■i II
Eigenes ileifsiges Sammeln ünd ansgcbreitele
Verbindungen setzten mich in den Besitz einer reichen
Flechiensammlung, die aufser ihrer Vollständigkeit
besonders dadurch Werth erhielt, dafs sie
mit vielen Original - Exemplaren der vorzüglichsten
Schriftsteller in diesem E a che — Ehrhardt , Hof f mann,
S c h r a d e r , Wa h l e n b e r g , Flörke,
Schär e r , Turn e r , Borrer, Dü fou r , Hooker,
Fr ies — und mancher anderer, die einzelne
schätzbare Beyträge zur Flechtenkunde geliefert bähen,
ausgestattet wurde. Hierdurch sowohl als
durch die Correspondenz, in die ich späterhin mit
Herrn Acharius selbst trat, fühlte ich mich in den
Stand gesetzt, mit Sicherheit darüber urtheilen zu
können, was derselbe nun eigentlich unter seinen
vielen Namen verstanden habe, und was von seiner
Synonymie zu halten sey. Dies, in Verbindung
mit vleljährigen eigenen in manchen Gegenden und
unter mannigfachen Veränderungen der ördlchen
Naturverhältnisse wiederholten Beobachtungen, setzte
mich über die Mifsgrlffe in Gewifsheit, in die Herr
Achar ius bey der Festsetzung der Flechtenarlen und
bey der Aufführung der von ändern Schriftstellern
aufgeuommenen Flechten verfallen war. Ich überzeugte
mich, dafs wir genöihigt seyn würden, ganz
andere Flechtenspecies festzuseizen, wenn wir der
Natur Folge leisten wollten. Der Beformator der
teutschen Flechtenkunde, der Herr Professor Flör-
ke in Ro s tock hat in seinen verschiedenen liche-
nologischen Aufsätzen — unstreitig dem vorzüglichsten,
was im Felde der kritischen Flechtenkunde
erschienen ist — eine grofse Zahl dieser Mifsgriffe
erwiesen und berichtigt-, ein noch gröfserer Theil
bleibt noch zu berichtigen übrig.
Das von Herrn Acharius entworfene, ln jedem
seiner Werke erweiterte tind seiner Ansicht nach
verbessniTe, System der Flechten ist dagegen noch
neuerlich iu Werken, die einen vorzüglichen Platz
in der botanischen Literatur behaupten, für das
beste erklärt und neu kommentirt worden *). Die
Schriftsteller der neuern Zeit bedienen sich denn
auch desselben, entweder ohne alle Veränderungj
oder nur mit unbedeutenden Abweichungen.
Ich mufs nun offen gestehen, dafs meine Untersuchungen
zu einem ganz entgegengesetzten Resultate
führten, indem sie vielmehr die Meinung in
mir erweckt haben, dafs gerade iu der Acharius ’-
schen Eintheilung der Flechten die erste und allgemeinste
Ursache des gänzlichen Verkennens der Abstammung
und Verwandtschaft der Flechtenfarmen
liegt, indem sie ihn nöthigte, nicht allein von der
Natur unmittelbar aneinander gereihete, ja von einander
absiammende, Bildungen zu zerreii’sen und
weit getrennt aufzufübren, sondern auch eine und
dieselbe Flecliieuart nach ihren verschiedenen Ent-
wlckelungssiuffen und Ausblldungszustäuden in mehrere
Gattungen zugleich zu placiren. Inj Systeme
des Herrn Acharius scheint luif daher der Hauptgrund
der grenzenlosen Verwirrung zu liegen, die
durch seine Werke ln die Flechienkunde cinge—
fühlt worden ist, die jeden Freund der Gewächskunde
vom Studium der Fleclilen abscbrecken mufs,
oder ihn, wenn seine Neigung sich nicbi zurück-
weisen läfst, in Scbwlerigkelicn verwickelt, die er
selten zu überwinden vermag.
Diese dem Flechtensysieme des Herrn Acharius
zur Last falleudeu Vorwürfe unter näherer Be-
trachluug der Natur der Flechten, hesoijders ihrer
y
*) V e rg l. S p r e n g e l ' s A n l e i t u n g Aur Ke n n t -
ni l 's d e r G e w ä c h s e . 2 . A u sg . T h . 2 . , und dessen
N e u e E n t d e c k u n g e n etc. T h . 1, p. 73.