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Formen aus niederen glauben, so haben die naLurpbilosophischen Systeme
jedenfalls den Vortheil gehabt, die rationellen nur die Natur
beobachtenden Klassilikatoren auf einen Weg aufmerksam 211 machen, der
wohl der Berücksichtigung werth wäre. In der That, ist denn der
Einfluss (lieser Schule, auch bei den Botanikern vom Fache nicht
s[)urlos geblieben, wie unsere Uebersicht der natürlichen Klassifikationen
ergeben haben wird. So reihete z. B. Gurt Sprengel seine
natürlichen Familien (100 Stück) ohne alle Unterordnung unter höhere
Abfheihingen cinfach nach dem Principe der Vervollkommnung an einander,
von den niedersten Formen beginnend, durch verwandte allmälig
in einer Reihe zu höheren aufsteigend Insbesondere aber stand
F r i e s untei- dem Einflüsse der Naturphilosophen, selbst was die schemalische
Abstufung angeht, worüber früher die Rede war. Eigenthünilich
ist demselben die Betrachtung des ganzen Reichs, nach mathematischen
Figuren (Kreisen) worin ihm Lindley und mehrere andere
gefolgt sind. Schultz Martins bekennen sich ohne Weiteres zu
jenen Ansichten, und glauben, dass das Pflanzenreich sich in bestimmten
Reihen nach gewissen Richtungen entwickelt habe, die ausstrahlen
von dem Uriypus der Pflanze, wie die Zweige eines Stammbaumes.
Indessen sind diese Ideen von Beiden nur in einleitenden Betrachtungen
ausgesprochen worden, ohne dass bei der Klassifikation selbst
darauf Rücksicht genommen worden wäre.
Nachdem nun der Einfluss, welchen die Metamorphosen-Lehre im
Dienste der philosophischen Naturbetrachtung auf die botanische Systematik
ausgeübt hat, in Umrissen dargestellt ist, kehren wir zurück
zum weitern geschichtli-chen Verfolg jener Principien, welche besonders
von L ama r ck mit der Naturgeschichte der lebenden Wesen verbunden
worden waren. Indessen es ist dies nicht wohl möglich, ohne
auch zugleich des Einflusses zu erwähnen, den die Metamorphosen-
Lehre auf die zoologische Wissenschaft ausgeübt hat. Ursprünglich
scheinen die meisten Thierforscher die Ansicht gehabt zu haben, die
Anlage der Embryo des jungen Thieres habe bereits die nämliche Gestalt
und Gliederung wie das ausgewachsene Thier^ nur seien alle diese
Theile zu klein um unmittelbar, wahrgenommen zu werdensi e vergrosserten
sich aber ganz gleichmässig, und so wüchse das Thier
durch allmälige Ausbildung aller Organe heran. Ich habe erwähnt,
dass man schon in dem Hammen'sehen Samenthierchen die Gestalt
*) S p r e n g e l ' s Anleitung zur Kenntiiiss der Gewächse 2. Auflage.
1817 — 18. Tli. 2.
Halle
des werdenden Geschöpfes zu erkennen geglaubt hat. Indessen schon
der berühmte Ilarvey vermochte es nicht über sich, z. ß. in dem
Keimbläschen eines Eies schon den gesammten Korper des werdenden
Vogels zu erkennen, und eriasste den werdenden Organismus vielmehr
Vv^ie irgend ein Kunstwerk auf, dessen Fortbildung und Vollendung im
Gegentheil durch allmäliges Hinzukommen neuer Ansatzlheile erfolgt,
bis der im Wesen selbst liegende Grundplan vollendet sei. Diese
Theorie der sogenannten Epigene s e blieb lange unbeachtet, obwohl
namentlich der schon erwähnte Casp, Wolf wichtige Beweise dafür
vorbrachte, bis man immer deutlicher in späteren Zeiten erkannte, dass
nicht allein der ganze Embryo, als auch seine einzelnen Theile, während
der Zeit seiner Entwicklung sehr verschiedene Umwandlungen
der Gestalt erfahren. Man begann nun auch hier das Studium der
Entwickelungsgeschichte, auf die werdenden Thiere der ve-rschiedensten
Klassen auszudehnen, und auch hier waren es die Naturphilosophen,
welche den Gegenstand in ihrer Weise behandelten. Durch Swamm
e r d a m , Redi und Val l i sner i kannte man die Erscheinungen der
Metamorphose, und wandte dieselben hier aufs Neue an. Wie die
Kerbthiere in ihren ersten Zuständen äusserlich der niedrigstehenden
Klasse der Würmer gleichtun, der Frosch anfangs Bau und Ansehen
des Fisches besitzt, einer unzweifelhaft unvollkommneren Thierklasse,
so begann man nun auch an dem Embryo höherer Thiere eine solche
Metamorphose in höhere Formen für wahrscheinlich zu halten. Man
wollte z. B. in dem Embryo eines Hühnchens Anfangs ein wurmförmiges
Körperchen erkennen, dessen allmälig sich entwickelte Gliedmassen
eher Flossen als Füssen und Flügeln ähnlich sahen. Indem
man dem unbegründeten Anschein, dass das Gliedergebäude dieses
Vogels sich erst durch den Wurm- und Fisch-Zustand zu seiner vollkommenem
Entwickelung erhoben habe, indem man solche Folgerungen
verallgemeinerte, begann man zu glauben, dies sei wirklich der
natürliche Hergang der Sache, und jedes höhere Thier, müsse ehe es
seine eigentliche VoHendung erreiche, erst jedesmal sämmtliche verschiedenen
Stufen der niedern Thierklassen durchlaufen. Insbesondere
war es Kielmayer , ein Zeit- und Richtungsgenosse Oken' s , der
diese Lehre ausbildete, welche so sehr der Annahme einer einzigen
Thierreihe günstig erschien. Denn wenn man den Embryo des höchsten
Thieres nun in seiner Entwickelung an allen den Punkten aufgehalten
hätte, wo er einem Fische, einem Reptil, einem Vogel etc. glich,
so würde man die feststehenden Typen von Thierklassen gefunden
haben, die in der grossen Reihe jenem vorangehen. Hiernach muss
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