liisseu, ilie nicht in den Naturdingcn selbst liegen, sondern erst aus
den) Bezug auf ihnen irenide [{eielie liervorgehen, kann natürlich für
die Förderung ihrer uissenschartlichen Erkenntniss nicht vortheilhaft
sein, und Iiier liegt die Ursache, dass die Botanik diu'ch so lange
Jaiu'huiulerle keine Kortschritte gcmaciit hat. Eine vergleichende Methode,
wie sie durch Aristoteles aul die Zoologie angewendet worden
war, scheint der andern Ilidfle der lebenden Naiur nicht zu Thcil geworden
zu sein; denn wenn der grosse Meister in seinen nicht auf
uns gekoniiucnen botanischen Schriften eine solche gelehrt hätte,
würde sein I.ieblingsschüler Theophrast, dieselbe nicht wieder aufgegeben
haben. Lange Jahrhunderte darauf rubelen diese spärlichen
Keime der Pilanzenkunde in der iinstern Nacht, welche die Geister
umfangen hielt, bis in deutschen Landen ein lieblicher Frühling sie
vom Todesschlafe erweckte, und langsam heranwachsen liess. Aber
die deutschen Väter der Botanik, so sehr verschieden von ihren Vorgängern
im Alterthum durch die Genauigkeit ilirer Beobachtungen,
durch den liehevollen Fleiss, mit welchem sie auch die Pflanzen untersuchten,
welche keinen unmitlelbaren Nutzen für den Menschen zu haben
schienen, schlugen nicht sofort einen neuen Weg in der Wissenschaft
ein, sondern bearbeiteten mit fast allzu grosser Pietät das ihnen von
den Vorgängern vererbie Material. In diesem Sinne schlössen sich
B r u n f e l s , Bock, Fuchs, Dodoens, Bergzabern n. a. streng an
die Alten, und ihre Kräuterbücher zeigen ein seltsames Gemisch guter
eigner Beobachtungen, mit geerbten Vorurtheilen; die Pflanzen selbst
im chaotischem Gewirr nach oberflächlichen Aehnlichkeiten und zufällicher
Uebereinstimmung aneinandergereiht. Jedes Princip einer bestimmten
Unterscheidung fehlte, und man darf sich nicht wundern,
wenn man z. B. imter dem gemeinschaftlichen Namen Trifolium
allerlei 3blättrige Kräuter vereint findet, die sonst w^enig mit einander
gemein haben, wie die jetzigen Gattungen Trifolium, Oxalis,
anthes u. a. Glücklicher waren derartige Zusammenstellungen bei
solchen Gattungen, deren allgemeine Tracht (Habitus) sich als unverkennbar
ähnlich aufdrängt, wie in den grossen Familien der Kompositen
und Umbelliferen.
Der Erste, welcher eine etw^as planvollere Zusammenstellung, nach
freilich unter einander sehr verschiedenen Rücksichten versucht hat ist
C a s p a r Bau h i n (1560 - 1624). Seine 12 Klassen sind folgender
Art:
1. Gräser.
2. Zwiebelgewächse.
3. Küchenkräuter (worunter Cruciferen, Ru??iex - Arten u. a.).
4. Co7?iposiien und UmbeUifereii.
5. Giftpilanzen {Solaneeu, Papaveraceen, Arum, llelleborus u. a.).
6., 7. Schönblühende (z. B. Digitalis, Aiiagallis, Viola, Hypericum,
Labiaten etc.).
8. Windengevvächse {Cojivolvulaceen, Cucurbitaceen, Aristolochiaceen,
Smilax, Clematis u. A.).
9. Ilülsenpflanzen.
10. Planiae capillares (Farn) Moose, Pilze, Algen.
11., 12. Sträucher und Bäume.
Diese und ähnliche von Andern gegebene Eintheilungen kann man
nicht als wirkliche Pflanzensysteme betrachten, denn ein solches verlangt,
dass das Princip der Einlheilung ein gleichmässiges sei, und
ferner dass es sich auf Kennzeichen gründe, die an den Gewächsen
selbst ausgedrückt sind. Der Gedanke aber, dass ohne eine konsequente
Anordnung das grosse Gebiet weder zu übersehen noch mit
Vortheil zu bearbeiten sei, ist es, welcher die jetzt folgende Epoche
bezeichnet, welche Linné das Zeitalter der orthodoxen Botaniker
nennt. Von Caesalpin bis heute sind solche Systeme in grosser
Anzahl von den bedeutendsten Botanikern ihrer Zeit ausgearbeitet
worden, die sich eines grössern oder kleinern, vorübergehenden oder
dauernden Beifalls unter den Fachgelehrten zu erfreuen hatten, deren
Vervollkommnung gleichen Schritt mit der Wissenschaft gehalten hat.
Ich unterscheide dieselben in 3 Hauptklassen, 1) künstliche, 2) natürliche,
3) philosophische Systeme.
Ein künstliches Pflanzensystem ist ein solches, bei welchem man
einen oder einige vereinzelte nothw^endigen Pflanzentheile zur Grundlage
der Eintheilung gewählt hat, und nun im fortwährenden Bezug auf
diese, alle Pflanzen in höhere und niedere Abtheilungen verbindet
und trennt.
Natürliche Systeme nennt man solche, die mit Benutzung aller
irgend zugänglichen Kennzeichen, von den innern wie von den äussern
Organen genommen, mit mehr oder weniger geschickten Unterordnung
aufgestellt sind.
Zwischen diese beiden Arten von Systemen schieben sich Uebergänge
ein, nämlich Systeme, die nicht streng künstlich verfahren, sondern
der habituellen Aehnlichkeit Bechnung tragen, und dadurch mehrere
Organe berücksichtigen, die alle zu dem Gesammthabitus beisteuern.
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