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und viellach angefochten. Wir werden auf diesen liässliclien und mit
vieler Erbitterung von einzelnen Gegnern geführten Streit nicht näher
eingehen, und nur zweier derselben erwähnen, des umfassenden Gelehrten
II a l l e r ' s , und des zwar einseitig gebildeten aber nicht geistlosen
Chirurgen Lorenz Heister, alle übrigen selbst den Petersburger
Akademiker Siegesbeck übergehend, der das Linnö'sche
System veruai'f, weil es zu unsittlichen Vorstellungen führe.
K a l l e r (1708 — 1777) widersprach dem Linnö'sehen Systeme
mit Gründen, die auf alle künftigen Klassificationen passen, indem er
behauptete, dass weder Staubläden noch Pistille ohne Berücksichtigung
der andern Theile ein System begründen könnten. Er selbst entwarf
hierauf eine Anordnung in 15 Klassen, die man gleichwohl eine künstliche
Klassifikation nennen muss, weil sie nur mehrere, nicht alle Organe
zu Grunde legt. Er bildete die erste Eintheilung nach dem
Mangel oder Dasein der Staubgefässe, berücksichtigte dann in der
grossen zweiten Abtheilung das Zahlenverhältniss derselben in Bezug
zur Korolle und Perigon, ferner ihr Längenverhältniss, Zahl der Kotyledonen
und den Stand der Korolle gegen das Germen. Die unteren
Abtheilungen gründete er auf sehr verschiedene Verhältnisse der Blüthe,
Frucht und des Samens, und suchte in das so erhaltene künstliche
Schema die Pflanzengruppen so einzureihen, dass eine jede zwischen
zwei ihr verwandten zu stehen kam. Dieses Gemisch von künstlicher
und natürlicher Methode ist aber niemals in Gebrauch gewesen, ebensowenig
das auf ähnliche Weise gebildete Wachendorf'sche.
L o r e n z Heister gehörte zu den heftigsten Gegnern Linne's,
und suchte ihm selbst das Verdienst streitig zu machen, aus sich selbst
ein System gegründet zu haben, indem er ihn als einen Plagiator
B u r c k h a r d t ' s darstellte, dessen Schriften er zu diesem Zwecke neu
herausgab. Er selbst versuchte sich in einem Fruchtsystem mit Zugrundelegung
des Rivin'schen und Herrmann'schen, welches nur
durch einige darin niedergelegten wahren Grundsätze interessant ist,
welche ich später erwähnen werde*).
In diesem Jahrhunderte wurden noch verschiedene Klassifikationen
nach der künstlichen Methode gemacht, von denen eine der seltsamsten
diejenige des Prof. Sauvages von Montpellier ist, welcher die
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Pflanzen allein nach der Lage, Stellung und Gestalt der Blätter eintheilt.
Diese Methode ist natürlich ganz unanwendbar *),
D a v i d l e e s e versuchte wie Magnol, Ray und Boerhaave
e i n e Klasseneintheilung von den Samenlappen **), J a k o b W e r ni Scheck
eine solche von der Blume wie Rivin. Auch die Staubgefässe wurden
noch zweimal zur Klassifikation benutzt von Cledi tsch***) u. Mönchf )
wobei jedesmal die Klassen nach dem vermeintlich verschiedenen Stande
der Staubgefässe gebildet sind. Weiter bildet G l e d i t s c h 42 Ordnungen
nach der Zahl und Verwachsung der Staubgefässe, Mönch entnimmt
die Ordnungscharaktere der Frucht. Das System von Gledi tsch
ist später noch durch Borckhausen abgeändert und vervollkommnet
worden.
Als zu dieser Gruppe gehörend, werde ich nun noch das karpologische
System von Gärtner auseinandersetzen, von dem höchsten
Interesse als Beweis, dass selbst ein von den wichtigsten Pflanzenorganen
mit der grössten Umsicht abstrahirtes künstliches System den
Anforderungen nicht genügen kann, welche man an ein Natursystem
zu stellen berechtigt ist. Denn Niemand dürfte bestreiten, dass die
Frucht, das Endprodukt der Pflanze, auf welche ihre ganze Entwickelung
hinarbeitet, der wichtigste ihrer Theile ist, noch übertrefl"end darin
die Geschlechtswerkzeuge, welche nur Mittel zum Zwecke sind. Die
Methode selbst steht an Konsequenz der Lin n é ' s ehe n ebenbürtig, ihre
Eintheilungen stützen sich auf vergleichend anatomische Untersuchungen,
welche später J u s s i e u ohne weiteres für sein natürliches System
benutzen konnte.
G ä r t n e r theilt die Samenpflanzen nach den Lappen des Keims
in 4 Klassen: Acotyledones, Monocotyledones, Dicotylédones, Polycotyledones.
Die erste Klasse besteht aus den Gattungen Chara,
liuppia, Zanichelia, Zostera, Zamia und Aehnlichen. Die Monokotylen
zerfallen nach dem Stande der Frucht zur Blüthe in 2 Abtheilungen,
deren erste mit oberer Frucht, nach dem Dasein oder Fehlen
des Eiweisses wieder 2 Abtheilungen giebt. Die Dikotylen werden in
*) Lor . Heister Syst. plantar, ex fructificatione et regulae de nominibiis
plantarmn a Linnaeani» longe diversae. Heimst. 1748.
F r a n ç o i s Boissierde Sauvages, Methodus foliorum. seu plantae
florae monspel. juxta foliorum ordinem. Hag. 1751. 8.
**) D. Meese, Plantar, ruäimenta seu Methodus ducta ex different,
seminum cotyledon. Part. l. 1763. 4
***) Systema plantarum a staminum situ. Berol. 1664. Joh. Gotti.
G l e d i t s c h ,
t ) Conrad Mönch, Methodus plantas hört, botanic, et agri. Marhurgensis
a staminum situ describendi, Marb. 1794