Emfacliiieit des gesatnmten Baues deu Flechten eine
der untersten SluiTen im Reiche vegetabilischer Bildungen
anweiset, so bedingt sie andererseits die
grofse Abhängigkeit der Gestaltung von äufsern Einflüssen,
der wir diese Vegetabilien unterworfen
sehen.D
iese Beschränktheit der Organisation läfst
sich in Beziehung auf den Wachslhum und die
E'ortpflanzung der Flechten in folgende Sätze zu-
sammenfassen, welche, die Natur der Flechten bezeichnend,
die Basis für die Deutung mancher an-
■ scheinend wunderbaren Phänomene ihres zeidichen
Lebenslaufs werden:
1. In deu Fl e ch t en sind die drey Bi ch-
tungen der Pf lanzenform ■— Längendehnung,
Ausbr e i tung zur Fläche, und
zur For tpf lanzung führende Einwicke -
luug — zu einer g eme in s ch a f t l i ch en ,
g l e i cha r t ig organisirten Mi t tel form
v e r s chmo l z en , in der s ich ein s te te s
St r eben zur Sonde rung dieser Richtungen
mit bald mehrerem bald miu-
derm Hervortreten e in e rd e r s e ih en auf
Ko s t en der übrigen ausdrückt.
2. Der Fle chtenkörpe r vermag deshalb
an jeder Ste l le seiner Verbrei tung zur
For tpf lanzung fähige Th e i l e seiner
Substanz, in Ges tal t e inzelner oder
a g gv eglr ter Zel len keime, auszuschei den.
3. Di es eil Pörtpflanzlulgs thei l eben,, sie
mögen s ich unml t telhar aus dem La-
ger entwickeln oder aus hesondern
f ru ch lähn l i cheu, Organen hervorlre-
teu, mangel t , da sie weder wahre Samen
noch vol lkommene Knospen s ind,
die Fähigkei t s ich stets wiede r zu der
Form zu erheben, von der sie abslamme
ii.
4. Aus diesem Grxiude, und im Gefolge
des Einf lus ses den äufsere das vegetative
Leben bedingende Momente auf
die se Pf lanzenforinen in einem hohen
Grade ausüben, hleiht die Bi ldung
häuf ig
a. auf einer l iefern Entwlcke lungs -
sluf fe s tehen;
h. führt im übe r e i l t en Lebenspro-
ces se zu einer abwe i ch en d en Gestal
tung; und
C. übe r s chr e i t e t im abnorm forlwu-
chernden Wa chs th ume die müt t
e r l iche Form.
Zur Ausführung dieser Sätze mögen die
nachstehenden, zur Ergänzung der vorhergegangenen
Schilderung des Flechtenkörpers dienenden,
Beobachtungen über seine Eutstehmig, Veränderung
und Fortpflanzung einige Beyträge liefern.
Sie sind nicht das Ergehuifs einer auf dem
speculallven Wege verfolgten Naturforschnng, sondern
Resultate unbefangener aber nicht ohne einige
specielle Sachkeimtnifs unternommener, mit Vorsicht
an gestellter und durch öftere Wiederholung
geprüfter Beobachtungen, nicht an den von ihren
Standörtern entnommenen todten Organismen, son