
Oberfläche der Schweinsborsten, so sehr auch der Augenschein
dafür sprechen mag, dennoch nicht für glatt annehmen, denn
mein Microscop zeigte selbe bey zweckmässiger Beleuchtung
von oben stets auf das netteste und gleichartigste gerieft, wie
ich es denn auch in Tab. IX. Fig. 9 3 dargestellt habe. Diese
tiefgehenden Linien liefen stets der Länge nach, und zwar, wie
gesagt, höchst regelmässig neben einander. Man kann sie jedoch
nur bey starker Yergrösserung und guter Beleuchtung
von oben erkennen.— Malpighi sah also richtig, denn diess
sind seine Fistulae, die dem Haar das Ansehen einer Columna
striata geben. — Um mich von der höchst merkwürdigen
Textur dieser feinem Theile noch genauer zu überzeugen,
machte ich nun verschiedene Durchschnitte , und verglich
die Flächen unter sich, und mit der Beschaffenheit der angeführten
Oberfläche des ganzen Haares. Der schiefe Durchschnitt
(Fig. Ql) zeigte eine Menge jener durchgeschnittenen
Röhren, die den angegebenen länglichen Furchen an der äus-
sern Oberfläche an Zahl und Durchmesser vollkommen entsprachen.
In der Mitte des Durchschnittes aber erschien eine
unregelmässig gestaltete, bey der Beleuchtung von oben weis-
se, bey der von unten schwarze, oder wenigstens dunkle Fläche,
deren Basis jedoch gleichfalls aus solchen durchschnittenen
Röhren zu bestehen schien. Der vollkommene Querdurchschnitt
ergab dieselben Resultate, nur weniger deutlich, weil man hier
den Gegenstand nicht so zweckmässig beleuchten kann. — Beym
Längedurchschnitt aber sah man die röhrige Beschaffenheit der
Rindensubstanz ebenfalls sehr deutlich. Sie erstreckte sich aber
nicht weit einwärts, sondern stiess bald auf das blätterige Wesen,
welches die sogenannte Marksubstanz darstellt, und aus
einer unzählbaren Menge der feinsten Blättchen besteht, die in
der Regel, d. h. grösstentheils yon einer Seite zur andern zu
laufen, also Querwände zu bilden schienen. — Was nun noch
den Canal betrifft, in so fern man ihn ungetheilt durch das Microscop,
und zwar bey einer Beleuchtung von unten betrachtet,
so zeigt sich derselbe schon ganz unten am Anfang, der
Wurzel der Borste, und wird im weitern Verlaufe aufwärts
in dem Masse deutlicher, als die Rindensubstanz feiner,
und daher durchsichtiger ist. Auch hier erscheint er schon bey
einer massigen Vergrösserung durch querlaufende Blättchen
vielfach getheilt, die gleichwohl nicht immer von jeinerWand
zur andern, sondern gar oft nur bis zur Mitte reichen, und
sich dort mit andern verbinden. An jenen Stellen aber, wo
sich, wie eben erinnert wurde, die Borste theilt, sieht man
recht deutlich, dass auch der Canal, und zwar ungefähr gerade
so in seine Theile zerfällt, wie das Mark eines Baumes
an dem Ursprung seiner Aeste. — Wenn man nun das bisher
Gesagte mit vergleichendem Sinn überblickt, so ergibt
sich die interessante Thatsache, dass
1) Auch die Schweinsborsten aus einer Rinden- oder Horn-,
und aus einer Marksubstanz bestehen.
2 ) Dass erstere aus einer unbestimmbaren Anzahl (die aber
gewiss grösser als 20 ist), von feinen Röhren bestehe, die in
ihrem Innern ein feines blätteriges Gewebe enthalten, welches
man die Mark s u b s t a n z zu nennen pflegt.
3 ) Dass höchst wahrscheinlich diese Röhren rücksichtlich
ihrer äussern hornartigen Umkleidung in dem Verhält-
niss feiner werden, je weiter sie nach innen liegen; und
dass gerade dadurch der innerste Theil der Borste, der
Canal , durchsichtig, und durch querlaufende Blättchen
abgetheilt erscheine; endlich
4) Dass die Angabe Cuvi e r?s gewiss unrichtig sey, wenn
er sagt: dass sich 1 . in der Mitte der Borste zwey Canäle
befänden, und 2- dass die Anzahl der Spalttheile
einer Borste jener der Röhren oder Fäden, wie er sie
nennt, entspreche. Niemals spaltet sich 41? Borste in so
viele Theile, als sie Röhren besitzt.
Alles dieses kann man nur bey einer zahmen Schweinsborste,
und am besten bey einer weissen beobachten.
Im Allgemeinen finden wir die Borsten unter den Pal-
chydermen, wo sie denn so ziemlich denselben Bau, wie bey
den Schweinen haben; ob diess jedoch auch nur bey den
meisten jener Haare der Fall sey, die wir (U und dort mit
dem Namen der Bo r s t e n zu benennen pflegten, und deren
es wohl fast in jeder Thierfamilie gibt, muss ich sehr bezweifeln,
indem bey dieser Benennung eigentlich nur der grössere
oder geringere Grad von Steifheit in Anschlag gebracht wird.
Da ich durch die Güte des Herrn Custos Na t t e r e r
einige Stacheln oder vielmehr stachelartige Borsten von dem
brasilianischen Schweine erhielt, und bey der genauem Untersuchung
durch dasMiproscop eine etwas abweichende Bau