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Es geht uns hier gar nich(s an, wenn bisweilen durch Zufall ein
oder der andere Hliilhenllieil lehlschiagt und sich nichl entwickelt.
Von grossleni Interesse in (1(M' Moi'i)hologie sind dagegen die Falle, wo
ein solches Veilialten bleibend wird und zur Hegel. [lier zeigL sich
so recht, welche Wichtigkeit es luv klares Verslehen der IMlanzenbildungen
hat, einen voraus berechneten Plan (Typus) in den Pilanzenreihen
anzunehiuen. Schlagen Theile leid, deren Entwicklung man anfangs
wahrnahui, so kann diese Erscheinung nicht leicht missverstandea
werden , und man schiebt die Schuhl einer unvollkonnnnen Ernährung
n. deriii. zu. Dasselbe lindet statt, wenn dieses Eehlschlagen zwar
schon bei der rriihesten Anlage der Bliilhe eintriit, wo man es nicht
b e o b a c h t e n ' k o n n l e , wo aber deutlich die Stelle leer bleibt, den die
i e h l g e s c h l a g e n e n Theile hatten einnehmen müssen. Dies gilt z. B. für
die fehlgeschlagenen SLaubgei'ässe der LippenbhUhler, für die Blüthe
des sogenannten falschen Indigo's (Amoiyha fniiicona, 1^.) , wo von
5 Blumenblattern nur eins übrig blieb, und in ahnlichen Fällen. Wenn
aber bei den Papilionaceen, Berberideen^ Amygdaleen, bei Actaea und
ä h n l i c h e n stets und z. B. bei der ersten Familie in fast 10,000 Fällen
sich i'egelmässig nur ein Carpel! statt mehrerer entwickelt, so
uuiss man doch wohl dies als dem Grundplane dieser Familie ents|)!'
eche!ul ansehen. Gleichwohl ist eine solche Ansicht irrig, und diese
Familie, welche unstreitig über die Burseraceen mit 3 — 5 Carpellen in
der Vervollkommnungsfolge zu setzen-ist, würde das ganze Gesetz ums
t o s s e n , wenn man nicht wüsste. dass es mehrere Arten mit 2 und
auch einige mit 5 Carpellen unter ihnen giebl, so dass jener fast stets
e i n t r e t e n d e Zustand nur auf einem regelmässigen Fehlschlagen von
4 Carpellen beruht. Wir w^erden sehen, dass mit dieser Erklärung die
ganze Bliilhenbildung iibereinstinunt. Sehr ähnlich ist der Fall bei den
B e r b e r i d e e n , deren einziges Carpell sehr schlecht mit der sonstigen
hohen Entwicklung zusammenpasst^ lehrte nicht die Betrachtung des
typischen Charakters, dass dieses Carpell von mindestens 3, wahrscheinlich
aber (5 Karpellen, allein ausgebildet ist.
Begelmässiges Fehlschlagen tritt bei fast allen Pllanzenorganen auf.
In den Blüthentheilen tritt es hei den innersten Kreisen am häufigsten
auf. Für die Eichen ist das tlieilweise Fehlschlagen fast die Hegel,
ihre gemeinsame Ausbildmig die Ausnahme. Selbst von 2 bei jedem
F r u c h t b l a t t vorhandenen Eichen verkümmeit häufig das eine, und nur
ein allein vorhandenes entwickelt sich regelmässig. Es giebt zahlreiche
P f l a n z e n g a l t u n g e n in den verschiedensten Familien, die von sehr zahlr
e i c h e n in der Anlage vorhandenen Eichen nur eins zur Ausbildung
b r i n g e n .
Die Fruchtblätter sclilagen ebenfalls sehr häufig fehl, nicht blos
t h e i l w e i s e , wovon oben einige Beispiele, sondern gänzlich, wodurch
dann durch Abortus männliche Blüthen entstehen; wohl zu unterscheiden
von den durch Unvollkommenheit der Stufe diclinischen, die man
meist dadurch von ihnen unterscheiden kann, dass dort die Blütlienhülle
bei beiden Geschlechtern verschieden erscheint.
Bei den Pflanzen, deren Carpelle in einzehien Blüthen abortiren,
v e r k i h n m e r n in andern die Staubgefässe, und es entstehen dadurch die
d u r c h Fehlschlagen weiblichen Blüthen. Iläuiig verkümmern auch einzelne
Antheren durch verschiedene zum Theil schon erwälmte Ursachen.
S e l t n e r verkümmern die Blüthenhüllen, gänzlich bei einigen Fraxin
e e n und Acerineen, häufiger die Blume allein, z. B. bei gewissen
Caryopliylleen , Capparideen und vielen andern. Ueberaus selten abortirt
der Kelch allein, und mir ist eigentlich nur ein einziges hierher
zu rechnendes Beispiel bekannt, bei der nordamerikanischen Aquifoliac
e e n - G a t t u n g Nemopaiithes,
Man erkennt das Fehlgeschlagensein einzelner Theile an verschiedenen
Charakteren. Entweder durch rudimentäre Andeutungen, kleine
S p i t z c h e n , Drüsen, ringförmige Erhebung des Torus u. dergl. Oder
an der Störung der Symmetrie durch Leerbleiben einzelner Stellen.
So steht das von mehreren im Kreise gestellten Carpellen allein ent:-
w i c k e l t e , meist etwas excentrisch oder schief auf dem Blüthenboden,
und die Eichen sind an der nach innen gewendeten Nahtseite auTg
e h ä n g t , wie man besonders deutlich bei den Berberideen erkennt.
Ist ein ganzer Kreis von Organen verloren gegangen, so erkennt man
dies daran, dass die Theile der durch dieses Fehlschlagen benachbarten
Kreise jetzt einander gegenüberstehen, während sie sonst, wenn gleichz
ä h l i g , regelmässig alterniren. Dies ist z. B. der Fall bei den Primulaceen,
wo die fünf äussern Staubgefässe von 10 verkümmern, der^n
Budiniente mitunter (Samohis) zu erkennen, bei den Ardisiaceen dagegen
meist pétala-artig ausv^;achsen.
Die Ursache dieses regelmässigen Fehlschlagens ist schwer zu erk
e n n e n , obw^ohl es immer auf einem Mangel an Ernährungsvermogen
zu beruhen scheint. Geoffroy de St. Iii l a i r e hat geglaubt, diesen
Vorgang durch ein von ihm aufgestelltes Gesetz des organischen
G l e i c h g e w i c h t s zu erklären. Dasselbe von ihm nur auf die Thierweit
angewendet, dürfte, wenn überhaupt, auch in der Morphologi e der
Pflanzen seine Anwendung finden. Wenn eine Pflanzengestalt durch
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