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er die Palmen Fürsten (Principes) des Gewäclisreiches nennt. Er
und J n s s i e Ii hielten die [eingegliederten empfindlichen Mimosen für
die höchstentwickelten Gewiichse, C a n d o 11 e setzt die Ranunkeln
obenan, Andere wünschen der Rose den Rang als Hlnmenkönigin erhalten
, R e i c h e n h a c Ii findet alle Vollkommenheiten versammelt in
dem durch und durch duftenden Pomeranzenbaum. Andere haben
auch wohl die Synpelalen für vollkommener gehalten, als die üialypetaleu
und Fr ies hielt die Compositen (Repriisentant: Sonnenblume) für
die vollkommenste Familie. Da vvar er nicht mehr weit von der Nesdie
ein alter Pflanzenkundiger (wenn ich n se iciit irre R r u n f e l s )
für die „Fürnehmbste" unter den Pflanzen erkennt. Aber ebensowenig
als der Mensch auch der vollkommenste Vogel oder Lurch ist, wie er
unstreitig die oberste Klasse der Säugethiergruppe darstellt, ebensowenig
darf man das Pflanzenreich wie eine Stange oder Pyramide ansehen,
die in eine einzige Spitze ausläuft, im Gegentheil man wird
zahlreiche solcher zeitigen Spitzen anzunehmen haben.
Die neueren Syslemaliker, Reichenbach, Schultz, Martius
u. A. erkennen sämmtlich das Vorhandensein zahlreicher zweigartiger
Ausbreitungen einzelner Pflanzentypen an, aber man hat sich damit
begnügt, kleinere Gruppen zu bilden, und diese dann in eine einzige
Reilie zu stellen, so dass man mit den unvollkommneren beginnt, und
mit den höheren aufhört. Man hat also jeder Familie zwischen den
beiden Endgliedern denjenigen Platz angewiesen, der ihr nach dem
Grade ihrer allgemeinen Entwickelung zu gebühren scheint. Dadurch
war man aber jeden Augenblick gezwungen, die verwandtesten Glieder
auseinanderzureissen, wenn ihre Entwickelungsstufe eine verschiedene
war, indem man andere Familien einschalten zu müssen glaubte, die
olingefähr auf der nämlichen Vollkommenheitsstufe sich befinden, obwohl
sie ganz verschiedenen Zweigen und Grundtypen des Gewächsreiches
angehören können. So befinden sich, um ein Beispiel anzuführen,
die Laurineen in allen Systemen in der untersten Klasse der
Dikotylen, weil sie nur ein einfaches Perigon besitzen; und die demselben
Typus angehörenden Berberideen stehen durch mehr als 100
Familien getrennt, unter den vollkommensten Gewächsen in der letzten
Klasse der Dikotylen. Wo in einigen Fällen diese Aehnlichkeiten allzu
dringend sich darboten, hat man sich wohl über die künstlichen
Schranken der Hauptabtheilungen hinweggesetzt, was z. R. Bartling
t h a t , als er die ganze Chenopodeen-Gruppe unter seine Choristopetalae
erhob, um sie den unstreitig nahe verwandten Sileneen anschliessen
zu können. Dadurch entstanden aber neue Inkonsequenzen,
und es scheint, er hätte weniger gegen seinen Rahmen gesündigt,
wenn er die ganze Gruppe etwas niedriger gestellt hätte. Indess verwirrt
beim Aufsuchen der wahren Verwandtschaften die. ungeheure
Mannichialtigkeit, unter welcher im Gewächsreiche die einfachen Aehnlichkeiten
verdeckt und verborgen sind. Zufällige Formannäherungen
necken den Systematiker von allen Seiten, und führen ihn irrlichterirend
in den Sumpf. Mit einem Worte, die Natur:strebte nicht darnach
ein schönes regelmässiges wohlgeordnetes System zu erreichen,
sondern sie trachtete darnach, die höchste Mannichfaltigkeit der Formen
zu verwirklichen, wobei überall durch gleichmässiges Hinneigen verschiedener
Typen in derselben Richtung täuschende und verführende
Aehnlichkeiten hervorgehen. Ausserdem finden sich nicht eben selten
wirkliche Mittelbildungen zwischen weniger verwandten Gruppen, und
es tritt die Unmöglichkeit hervor, das ganze System, wie die einzelnen
Gruppen mit so scharfen und unveränderlichen Gränzen zu umgeben,
wie sie von dem Anfänger und dem Unkundigen in der Wissenschaft
verlangt zu werden pflegen.
Man muss von dem natürlichen Systeme verlangen, dass es diesen
Verhältnissen Rechnung trage, dass die Natur nirgend gezwängt und
nichts in sie hineingetragen werde, was sie nicht besitzt. Um diesem
Ideal möglichst nahe zu kommen, darf der Systematiker nur die Totalität
der Entwickelung im Auge haben, und keinen auf das Leben der
Pflanze, auf ihre Entvi/ickelung Bezug habenden Umstand vernachlässigen
oder geringschätzen. Denn dadurch wurden die Pflanzensysteme
fortschreitend natürlicher, dass man allmälig genauer das Reich nach
den verchiedensten Rücksichten studirte und kennen lernte. So erfordert
die Aufstellung eines möglichst natürlichen Systemes eigentlich
die umfassende Kenntniss dieses gesammten unermesslichen Theilcs
der lebenden Natur. Wer wird sich einer solchen rühmen wollen?
Wir am wenigsten. Wagen wir dennoch den Versuch, so geschieht
es, weil wir uns nicht schämen zu irren, wenn wir nur fortschreitend
i r r e n , oder selbst nur durch Widerlegtwerden der Wissenschaft nützen,
und selbst Roy l e ' s Zuruf, der die Systemmacherei als Vmiitatum
Vanitas bezeichnet, kann uns nicht abhalten*). Unser System wird
Dieser geistreiche Naturforscher ruft gelegentlich den Systemmachern zu:
„Wozu quält Ihr Euch denn eigentlich? Vieileicht ein neues Faktum, einige
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