
linge, der Zweyflügler u. a. m. dem aufmerksamen Auge dar-
biethet, und unwillkürlich fühlt man sich durch diese unbegreifliche
Manichfaltigkeit in der Natur zur vollen Bewunderung
des höchsten Schöpfers angezogen!
Ich habe bisher bloss von der Richtung der Haare in ihrer
Gesammtheit, nämlich als Decke des Körpers gehandelt, und es
bleibt mir daher noch übrig, etwas Weniges über die Richtung der
einzelnen Haare, in so fern sie nämlich gerade oderkraus, steif
oderumgebogen sind zu bemerken. Ohne mich in die Ursachen
dieser Eigenschaften weiter einzulassen, welche eigentlich bey
den Menschenhaaren einer genauem Würdigung unterzogen werden
sollen, will ich mich in Bezug auf das Gesagte nur auf Folgendes
beschränken : die Rauhigkeit, Steifheit, Härte und das
Gekraustseyn der Haare stehen zu einander in demselben wechselseitig
gleichen Verhältnisse, wie die Weich-, Zart- und Feinheit
mit dem Geradseyn der Haare. Denn es ist wirklich eine
ausgemachte Thatsache, dass in der Regel ein Haar um so
stärker, steifer und härter ist, je krauser es ist. Das Gegentheil
gilt im Allgemeinen wohl auch von dem geraden, obgleich es
viele Beyspiele von sehr rauhen und doch ganz geraden und
andererseits von sehr feinen und doch krausen Haaren gibt.
Wir werden uns also nicht wundern , dass wir die meisten krausen
Haare bey jenen Thieren finden, die in der kalten Zone
wild, und öfters in Mangel leben ; da wir hingegen in dem gemässigten
Himmelsstriche jenes feine, zarte, lange und gerade
Haar unter den Thieren antreffen. Indessen gibt es auch hiervon
wieder mancherley Ausnahmen, die dann ihre Erklärung
in besondern gleichzeitigen Nebeneinflüssen finden können.
Ueberhaupt sind krause Haare in dem Thier- und Pflanzenreich
ungleich seltner, als beym Menschen, obgleich sie für
alle Schafarten ein gemeinschaftliches Merkmal ausmachen.
Ich werde späterhin bey der Abhandlung über die Menschenhaare
auch auf den Satz zurückkommen, dass das krause
Haar ein Zeichen der körperlichen Stärke sey; hier bey den
Thieren kann ich den Schluss nur dann als gültig betrachten,
wenn dieses einzige Zeichen — das krause Haar — noch mit
andern zusammentrifft, von denen man über ihr ursächliches
Verhältniss mit der Körperstärke nicht in Zweifel seyn kann;
mit einem Worte: krause Haare an und für sich bezeichnen
eben so wenig Stärke, als gerade Schwäche des Körpers aus-
drücken ; sonst müsste das Schaf den Löwen weil an Stärke
ühertreffen, was doch offenbar eine absurde Behauptung
wäre. —
§• 43.
Re l a t i v e Menge, Länge und Kürze der
Haare an v e r s c h i ed e n e n The i l en des
K ö r p e r s .
Bey den Säug et hi er en kann man wirklich als allgemeine
Regel annehmen, dass immer jene Körperseite am behaartesten
ist, welche vorzugsweise den verschiedenen Einflüssen der Witterung,
aussern Beschädigungen u. s. w. entgegensteht. Dess-
halb finden wir an der der Erde zugekehrten Körperhälfte
im Allgemeinen nicht allein weichere, zartere, biegsamere,
sondern auch kürzere und weniger Haare, als an dem Rücken,
wo sie steifer, länger, dicker und zahlreicher sind. Ar i stoteles
*) hat in dieser Hinsicht schon bemerkt, dass der Mensch
weit mehr Haare auf dem Kopfe, aber an den übrigen Theilen
weniger als die Thiere hat; ferner dass bey ihm mehr die
untere Seite, bey jenen mehr die oberen Körpertheile behaart
sind. — Obgleich man aber den Thieren im Durchschnitte
das Haupthaar im eigentlichen Sinne absprechen muss, so
gibt es dagegen doch wieder einige, die ziemlich lange Kopfhaare
haben, wie z, B. manche Affen. Ausser den Affen, den
Elephanten, dem Strauss, dem Sagittarius und dem afrikanischen
Madenfresser (Crotophaga A tu) soll kein Thier anbeyden
Augenliedern Wimpern haben, Da diesen Vögeln auch die
Nickhaut abgehen soll, so vermuthet S l a b en , dass diese
Augenliedhaare jene ersetzen **). Verschiedene Thiere, vorzüglich
die Fleischfresser, tragen Knebel-, Schnauzbärte. Ueberhaupt
finden sich mit einigen Ausnahmen, Haare an allen Qeff-
nungen der Haut, z. B. am Maul, der Scham, am After, den
Ohren, Augen, der Nase etc. Dagegen fehlen sie da, wo das
Gefühl fein seyn muss: in der flachen Hand, den Lippen, der
#) T ra c t, de p ^ rtib u s lib . 2. cap, 1^. 15. de r H isto ria animalmm.
**') R a s t e r ’s zwcyte Abhandlung von den Decken de r Haut bey den
T h ie ren elc, in den Abhandlungen der Harlemer Gesellschaft 2. Rd,
p . 309»