
§. 42.
Ri chtung der Thi e r haare.
In Bezug auf die Richtung der Haare gilt bey den Thie-
ren das Gesetz: dass sie fast immer abwär t s hängen,
und zwar so, dass eines immer das andere bedecke, damit auf
diese Art die ganze Haut durch den haarigen Ueberzug vollkommen
geschützt, und das Ablaufen der Feuchtigkeiten
u. s. w. bestmöglichst befördert werde. T y s s on hat sogar
als ein Kennzeichen, das dem Menschen und einigen Affengattungen
besonders eigen sey, das angegeben: dass beyder
Haare auf den S c h u l t e r n abwä r t s , und an den Ar men
a u fwä r t s g e r i c h t e t seyen. Indessen ist es doch
eine ausgemachte Thatsache, dass z. B. die Haare des Faul-
thieres und Ameisenfressers an den vorderen Theilen des Leibes
rückwärts, hingegen auf dem Kreuze und den Dünnungen
vorwärts gerichtet sind. Ueberhaupt aber ist die Richtung
der Haare unter sich je nach den verschiedenen Gegenden
des Körpers, wo sie wachsen, wieder sehr verschieden,
je nachdem es nämiich der besondere, nicht auf blossen
Schutz vor Regen u. dgl. zu beziehende Zweck erheischt. So
legen sich die Haare an den Extremitäten gewöhnlich rück-,
ein- und etwas abwärts, während die Rücken- und Bauchhaare
flach abwärts laufen. — Viele Thiere haben auf dem Rück-
grath, d. i. längs der Rückensäule stärkere, längere, mehr gerade
rückwärts laufende und hervorragende Haare. Dagegen
biethen die Haare am Kopfe und Halse wieder mancherley
Richtungen dar. Manchmal laufen sie strahlenförmig auseinander,
wie diess z. B. auf dem Scheitel jenes Affen der Fall
ist, den B u f f o n eben desshalb auch die Chinesermütze
nannte, weil er nämlich oben auf dem Kopfe lange Haare
hat, die vom Centrum aus nach allen Punkten des Umkreises
gerichtet sind, so dass sie gleichsam eine Haube machen,
die einer chinesischen Plattmütze nicht unähnlich ist. — Hie-
her gehören denn auch noch die so verschiedenartigen Figuren,
welche sich aus der besonderen Zusammenstellung und
Richtung mehrerer Haare an einem und demselben Körpertheile
bilden. Auf diese Art sehen wir Bärte, Zöpfe, Schwänze,
Halsbinden, Nähte, Mähnen u, dgl. m. entstehen. So gibt
es einen Affen (Makak), der einen Zopf auf dem Haupte, einen
Wanderu, der einen langen, geraden Bart bey übrigens
schwarzen Haaren des Leibes hat, der das ganze Kinn
sammt den Backen bedeckt, und ein wenig kraus ist. Jedermann
kennt die Bocks- und Ziegenbärte. — Der Hirsch hat
an beyden Seiten der Stirn das Haar in Büscheln, wie diess
auf der Mitte der Stirne bey dem Pferde beobachtet wird.
Beym Luchse steht ein Büschel Haar von den Spitzen der
Ohren gerade aufwärts; und an der Spitze des Schwanzes
vom Elephanten findet sich ein Büschel dicker borstenartiger
Haare. Wer kennt nicht die Knebelbärte der Katzen und
andrer Raubthiere? Und welche ausserordentliche Verschiedenheit
bieten uns nicht die vielartigen Schwänze der Thiere
dar? — Bey den Pferden, Hunden und andern Thieren stos-
sen die Haare in entgegengesetzter Richtung an einander,
und bilden Nähte (Suturae). — Das bisher Gesagte gilt fast
ausschliesslich von den Säuge t hi e ren. Steigen wir wieder unsere
Leiter herab, so bieten sich uns auch bey den Haaren
der übrigen Thierklassen verschiedenartige Richtungen dar.
So ist es gewiss merkwürdig, dass sich das Haargebilde da,
wo es sich bey den V ö g e l n auf eine obwohl untergeordnete
Art ausspricht, fasst durchgehends büschelförmig gestaltet,
und dass die Haare der Cirripeden, Annel iden und
Crustaceen meist eine gerade Richtung behaupten, sich jedoch
durch die ihnen eigends zukommende Beweglichkeit, und die
daraus entspringende öftere Verändernng der Richtnng ganz
besonders charakterisiren. Was sollen wir übrigens von dem
räthselhaften Haarbüschel halten, weichesaus einer eigenen Vertiefung
in der Schale der Füsse unsrer F l u s s k r e b s e hervorkommt,
und sich dann an die entsprechende Kieme, gleichsam
selbe umarmend, anlegt? — Welch bewunderungswerthen, so
äusserst zierlichen Bau sehen wir nicht durch die verschiedenartige
Richtung der I n s e c t e n h a a r e hervorgebracht? Man
betrachte nur die ungeheure Anzahl von Raupen, welche Manich-
faltigkeit, welche Nettigkeit und Eleganz in der Verlheilung
und Richtung ihrer Haare? Ich will hier nur auf die, wie mit
einem Pelz versehenen Bärenraupen, und auf die mit den oft
wunderschönsten Büscheln versehenen sogenannten Borsten-
raupen aufmerksam machen. Es ist unmöglich, im Allgemeinen
all’ das Schöne und Bewundernswerthe hier anzuführen,
was in dieser einzigen Beziehung nur das Heer der Schmetter