
Mit der Entwickelung der einzelnen Theile aus der Knospe
, also mit der Bildung der Blätter, Aeste und Blüthen verliert
sich die haarige Oberfläche, so dass man bey diesenThei-
len nur in manchen Fällen im späteren Alter noch Haare bemerkt.
— So wie sich diess auf die genannte Art mit der Knospe
verhält, eben so sehen wir auch bey den einzelnen Theilen
einer Pflanze mit dem Fortschreiten des Wachsthumes die
Haare immer weniger, die Oberfläche immer glatter werden.
So sind die ganz jungen Blätter des spanischen Flieders haarig,
verlieren aber diese Eigenschaft mit der Zunahme der Entwickelung
immer mehr, so dass sie am Ende derselben ganz
verschwindet. Bey manchen Pflanzen ist das Glattwerden nur
scheinbar, in so fern nämlich der Körper, auf welchem die
Haare sitzen, an seinem Umfange grösser wird, seine Theile
demnach, und mit ihnen auch die Haare, weiter aus einanderrücken,
und auf diese Art, ohne an Zahl zu- oder abzunehmen,
dadurch, dass sie auf einem grösseren Raume vertheilt sind,
dem Anscheine nach weniger werden. — Auch hat S c h r a nk
die wichtige Bemerkung gemacht, dass sich die Haare, welche
am Grunde (als dem Orte, wo nach Du h ame l ’s Versuchen
das Wachsthum in die Länge zuerst aufgehört hat), noch dicht
genug stehen, desto mehr von einander entfernen, je höher
der Stengel geworden ist. — Manchmal drängen sich jedoch
die oberen Theile wieder zusammen, und dann wiederhohlt
sich die Erscheinung in Bezug auf die Haare, wie an den jungen
Pflanzen. Diess sieht man sehr schön an dem Hasenkohl,
der mit Rosenkranzhaaren besetzt ist. — Oft wachsen Haare
nach, wenn der Theil gleich nicht wächst, und dann bleibt
er gleich rauh, oft wachsen keine nach, dann wird er glatter
als in der Jugend5 dass sie erst im Alter erscheinen, habe
ich nie beobachtet, obgleich D e le u z e die Erfahrung gemacht
hat, dass die Rispe von Rhus cotinus während derBlü-
thenzeit fast ganz haarlos ist, und dass nach dieser Epoche diejenigen
Blumenstielchen , welche Früchte tragen, auch noch
glatt, oder wenigstens kaum behaart sind, während bey denjenigen,
deren Früchte fehlschlagen, viele ausgebreitete Haare
entstehen.
§. 13-
Auch das Kl ima, der Wo h n o r t und die Ku l t u r
der Pflanzen haben einen wesentlichen Einfluss auf die Entstehung
und Bildung der Haare. — In Bezug auf das erste
ist es erfahrungsgemäss richtig, dass Pflanzen, die in rauhen
Klimaten oder auf magerem Boden wachsen, viel haariger
sind, als andere, die auf fruchtbarer Erde, oder unter einem
milden Himmelsstriche gedeihen. S. G. Gme l i n *) sagt,
dass die Pflanzen in Ghilan und dem nördlichen Persien überhaupt
viel haariger, wolliger und filziger seyen, als anderswo.
Das Cichoreum dulce ist in einer Berggegend, wo es kalt
ist, behaart, in Neapel cultivirt, verliert es die Haare; so auch
die Sanguisorba und Brassica oleracea maritima. Auch ist es
eine ausgemachte Sache, dass die Alpen- und Gebirgspflanzen
ihre häufigeren Haare in dem feuchten und fruchtbaren
Erdreich der Gärten verlieren. So ist nach S p re n ge l eine
Abart von Thymus Serpyllum durchaus rauh, sobald sie
auf dürren Sand gestellt wird, und dasLaserpitium prutheni-
cum sah er fast ganz seiner Haare beraubt, wenn es auf
feuchten Waldwiesen vorkam, oder dahin versetzt wurde.
Ein dürrer Standort, oder der heisse Erdstrich, so wie auch
gebirgige und windige Gegenden sind daher der Erzeugung
der Haare sehr günstig **). — Darüber hat uns S c hr a nk
recht schöne ßeyspiele aufgezählt: Aus allen Arten von Co-
lutea ist die aethiopica am besten und feinsten bekleidet,
und die ganze Gattung des Silberbaums (Leucadendron) ist
in das dürre Afrika verwiesen. Unter den Arten des Wer-
muths und der Artemisie sind diejenigen haariger, sammtarti-
ger, die in dürren Gegenden. Vorkommen; die Habichtskräuter
der Gebirge, und die Pulsatille und Anemone der Alpen
sind am haarigsten und zottigsten, weil jene an den dürrsten
Stellen, und diese auf den kahlsten Gebirgen Vorkommen.
Ranunculus Ficaria, flammula, sceleratus sind sehr glatt,
Ranunculus lanuginosus aber sehr rauh, und der Ranunculus
In seiner Reise d u rch Russland.
**) H u m b o l d t sucht diesen Relchtlium an Haaren bey den Alpenpflanzen
von dem Reize e in e r s tä rk e rn E le k tr ic i tä t, u nd v on dem Reiz
d e r d u rc h die dünnen Lu ftsch ich ten (a u f Alpen) m in d e r geschwächten
u nd also h e llem S o n n en strah len h e rzu le iten , wodurch nämlich
die Ausscheidungen , wie die Secretions - Organe (die H a are), v e rm
e h rt , die Säfte v e rd ick t, u nd eben die W irk u n g en h e rv o rg eb ra ch t
werden, welche in dem heissen Klima eine grosse Masse von Wärmestoff
bey stärkerem Druck de r Atmosphäre kaum h e rv o rzu b rin g en v e rmag.
Siehe dessen Versuche ü b e r die gereizte Muskel- u n d N e rv en faser.
2ier Rd. S. 145.