
§. 70.
XII. H a a r e d e r V ö g e l .
F e d e r n .
Im Allgemeinen wird die Bedeckung der Hautoberfläche
bey den Vögeln durch die Fe d e r n vermittelt; dennoch gibt
es einerseits Vögel, von denen man behauptet, dass sie mit
wirklichen Haaren versehen seyen; und andererseits wird angegeben
, dass jeder Vogel zu einer gewissen Lebensperiode
einzig und allein mit Haaren bedeckt sey. — In der ersten
Beziehung trifft man einige wenige Vögel, gleichsam nur ausnahmsweise,
an welchen Haare beobachtet werden. Doch
glaube ich, dass diese bey genauerer Betrachtung zweckmässiger
h a a r äh n l i c h e Federn genannt würden, indefn ihnen
nur der Bart oder die Strahlen abzugehen scheinen. Hie-
her gehört der männliche Puter, welcher sich durch ein Büschel
Haare, die er am Halse trägt, auszeichnet. Diese Haare
erscheinen bey ihm erst im dritten Lebensjahre, und ähneln
viel den Pferdehaaren, in mancher Beziehung selbst denen
des brasilianischen Schweines, und könnten überhaupt den
Hornhaaren der Säugethiere angereiht werden; ihre deutliche
Theilung, die immer in der Mitte anfängt, bringt sie auf der
andern Seite den Borsten der Schweine nahe. Sie sind übrigens
dreieckig, wenigstens bald mehr, bald weniger deutlich
der Länge nach gerieft, an der Wurzel und Spitze gelbweiss,
sonst schwarz und wegen ihres dichten Horngefüges undurchsichtig.
Ein Qüerdurchschnitt zeigt einen weissen, der Oberhaut
ähnlichen Ueberzug, worauf eine schwarze Hornmasse
folgt, die in dünne Scheiben geschnitten röthlicligelb durchscheinend
ist. Ueber die Existenz eines Kanals bin ich nicht
ganz im Reinen. — Auch der Strauss und Kasuar zeigen Federn,
die in Haare überzugehen scheinen, und im Alter beikommen
viele Vögel unter und zwischen den Federn Haare,
wie man diess täglich bey allen Hahnen und Hennen beobachten
kann. Doch sind auch diess wahrscheinlich nur bartlose
Federn. — Ein gleiches Bewandtniss hat es auch mit jenen
Haaren, die an den Augenliedern, um die Schnabelöffnung
und am Halse vieler Vögel, namentlich der Raben (unter
denen die kleine Kaap’sche oder Purpurkrähe drey Zoll lange
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haben soll), der Geyer, Eulen, Spechte, des Ziegenmelkers
(welcher an beyden Seiten des Schnabels einen Knebelbart aus
langen, steifen, borstenähnlichen Haaren hat), Vorkommen.
Und sollten die von Bast er *) beschriebenen und abgebildeten
Wimperhaare des Sagittarius und der Crolophagi ani, wovon
der erste an dem obern Augenliede 30 ungemein grosse
und dicke, am untern Augenliede aber nur 14- viel dünnere
und kleinere Haare besitzt, hievon eine Ausnahme machen?
In Bezug auf jene Haare, welche man bey allen Vögeln
zu einer gewissen Lebensperiode antrifft, behauptet C uvier**),
dass jeder junge Vogel, so wie er aus dem Ey kriecht, und in
den ersten Tagen nach seiner Geburt überall, nur die Gegend
des Unterleibes ausgenommen, mit mehr oder weniger dichten
Haaren, bedeckt sey. Diese Haare treten zu 10 — 12 Bündeln
zusammengestellt hervor, und sind an Farbe und Dicke verschieden.
Sie sollen in einen Balg eingeschlossen seyn, welcher
das Rudiment oder die Scheide der Feder zu enthalten scheint (?)
weil man, wenn nach einigen Tagen die Feder nach Aussen in
Gestalt einer schwärzlichen Röhre erscheint, sieht, dass das
gemeinschaftliche Bündel Haare an ihrer Spitze hängt, und
selbst in das Innere der Scheide dringt. Merkwürdig ist es,
dass diese Haare in dem Masse ausfallen, als die Feder sich
Aveiter ausbildet, und dass sich später, wenn zur Zeit der Mauser
neue Federn erscheinen, keine Spur von Haaren mehi
findet.D
er F l a u m (die Dunen), mit welchem alle Land-, Sumpf-
und Wasservögel aus dem Ey kriechen, besteht aus weichen
Fäden, welche auf der Spitze der eigentlichen Federn sitzen,
und durch deren Hervorkeimen verdrängt und auf eine Art
ausgestossen werden, wie die Milchzähne von den bleibenden.
Bey den Wald- und Singvögeln ist der Flaum am unvollkommensten,
bricht erst einige Tage nach der Enthüllung des Fötus
hervor, und dauert nur 8 — 14- Tage, wo diese Vögel schon
Flugkraft besitzen. Dagegen bringen die Raubv ö g e l ihren
Flaum schon mit auf die Welt, und behalten ihn auch länger.
Bey den Lan d - und S u m p fv ö g e 1 n ist er im Ganzen dicht,
insbesondere bey den hiihn er art igen Vögeln, und dauert
4 — 5 Wochen. Seine Farbe ist hier meist braun, gelb und