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schlingen diuxh Leopold v. Buch uiid Humboldt entschieden für
diese neuere Annahme. Man unterscheidet deutlich fossiüenfreie durcii
Feuersgewalt hervorgebrachte Felsmassen, von Versteinerungen rührenden
Wasserbildungen. Bou6 und Lyell wiesen darauf ausserdem
melamorphotische Gesteinsmassen nach, die durch FeuersgewaU nur
verhindert, gar wohl Fossilien fuhren können. Den grosslen borlschrilt
verdankt diese Wissenschaft alsdann Lyell, welcher die Theorie der
plötzlich hereinbrechenden Katastrophen, der Naturrevolutionen verwirft,
und lehrt, dass der Naturgang stets der nämliche gewesen sei, wie
heute. Niehl ungewöhnliche, nicht übernatürliche Kräfte seien herbeizurufen,
um die grossartigen Umwälzungen der Vorzeit zu erklären,
nur die noch heute vorhandenen und thätigen Kräfte (existiiuj causes)
haben sie bewirkt, durch unübersehbar weite Zeiträume thätig. Diese
langsame Wirkung gewöhnlicher Kräfte durch Jahrtausende, jetzt in
einen Anblick zusammengedrängt, sei es, was uns als Revolutionen und
Neuschöpfungen erscheine. Und so muss auch die Einwirkung der
umwandelnden Kräfte auf die Organismen durch ungeheure Zeiträume
betrachtet werden. Die vorzüglichen Bearbeitungen der fossilien Reste,
nach allen Richtungen hin, wie sie jetzt von den berühmtesten Gelehrten
geleistet wurden, befestigten allmälig immer sicherer die Vervollkommnung
der Organismen in den geologischen Epochen und erhoben
sie beinahe zur unzweifelhaftem Thatsache. Niemand hat der Lehre
von der gemeinsamen Abstammung in späteren Zeiten gewichtigere
Stützen geliefert. Niemand sie aber gleichzeitig mehr angefeindet, als
der bekannte Paläontologe und Gletscherforscher Agassiz. Schroffer
noch als Cuvier die philosophischen Spekulationen abweisend, hält
er die Thiere jeder neuen Epoche für neu erschaffen, und will nicht
einmal der Einwanderung einzelner Formen einen Einfluss zugestehen.
Diese verschiedenen Schöpfungen seien von ejnander durchaus unabhängig,
kein genetisch verknüpfendes Band bestehe zwischen ihnen,
die jüngern stammen nicht ab von den vorher dagewesenen. Agassiz
erklärt als sicher, dass von den Wirbelthieren im ersten Zeitalter blos
Fische, darauf Reptilien, und erst viel später Säugethiere auftreten,
allein nur ein gemeinsamer Zweck höherer Art bedinge diese Stufenfolge.
Man müsse annehmen, Gott habe bei der Neuschöpfung in
jeder Epoche an die Formen der untergegangenen Organismen angeknüpft,
um allmälig fortschreitend mit der Erdentwickelung auch die
Lebewesen zu vervollkommnen, bis auf das vorgesetzte Endziel des
Menschen.
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A g a s s i z hat die Vervollkommnung des Organismus in der Wirbelthierreihe
überaus sorgfältig entwickelt, namentlich bei den Fischen,
wo er bis auf die Ordnungen eingeht. Er weist nach, dass ausgewachsenen
Thieren älterer Formationen oft Charaktere eigenthümlich
sind, die sich bei späteren Formen nur in der ersten Jugend finden,
d. h. Entwickelungszustände, welche ein Thier in ältern Perioden erreichte,
aber nicht überschritt, erreichen in spätem Perioden die Verwandten
schon in früher Jugend, und überschreiten sie zur weitern
Fortbildung. Bei den Fischen weist er nach^ dass das anfangs stets
knorplige Skelet sich erst in den mittleren Epochen wirklich verknöchere,
worauf ächte Knochenfische erst in der Kreidezeit auftreten.
Bei dieser Aufeinanderfolge treten Analogien und Aehnlichkeiten
der Gestalt und des innern Baues auf, von welchen Agassiz 4 Arten
unterscheidet. Prophetische Typen nennt er solche, welche durch
einzelne Charaktere ihrer Organisation im Voraus spätere Gestaltungen
anzeigen, wie z. B. die Pterodaktylen der Vorwelt die Fledermäuse
und Vögel. Zu ihnen gehören die synthe t i s che n Typen^ wef^he
noch Charaktere verschiedener Gattungen vereinigen, die sich später
trennen. So vereinigen die nunmehr fast erloschenen Sauroiden (z. B.
Jchtyosaurus) Fisch - und Reptilien - Charakter. Embryonische
Typen stellen dauernd gewordene Embryonalformen später erst hervortretender
Thiergruppen und höherer Ordnungen vor. So entsprächen
die ältesten Fischformen den Embryonen der heute lebenden. Gleichsam
durch Erbschaft erklären die philosophischen Naturforscher das
Anhängen dieser ursprünglichen Form. — Unter p rogres s iven Typen
versteht Agassiz die Steigerung einzelner Charaktere in gewissen
Reihen, und die Komplikation des dort ursprünglich Vorhandenen.
Hierher gehört z. B. die Komplikation der Loben bei Goniatiten, Ceratiten
und Ammoniten.
Indessen alle diese Zeichen gemeinsamer Abstammung gelten bei
A g a s s i z in solchem Sinne nichts, er lässt Gott unendlich oft eingreifen,
und glaubt, dass er die thierischen Organismen meist in Form
von Eiern geschaffen habe^ aus welchen dann die Arten hervorgehen,
als durch Zeugung unveränderlich fortdauernde Verkörperungen des
ursprünglichen Schöpfungsgedankens.
Aehnliche Entwickelungsfolgen für andere Thierformen sind nachgewiesen
von mehrerern Forschern, so von Carl Vogt bei den
Echinodermen und Crustaceen. Ueberhaupt findet ganz unverkennbar