
sichtigen ist die von C. S p r e n ge l * ) gemachte Beobachtung,
dass die Luftlöcher (Stigmata) der Insecten oft durch forsten
und Haare gegen das Eindringen fremder Körper geschützt
werden.
§. 10t.
bj Von den Thi e rha a r en als Ve r the idi -
gungsmi t t el .
Das Wesen der ganzen Natur oflenbart sich durch einen
beständigen Kampf; wir sehen diess nicht allein in dem unorganischen
Reich, sondern jeder Schritt, den wir in der organi-
sirten Welt vorwärts machen, sagt uns dasselbe. Auffallender
tritt aber dieses Entgegenstrehen dem gewöhnlichen Menschen
da in die Sinne, wo der Kampf unter lehenden Geschöpfen besteht
, die mit dem Menschen in näherer oder entfernterer Beziehung
sind, und wo er sich wirklich den groben Augen
als ein wahrer Vertilgungskrieg darstellt, indem diese die daraus
jedesmal entstehende neue Schöpfung meist gänzlich übersehen.
_ Da wir also, wie gesagt, unmöglich läugnen können,
dass alles zum Untergang bestimmt sey, und dass dieses immerkehrende
Verderben zur Wesenheit der Schöpfung gehöre,
so kann es uns allerdings einigermassen wundern, wrie sich
die Natur in mancher Beziehung diesfalls seihst im Wege steht,
und jene Vernichtung auf manichfache Art zu hindern strebt.
Die Sache auf unsern Gegenstand angewandt, ist es gewiss eine
wunderbare Einrichtung in der Natur, dass gewisse Thiere mit
allerhand Werkzeugen versehen sind, womit sie sich gegen die
feindseligen Angriffe der Andern vertheidigen, und so ihr Leben
schützen können. Unter diesen Waffenarten finden wir nun
auch bey mehreren Thieren die Haare —fc namentlich die stär-
kern_Borsten — Stachelhaare. — Es ist schwer zu bestimmen,
in wiefern die hierhergehörigen Haargebilde — ich meine
die Haken — Borsten und Stacheln — den Zo op h y t e n und
E i n g ewei d ewürme rn zur Waffe dienen, und zwar aus dem
Grunde, weil man diese kleinen wunderbaren Thierchen in ihren
verschiedenen Lebensactionen nicht so leicht zu beobachten Gelegenheit
hat, und ihre eigentliche Naturgeschichte sich gerade
*) Commenlarius de p a rtib u s , quibus insecta «piritus d ucunt, I a p
siae, 1815» %
noch in einem sehr dürftigen Zustande befindet; wenigstens
gilt diess gewiss von den Zoophyten. — Der mitunter gerade
in dieser Beziehung sehr ausgezeichnete Bau der Ordnung:
S t a c h e l h ä u t e nach Guvi e r (Echinodermata), und namentlich
des so bekannten Seeigels (Echinus) , über dessen Stacheln
ich oben das Nähere angegeben habe, kann wohl zunächst
keinen andern Zweck haben, als das in der Schale
enthaltene Thier zu schützen. Wir können diess um so eher
glauben, als wir wissen, dass die Stacheln dieser- Thiere mit
Muskeln versehen sind, und daher nach Willkühr bewegt
werden können. Mehr Ungewissheit herrscht schon in Bezug
auf die Bestimmung des Nutzens der Stacheln und Borsten,
die wir bey den Annel iden, namentlich bey den Arten von
Aphrodite antreffen, doch werden wir nicht sehr unrecht
thun, wenn wir sie nebst dem schon bekannten auch als
zu diesem Zwecke bestimmt ansehen. — Weit deutlicher
spricht sich dieser freylich bey den Insectén aus, und man
kann kühn behaupten, dass die langen Haare, die steifen Borsten,
scharfen Dornen, womit manche Raupen und andere
Insecten bekleidet sind, wahre Vertheidigungsmittel darstellen.
Dass diess sich wirklich so verhalte, beweist schon der
Umstand, dass diese Thiere bey ihrer letzten Mauser , ehe
sie sich verpuppen (wo sie dann dieser Schutzmittel nicht
mehr bedürfen) mit einer glatten Haut, ohne jene Haare und
Dornen erscheinen, wodurch sie früher so bemerkbar waren.
Noch deutlicher zeigt sich dieser Nutzen z. B. bey der
Raupe der grossen Tiegermotte, oder des braunen Bären (Phal.
B. Caja), welche, wie bekannt, mit sehr langen Haaren dicht
besetzt ist. Diese Raupe rollt sich gleich dem Igel zusammen,
sobald sie im Mindesten beunruhigt wird, und kann dann nicht
leicht aufgerollt werden, weil sie immer zwischen den Fingern
durchgleitet. So ist *) der kleine zerstörende Käfer (Anthre-
nus musaeorum) im Larvenzustande mit Bündeln von auseinanderlaufenden
Haaren besetzt, und schlüpft daher zwischen den
Fingern durch, als ob er mit Oel wäre schlüpfrig gemacht
Worden. Die zwey Haarschöpfe am Schwänze, welche ihrer
ganzen Länge nach mit einander vereinigt sind, und sich in
eine lange, scharfe, hellehardenähnliche Spitze endigen, scheinen
ebenfalls zur Vertheidigung abzuzwecken. — So gibt es
*) Entomologie v o n K i r b y u ndS penc c t . Stullgardt 182^1. Einleitung,