
Stelle der Barthaare einnehmen, wie diess ja fast ausschliesslich
von de,n Blasen- und Hakenwürmern gilt 5 ferner dass sie
beweglich sind, und zwar in einem noch hohem Grade, als
die Barthaare der Säugethiere. Denn nicht genug, dass sie
eine Bewegung nach den Seiten gestatten, lassen sie sich auch
noch vollkommen einziehen, und verschwinden. Dieses letztere
geschieht, indem die hohlen Fäden stellenweise in ihre
eigene Höhle umgestülpt hineintreten.
Noch könnte man hierher die T e n t a k e l n der Cru-
s t a c e e n , die Anten n e n der Insecten, welche überdiess
mit äusserst zarten und höchst beweglichen Haaren (z. B. unter
den Zwe y f l ü g l e r n ) versehen sind, und endlich die
Bar t fäden der Fische zählen, die alle, so sehr auch ihr
Bau verschieden ist, in physiologischer Beziehung grosse Analogie
besitzen. — Die G i r r h e n der Fische sind ziemlich
weich, und erhalten gleich den Bart haaren der Säugethiere
Nervenfäden vom fünften Paare. — Nach T r e v i r a n u s *),
welcher die Ci r rhen des Stöhrs näher untersuchte, hängen
sie als vier lange, dünne, von der Basis zur Spitze allmäh-
lig verschmälerte Fortsätze zu beyden Seiten der untern Kinnlade
von dem Munde herab. Inwendig enthalten sie eine von
Muskeln umgebene Sehne, und Zerästlungen vom fünften Paar;
auswendig sind sie an der Basis mit Nervenwärzchen, nach
oben mit höchst zarten, ausgezackten Häuten gedrängt besetzt.
— Sie sind diesen Thieren in Bezug auf den Gefühlssinn
gewiss von der grössten Wichtigkeit, da ihnen sonst die
Glieder mit beweglichen, zum Betasten der Körper dienenden
Zehen und Fingern gänzlich fehlen, und ihr ganzer Körper
überhaupt wenig Fortsätze hat. —
Was nun noch den Antheil betrifft, den die sogenannten
Körperhaare der Thiere an dem Gefühlssinn haben, so
ist er bey manchen Thieren sehr auffallend, in andern wieder
kaum zu bemerken. — Indem ich die haarartigen Verlängerungen
der niedern wirbellosen Thiere in dieser Beziehung
übergehe, da sie, wie wir bald sehen werden, mehr
zur Bewegung, oder, was mir wahrscheinlicher ist, zur Bewegung
und zum Fühlen zugleich dienen, will ich nur von
den Insecten bemerken, dass
l) Die Schmet ter l i ngsbär t e nach De Gee r’s Meinung
') Biolog. 6- T h l. p. 308.
nur dazu dienen sollen, dem Säugrüssel, welchen sie,
wenn er spiralförmig zusammengerollt ist, auf beyden Seiten
umgeben, ein Futteral abzugeben; eine Meinung, die
De Geer selbst als sehr mangelhaft ansieht. Sollten sie
nicht als Barthaare zu betrachten seyn?
2 ) L y o n n e t * ) hält die Haare der We i d e nr a u p e für
Organe des Gefühlssinns. (II me paroit, que ce sont des
Organes da Tact).
Auch Rösel**) sagt von den Haaren der Dornraupen,
dass ihr Nutzen darin bestehe, die Empfindlichkeit zu
erhöhen. Die Bor s tenraupen ziehen sich bekanntlich so zusammen,
dass, wie beym Igel, nur die durch Borsten ver-
theidigte Seite ihres Körpers frey steht; und diess geschieht
schon bey der leisesten Berührung. Man kann also diesen Haaren
den Einfluss auf die Erhöhung des Gefühls, wenn auch
nur durch mechanische Leitung der Erschütterung, keineswegs
absprechen. — Selbst gegen die Bewegung der Luft sind
die angeführten zarten und beweglichen Haare an den Fühlhörnern
mancher Insecten sehr empfindlich, wodurch es denn
auch möglich wird, dass diese Thiere, wie T revi ranu s sagt,
auf eine bloss physische Art Vorgefühle oder Empfindungen
aus der Ferne von Eindrücken haben können, die von unsern
Sinnorganen nicht wahrgenommen werden. — Die beschriebenen
Fühlfäden der Fische haben gleichfalls ihre Benennung
von ihrem physiologischen Zwecke, indem auch sie als Fühlorgane
nützen. Bey den Vögeln und Säugethieren, wo der
Tastsinn durch andere, weit höher als die Haare ausgebildete
Organe vermittelt wird, tritt, wie wir später hören werden,
so zu sagen, fast gerade das entgegengesetzte Verhältniss ein,
indem die hier meist den ganzen Körper bedeckenden Haare
mehr dazu dienen, die zu grosse Empfindlichkeit der nervenreichen
Haut vor den beleidigenden Einflüssen der Witterung
etc. zu schützen, als dass sie vorzugsweise das Organ des Tastsinnes
unmittelbar verstärkten. Ich sage unmittelbar, denn
ganz kann man ihnen den Antheil an der Erhöhung des Gefühls
nicht absprechen, und zwar aus zwey Gründen:
l) Weil sie, so wie in andern Thieren, nur in geringerm
Grade den erhaltenen Eindruck durch ihren stetigenZu-
*) A. a. O.
**) A. a, O.
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