
144 Von den Thieihaaren insbesondere.
Rede ist, immer die Haare der Säugethiere darunter versteht.
Und in der That treffen wir hier das Haar nicht allein in seiner
Organisation — also eigentlich in Hinsicht seiner Qualität— sondern
auch in seiner Ausbreitung — also in quantitativer Beziehung_
f auf seinem Culminationspuncte. Daher sagt Oken*) :
»Da die Säugethiere die höchsten Thiere sind, so kommt ihnen
auch die vollkommenste Bedeckung, das Haar, vorzugsweise
zu, und es ist für sie so wesentlich, dass sein Daseyn oder
Mangel entscheiden kann, ob ein Thier zu den Säugethieren
zu zählen sey oder nicht, z. B. das Schnabelthier, in welchem
die Zitzen noch problematisch sind. Denn kaum mag es ein Säugethier
geben, das ohne aller Haare ist. Daher der Spruch:
A l l e S ä u g e t h i e r e h a b e n Haare, aber ni cht al le
haben Kör pe rhaa re. «
Nirgends sehen wir diese grosse Manichfaltigkeit von
Haararten, wie hier. Aus diesem Grunde ist es nothwendig
das Haargebilde der Säugethiere, nach dem Beyspiele des
verdienten Herrn Professors H e u s i n g e r **) in einige
Unterabtheilungen zu bringen. — Vorerst muss jedoch bemerkt
werden, dass das Haargebilde der Säugethiere als ein
Theil des Horngewebes der äussern Haut unter mehreren Formen
vorkomme. So gehen die Fasern der äussern Schwiele in
der Haut der Cetaceen in das Haargebilde über, indem sie hohl
werden; so bildet das Horn des Rhinoceros, in welchem die
Fasern des Nagel- und Horngebildes ebenfalls hohl werden,
den Uebergang in das Haargebilde, und in den Wallfischzähnen
findet sich eine ähnliche Annäherung an Horn und Haai\ —
Um nun vorerst von den mancherley Arten von Haaren,
die wir bey Säugethieren finden, eine allgemeine Uebersicht
zu geben, will ich die einzelnen Ordnungen dieser Klasse
durchgehen, und diejenigen Thiere anführen, deren Haare in
irgend einer Beziehung etwas Merkwürdiges an sich haben;
ohne jedoch jetzt schon auf die innere Textur Rücksicht zu
nehmen.
§. 79 .
E rs t e Ordnung. A f f e n oder Vi er hände r .
Die Vierhänder stehen, wie in so vielen andern Beziehun-
*) Naturph. III. 3, p. 331.
**) A. a. O. p. 176.
Von den Thieihaaren insbesondere. 145
gen, auch rücksichtlich der Haare dem Menschen am nächsten.
Denn obgleich ihre Kopfhaare gewöhnlich nicht länger als die
übrigen sind, so beugen sich doch die Haare des Vorderarms
gegen den Ellenbogen, im Orang-Utang und einigen andern
Arten aber gegen die Hände hin. — Das von Tys son angegebene
Kennzeichen, das nur den Affen und dem Menschen eigen
seyn soll, und ebenfalls von der Richtung der Haare genommen
ist, wurde schon oben §. 42 für unhaltbar erklärt. —
Ich werde nun das Merkwürdigste anführen, wodurch sich
manche Affenarten in der fraglichen Hinsicht auszeichnen:
Der Orang-Utang (Simia Satyrus), ist an seinem ganzen
Körper mit langen rothbraunen Haaren, so wie der Gibbon (S.
longimana) besetzt. Die des Letztem sind jedoch viel gröber.
Unter den Meerkatzen zeichnet sich die grossbartige (Cercopithe-
cus latibarbus) durch den breiten, flügelartigen Bart, und
durch ein Haarbüschel am Ende des Schwanzes aus. Der blau-
maulige Affe (Cercop. Cephus) fällt sehr durch den gelben Haarbüschel
unter jedem Ohr nach dem Gesichte zu, und durch
den hellbraunen Streif über die Oberlippe, der die Form eines
Schnurrbarts hat, auf. Die gekrönte Meerkatze (Cerc. pilea-
tus) hat ihren Namen von den langen Haaren, womit ihre
Stirne geziert ist; der Pelz der grauen Meerkatze (Cercop.
sabaeus) ist schön gelblich, olivengrau, unten schmutzig-weiss,
und an den Backen stehen lange weissliche Haare. Der Backenbart
des Mangabey (Cercop. Aethiops) ist bald heller, bald
dunkler, grau oder weisslicht. Der Cercop. fuliginosus hat weisse
obere Augenlieder, und bey dem Radiatus geht das Haar auf
dem Scheitel strahlig auseinander nach Art einer Mütze. Letzteres
findet man auch bey der davon genannten Chinesermütze
(Cercop. sinicus). —• Auf dieselbe Art hat der Colobus polyco-
tnos, der gemähnte Stummelaffe, seine Benennung von den langen
graulichen Haaren, die vom Kopf bis auf die Schultern
herabfallen. — Die Schwanzhaare des Rhesus (Inuus Rhesus),
stehen borstenartig ab. Der Wandern zeichnet sich, wie schon
gesagt, durch seine grauliche Mähne und weisslichen Bart
aus, womit der Kopf eingefasst ist. — Merkwürdig sind auch
die Haare des Bärenhundskopfs (Cynocephalus ursinus), besonders
in Bezug auf ihre Farbe. Im Ganzen spielt sein Fell aus
dem Schwarzen ins Grünlichte; Backenbart, Schultern und
Seitentheile sind heller, auf dem Kopf ist die grüne Farbe vor-
10