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AiipbiMung und Wiederliolung aller Theile einen bestimmten Grad von
Vollkommenlieii erlangt hat und will nun zu einer noch hüliern Stufe
ü b e r g e h e n , so reichen oft nieliL Mittel und Vermögen aus, in allen Org
a n e n den gleichen Forlschritt auf einmal zu machen. Alsdann erlangt
erst der eine Theil die b e abs i cht igt e Vervollkommnung im ganzen Masse,
und der andere schreitet nicht nur nicht mit fort, oder doch nur in
der Anlage, sondern mnss sogar die Mittel zu jener Vervollkommn
u n g der andern Theile mit beisteuern. Dies ist das Gesetz des organ
i s c h e n Gleichgewichts, der eine Theil schreitet in IMan und Wirklichkeit
fort, auf Kosten des andern, der nnr im Plane fortschreitet, in
der Ausführung aber selbst unter die schon eingenommene Stufe herabsinkt.
Da mm die Entwicklung im Pflanzenreiche von innen aus b e -
g i n n t , so müssen natürlich stets innere Theile gegen äussere noch
f o r t s c h r e i t e n d e zurückbleiben. Am häufigsten wird dies mithin die
Garpelle und Sianbgefässe hetreffen müssen, wie denn das mit der
Wii klichkeii übereinstimmt. Und blickt man g e n a u e r bin, so wird m a n
f m d e n , dass in der Tbat jene in den wichtigsten Theilen aboi'tirenden
Familien immer so zu sagen S|)rünge in der Vervollkommnungsreihe
bezeichnen, die nicht mit. e inem Male ganz ausgeführt werden konnten
F s war ein zu gewaltiger Schritt mit einem Male von den Burseraceen
zu den zarthud)igen Mimosen, darum fand jenes tbeilweise Zurücks
i n k e n statt, durch welches sich die w i r k l i c h e n Flülsenpflanzen von j ene n
idi'eUen unterscheiden, welche letztere m m Connaraceen nennt. Noch
lehi'reicher ist der Fall bei den Berberideen: Die Natur wollte von
den Anonaceen zur Bildung der Wintereen übergehen, da musste sie
ihre sammtlichen Garpeile bis auf eins eingehen lassen, um die andern
Kreise zu vermehren, so entstanden die ßerber ideen. Auch der nächste
Schritt gelang nicht ohne Opfer, die Kräfte mussten sich in zwei
Blüthen spalten, und es entstanden die Menispermeen mit diclinischen
Blütlien und sogar mitunter fehlenden Blumenblättern. Dasselbe Verh
ä l t n i s s findet statt bei Podophyl leen, Amygdaleen, Actaeaceen und in
a n d e r e r Beziehung bei Sanguisorbeen, Alsineen und vielen andern.
Man kann daraus die Begel ableiten, dass ein Fehlschlagen einzelner
T h e i l e , hauplsächlich in der Reihenfolge derr Familien bei denen vorkommen
wird, die solchen Familien vorangehen, bei welchen ein b e -
d e u t e n d e r Fortschritt in der Zahl der Kreise und ihrer Theile stattfindet.
E i n e andere hier zu erörternde Frage ist e s , welcher der gleichb
e r e c h t i g t e n Theile eines Kreises sich entwickeln werde, wenn derselbe,
was bei dem Fruchtblätterkreis am seltensten geschieht, nicht ganz
einRehen soll. Hier können von neuem Beziehungen gegen die Achse
e i n t r e t e n , gegen welche die Stellung der Blüthen äusserst konstant ist,
und wenn man sieht, dass unregelmässige Blüthen meist in einem rei -
chen Blüthenstande vorkommen, wird man geneigt dies anzunehmen.
Aber eine weit w'ichtigere Veranlassung scheint uns in der successiven
s p i r a l i g e n Entwicklung aller Organe zu liegen. Denn wenn in der
P a p i l i o n a c e e n - B l ü t h e 5 Garpelle in der Anlage vorhanden sind, so
w e r d e n , wenn die hierbei zur Entwicklung aller Fruchtblätter nöthigen
vegetativen Kräfte tbeilweise anderweitig zur V e rwe n d u n g kommen, nur
das erste oder höchstens die beiden ei'sten Garpelle zur Entwicklung
g e l a n g e n . Natürlich übt eine solche unregelmässige Entwicklung leicht
e i n e n Einfluss auf die ganze Blülhenbildung. Wenn wir bei unserm
Beispiele bleiben, so wird sich das dem einzig entwickelten Garpell
g e g e n ü b e r l i e g e n d e Blumenblatt auch am meisten entwickeln, es ist hier
das nach der Knospenlage äusserste Blumenblatt oder Vexillum. Bei
der bereits erwähnten Amorpha entwickelt sich mit dem e inz ige n Gar -
pell auch dieses Blumenblatt allein. Die ander n 4 Blumenblät ter scheinen
sich ziemlich gleichmässig zu entwickeln. Man kann denselben
E i n f l u s s der successiven Entwicklung bei solchen unregelmässigen
B l ü t h e n voraussetzen, die an der Spitze eines Blüthenschaftes allein
s t e h e n .
So erfüllt sich uns hier vollkommen, was wi r am E ingange dieses
A b s c h n i t t s von den Perturbat ionen sagten, dass sie nur d ienen, das
Gesetz zu bestätigen. Welche wunderbare Mannichfaliigkeit entsteht
n i c h t in dem Pf lanzenreiche durch solche anormale (wenn dieses Wort
h i e r noch erlaubt ist!) E n t w i c k l u n g ! Wie sehr sich die N a t u r in einzelnen
jener nur scheinbar ausserhalb des Weges liegenden Formen
gefallen bat, sieht man am besten in der artenreichen Familie der
H ü l s e n p f l a n z e n .
E s bleibt uns für diesen Ort nur noch die Betrachtung jener
F o r m - A b w e i c h u n g e n übrig, welche man meist insgesammt Missbildungen
nennt. Man bezeichnet damit individuelle^ selten geschlechtlich
f o r t p f l a n z b a r e Abweichungen von der normalen Gestalt, die den allg
e m e i n e n Bildungsplan der Pflanze nicht überschreiten, und die m a n
ganz passend eingetheilt hat, in Vorbildungen und Rückbildungen.
Diese Ausdrücke sind von der sogenannten Pflanzenmetamorphose genoiDmen,
und man bezeichnete deshalb mit d em Namen Rückbildung
oder Auflosung, wenn z. B. die Blüthentheile (Blumenblätter, Staubfäden^
Garpelle und Eichen) wieder die Gestalt von Laubblättern ann
a h m e n , wobei sich häufig die kreisartigen Wirte] in deutliche Spi