m a d a haben durch
Beschreibungen1) oder Aufsammlungen unsere Kenntnis der ostasiatischen Fusuliniden bereichert.
Wichtig ist auch der Ussuri-Bezirk (Tschernyschew). — Von S u m a t r a sind namentlich durch
F. ROEMER, VERBEEK und W. VOLZ interessante Formen bekannt geworden. Dem Entgegenkommen
der Herren Prof. F r e c h und V o 1 z verdanke ich es, daß auch ich einen Beitrag zur
Kenntnis der sumatrischen Fusuliniden liefern konnte (SCHW. Seite 471—484). Ä Von Tenasserim
h a t NOETLING eine „Schwagerina“ Oldhami veröffentlicht, die jedoch höchst wahrscheinlich einem
anderen Genus zuzurechnen ist. — Nach F 1 i e g e 1 beruhen die Angaben über das Vorkommen
von Fusulinenkalk auf Borneo lediglich auf einem Druckfehler des Geological Magazine 1875.
K a y s e r s Notiz über Fusulinen auf Timor gibt leider keine Einzelheiten. — Recht beachtenswert
sind auch die Beschreibungen, die C. SCHWAGER von den Fusulinen der vorderindischen
S a l t - R a n g e gegeben hat.
Aus A f r i k a sind noch keine Fusulinen bekannt, obwohl durch J . W a 1 1 e r, E. S c h e 11-
w i e n , H a u g j F o u r e a u u. a. im Norden marines Oberkarbon der in Frage kommenden Horizonte
nachgewiesen worden ist. ^ Ebenso ist es denkbar, daß auch aus A u s t r a l i e n später noch
Fusuliniden bekannt werden, wo u. a. E t h e r i d g e aus Tasmanien eine marine Oberkarbonfauna
beschrieben hat.
Von A m e r i k a ist aus zahlreichen Teilen der Vereinigten Staaten, aus West:Canada, Alaska
und der.Eismeerküste (durch Sa l t e . r ) , ferner, aus Chiapas-Mexico und Guatemala (von S,ap-p er.
gesammelt),, sowie von. Ita itu b a - am Amazonenstrom (durch K a t z e r). un d aus (?). Bolivia das
Vorkommen von Fusuliniden erwähnt worden. Sa y , S h u m a r d , S c h e l l w i e n , S p a n d e l ,
*) Die Autoren sind groß gedruckt.
Zoologien. Heft 58. 10