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kommen ans. Dieser phantasievolle Nalnrforscher stand ganz auf dem
Standpiinkle der Evolutionstheorie, Nvelcho er in der vorfeincrten Modulation
von Leibnitz lehrte. Er nahm als vorexistirend nur die
Elementarkürper an, daclite sich die höhern Organismen als zusammengesetzt
aus belebten Zellen {Mile, Ok e n; Monaden, Le i h n i tz)
die er mitunter als inl'usorien geradezu anzusehen beliebte. Dm'cli
Zusammentreten und Vereinigung (Synthese) solcher Milen entstehen
alle Organismen, und selbst der Mensch; hei dem Tode und durch die
Kaulniss werden sie wieder aus dem Zusammenhange gelöst, und das
höhere l.eben auf das Urlebcn zurückgeführt. Schon im Jahre 1810
verkündete L, Okeu^ damals Professor in Jena, sein neues Pilanzensystem"^),
führte es aber erst 10 Jahre später aus. Seine Eintheilung
berulit auf folgenden Vorstellungen. Er glaubt, man könne den Pflanzenkörper
dem thierischen vergleichen, und dabei eine gewisse Unterordnung
der Organe bemerken, welche in den verschiedenen Stufen des
Reichs verschieden zur Durchbildung kamen. In niedrig stehenden
Gewächsen könnten nicht höhere Organe wie z. B. die der Fortpflanzung
zur Ausbildung gelangen, mehr die niederen der Ernährung.
Nach ähnliclien Grundsätzen theilt er das Pflanzenreich i-n 4 Stufen,
welche er Mark-, Stock-, Blüthen- und Frucht-Pflanzen nennt. Die
erste dieser Stufen (Markpf lanzen) stellen die Eingeweide vor, daher
auch Plantae visceimles genannt, und sind charakterisirt dadurch,
dass Wurzel, Laub und Stock nicht deutlich von einander geschieden
s i n d , der Samen unmittelbar im Marke liegt. Man unterscheidet in
dieser Stufe nach den Gewebe-Arten 3 Unterabtheilungen (Klassen):
1) Z e l l e r (nur aus Zellgewebe gebildet); 2) A d e r e r (mit Saftröhren,
P f l a n z e n a d e r n ) ; 3) D r o s s l e r (mit Spiralröhren, Drosseln).
Die 2. Stufe des Pflanzenreichs, die S t o c k p f l a z e n , auch Körperpflanzen
(Plantae corpoi^eae) genannt^ weil sie als Hauptorgan
den Stengel vorzüglich ausbilden, von dem der Same sich geschieden
entwickelt. Man unterscheidet nach der hauptsächlichsten Vorbildung
der Gewächse, nach Wurzel, Stengel und Laub, 3 Klassen. ^ 4) Wurzl
e r , in denen Wurzel, Stengel und Laub nur unvollkommen gegliedert
i s t , und der Samen unmittelbar dem Stocke aufsitzt. 5) Stengler,
mit vollständig entwickeltem unverzweigtem Stengel, scheidenförmigen
Blättern, 3zähligen vollkommnen Blüthen. 6) L a u b e r mit netzartigen
B l ä t t e r n , meist unvollkommnen Blüthen.
Die 3. Stufe des Pflanzenreichs (B l ü t h e n p fl a n z e n), bringt die
Geschlechtsorgane vorwaltend zur Entwicklung, daher man die hierhero
ehörigen G e w ä c h s e n e n n t , welche sich durch höhere
Entwickelung aller Theile auszeichnen und eine meist röhrenförmige,
seltner vielblättrige Blumenkrone zeigen. Die 3 Unterklassen heissen:
7) Sanier mit nackten Samen oder Beere, röhrenförmiger oder unvollkommen
fünfblättriger Blumenkrone. 8) G r ö p s e r mit röhrenförmigen
Blumen, die Samen in Kapseln. 9) Blum e r mit vielblättriger
Blume auf dem Kelche, Kapseln, Hülsen oder Beerenfrüchten.
Die 4. Stufe des Pflanzenreichs iimfasst die Fruchtpflanzen,
auch ilauptpflxmzen (Plantae capitales) genannt, weil in ihnen die
Entwickelung des edelsten Theiles am höchsten gedeiht. Eine vielblättrige
Blumenkrone steht bei ihnen unter der Frucht, welche meist
sehr saftig ist. Diese Stufe enthält nur eine Klasse, die 10. Früchter .
Jede dieser 10 Klassen ist nun von Neuem, nach den Charakteren
der 4 Stufen in 4 O r d n u n g e n getheilt, indem sich die obigen Verhältnisse
in jeder Klasse wiederholen. Die erste Klasse (Zeller) der
ersten Stufe (Marker) hat also 4 Ordnungen, welche 1. Mark-, 2.
Stock-, 3. Blüthen-, 4. Frucht-Zeller heissen. Indem dieselbe Theilung
in allen 10 Klassen sich wiederholt, entstehen so 40 Ordnungen,
von denen jede sämmtliche Organe ihrer vorhergehenden Ordnung und
eins mehr enthält. Indessen stehen die Pflanzen der Ordnungen nicht
in gerader Linie Uber einander, sondern jede Klasse fängt wieder von
unten an, indem sie die Ordnungen nach niedern und höhern Stufen
wiederholt. Daher sind die niedersten Pflanzen einer hohem Klasse
zwar stets höher ausgebildet, als die niedersten der vorigen Klasse, aber
weniger als die nächsthöherstehenden Gewächse derselben. Dies rührt
daher, weil jede höhere Klasse ein Organ mehr ausbildet, als die vorhergehende,
und weil sich dieses Organ erst jedes Mal aus niederem
Zustande weiter entwickeln muss, bis es dann in seiner 4. Ordnung
die höchste Vollkommenheit, welche ihm beschieden ist, erlangt. So
geht es durch alle Klassen und" Ordnungen. Jede der 3 ersten Ordnungen
bildet 3 Organe in sich aus, wonach man sie in 3 Zünft e
theilt. Die 4. Ordnung, bei der alle Organe zu einer Bildung verschmolzen
sind, bildet jedes Mal nur eine Zunft. So zerfällt jede
Klasse wieder in 10 Zünfte, wie das ganze Reich in 10 Klassen. Nun
wird jede Zunft noch einmal nach den 4 Hauptstufencharakteren, in je
4 S i p p s c h a f t e n getheilt, also das ganze Reich in 400 Sippschaften.
Genau wie oben die Klasse in 10 Zünfte, so theilt sich wieder die
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*) Lehrbuch der Naturphilosophie. Jena 1810, im 2. Bande.
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