
entwickelten Organismen nuissten mit den niedersten durch von Stufe
zu Stufe in einander übergehende Individuen verbunden sein. Aber
statt dessen erblicken \vir in der Ughe der Wesen geringere und
g r ö s s e r e Zwischeurainne (ligiu^s de Separation Adanson), welche
die Begrifle der Arten, Gattungen, Familien, Ordnungen und Klassen
bedingen, zwischen denen wir wohl in einigen Fällen Uebergänge erblicken,
aber keineswegs einigermassen häufig. Die Entstehung dieser
g r o s s em und kleinern Lücken haben wir uns durch das Erlöschen
verbindender Mittelglieder, im Kampf ums Dasein, vermittelst der natürlichen
Auslese zu denken, weil die Mitbewerbung der Erhaltung
unter nahestehenden Arten am grossLen. Ein geringer Theil jener untergegangenen
Formen ist uns im fossilen Zustande erhalten, und wird
vielleicht dazu dienen, das Bild der zusammenhängenden Reihen, in
allgemeinern Umrissen zu vervollständigen durch Ausfüllung der Lücken,
und Interpolation an solchen Stellen, wo wegen der Weite der Kluft
nicht einmal die Zusammengehöriokeit der noch lebenden erhaltenen
Glieder der l^lge bekannt ist. Das Nichtaneinanderschliessen der
fossilen Reste auf einanderfolgender Formationen , welches allgemein
zur Annahme von Neuschöpfungen geführt hatte, erklärt Darwi n durch
baldiges Untergehen der vorhandenen Organismen, im Kampfe gegen
einwandernde neue Formen. Die eben aufgeführten von diesem Naturforscher
aufgestellten Grundsätze erhalten eine an Beweise grenzende
Begründung durch eine grosse Anzahl von Beobachtungen und
U n t e r s u c h u n g e n , wozu ihm eine lange tiefgehende Beschäftigung mit
der lebenden Natur und weite Reisen vielfache Gelegenheit boten,
Auf Grund dieser reiflichst, schon 20 Jahre hindurch erwogenen
und befestigten Principien spricht dann auch Darwin aus, was
B r o n g n i a r t und Andere von einem verschiedenen Standpunkte lange
vor ihm behauptet hatten, das wirkliche natürliche System sowohl der
Thiere wie der Pflanzen könne nur ein genealogisches sein, gleichsam
ein Stammbaum von unendlicher Grösse. Der Morphologie bleibt die
Aufgabe, zu zeigen, welche Foi-men auseinander, und durch welche
Glieder sie hervoro^De^sÖr'a niren s e i en.
r !
Dies ist der Standpunkt, auf welchen die philosophische Änschaiiiing
die SysLemkunde geführt hat, und es mag uns hier angelangt nun
vergönnt sein, einen Blick rückwärts zu werfen. Wir gedenken zuerst
der künstlichen Systeme, häufig bequeme Uehersichten des Gewächsreiches.
Jedes irgendwie hervortretende nothwendige Organ der Pflanze
bietet sich dar für solche Klassiiicirung, jedes kann noch in verschiedener
Rücksicht betrachtet werden: so eröffnet sich eine grosse Zahl
möglicher künstlicher Eintheilungen. Wer aber glaubt, dass die Pflanzen
nicht planlos erschaflen und in aller Mannichfaltigkeit durch einander
gestreut seien, wer auch hier Gesetzlichkeit sucht, dem können
jene willkürlichen Zusammenstellungen und Trennungen nicht genügen.
Man wünscht ein System, welches den Grundplan des Gewächsreiches
selbst darlege, und die Pflanzen nach ihren Verwandtschaften gegen
einander ordne. Viele Forscher haben ein solches natürliches
System der Natur abzulauschen gesucht, nnd sind häufig zu recht verschiedenen
Resultaten gelangt. Und doch sieht Jedermann ein, dass
es entgegen den vielen künstlichen Systemen nur ein einziges wahrhaft
natürliches geben kann. Denn die Natur von freiem Standpunkte,
rein objektiv beobachtet, ist allen eine und dieselbe, erst durch vorgefasste
^Meinungen, verschiedene Gelehrsamkeit und Beobachtungsgabe,
nach verschiedenem Standpunkte wechselt auch sie ihr Angesicht, und
nimmt bald diese bald jene subjektive Färbung an. Nichts ist unversucht
geblieben, um die Pflanzen natürlich zu klassificiren, man hat
sie von Weitem betrachtet, um sich vom Habitus leiten zu lassen,
in dem alles sich vereint; man hat sie aus der nächsten Nähe durchs
Mikroskop beschaut, auch das vergebens! Mit Pincette und Secirmesser
ist man ihr für denselben Zweck zu Leibe gegangen, indessen man
dringt der Natur kein Geständniss ab „mit Hebeln und mit Schrauben"
Andere haben es durch Weltweisheit zu bezwingen gedacht, Offenbarungen
erwartet, oder sich aufs Rathen gelegt. Im Allgemeinen,
was hat man erlangt? Ein Gemisch von künstlicher und natürlicher
Klassifikation! Zuletzt hat man richtig erkannt, dass doch wohl der
Traum der Naturphilosophen, von der Vervollkommnung der Organismen
etwas Wahrheit in sich trage, und seit J u s s i e u hat man nun allgemein
versucht, die Pflanzen in eine Reihe, nach dem Grade ihrer Vollkommenheit
zu ordnen. Das unstreitige Vorhandensein eines höchstentwickelten
Thieres, des Menschen, bat veranlasst nach einem Pflanzenkönig
zu forschen, und individueller Geschmack und Neigung hat
bald dieser bald jener P\amilie den Vorrang eingeräumt vor allen übrigen.
Allgemein ordnete man die Dikotylen den Monokotylen über,
ohne einzusehen, dass dies gleichberechtigte Zweige des Gewächsreiches
sind von denen sich die Glieder des einen vielleicht weiter ausgebildet
haben als des andern. Niemand sucht die entwickeltste Pflanzenfamilie
in den Monokotylen, und Endl icher meint es anders, wenn