— 6 —
Bildungsweise, Veränderung und Fortpflanzung näher
nachzuweisen und als Anhang die Anordnung
derselben mitzutheilen, * die ich für meinen Gebrauch
entworfen und in der Bearbeitung der Flora
Go e l t in g en s i s (deren Druck die Umstände bisher
nicht gestatteten), den einheimischen Gattungen
nach, durchgeführt habe, ist der Zweck dieses
Aufsatzes. Ich folge dabey dem Wege, den itdj.
selbst für das Studium der Flechten einschlug, indem
ich so viel von den Resultaten meiner Untersuchungen
über den Bau und die Natur der Flechten
vorangehen lasse, als zu diesem Zweck erforderlich
ist, wobey ich die speciellen Nachwelsungen
so wähle, dafs Berichtigungen bisheriger Irr-
thümer mit ihnen verbunden sind, — dann in einzelnen,
durch die vorangeschickten Bemerkungen
physiologisch begründeten, Beyspieleii die Unhallbarkeil
der Gatlungs-Eintheilung des Herrn Acha-
rius, wie solche in der Synops i s und den spätem
Nachträgen *) enthalten ist, praktisch erweise, —
und zuletzt die Eintheilung folgen lasse, deren ich
mich bey der Bestimmung und Anordnung der
Flechten bediene.
Dafs der physiologische Weg überall der einzige
sichere sey, um zur Erkennlnifs der Art und
folglich auch der Ausmittelung schicklicher Abschnitte
für die Gattungs - Eintheilung zu gelangen,
bedarf wohl keiner Erörterung. Die Beobachtung
überzeugte mich aber bald, dafs sein Verfolg von
besonderm Werthe für die richtige Deutung dieser
Bildungen sey, die zum Theil auf der Grenze stehen
, welche die Beschränktheit unsers Auffassungs-
I j 'i;
*) S t o c k h . V e t e n s k . A c a d . H a n d l in g a r 1815.
p. 2465 1816. p. 106. und p. 260} 1817. p. 220. —
T r a n s a c t , o f t h e L in n . S o c . Vol. XII. p. 35.
Vermögens zwischen der organischen und unorganischen
Natur zu ziehen uns uölhlgte, die defshalh
äufseru Einflüssen in einem hohen Grade unterworfen
sind, und hey deren Gestaltung Verkümmerungen
und Ueberwucherungen eine allenthalben eingreifende
wichtige Rolle spielen.
Ich suchte daher stets vor allem den nalürll-
chen Standort der verschiedenen Flechten auszumll-
teln, das heifst, das ihnen von der Natur ursprünglich
angewiesene Substrat, in Verbindung mit
den ihrer normalen Entwickelung entsprechenden
örtlichen klimatischen Verhältnissen, und sie auf
diesem von ihrer Entstehung an, bis zu ihrer Ausbildung
zu beobachten. Dann verfolgte ich sie, so
wiederholt als möglich, in ihrem Uebergange auf
fremdartigen, ihrer Ausbildung weniger günstigen,
Boden und in veränderte klimatische Verhältnisse.
Dies schien mir das sicherste Verfahren, um zur
Auffassung und Wiedererkenntnifs des Gebundenen
in der Bildung unter den mannichfachen Veränderungen
des Aufserwesentlicheii, zu gelangen, und
wlllkührlicher Anwendung der Form für die spe-
clfische Charakteristik zu entgehen. Dies, in Verbindung
mit anatomischen Untersuchungen und mit
manchen Versuchen über die Entstehung der Flechten,
führte zu den Notizen, die ich mir über die
Natur dieser Pflauzenfamilie machte, und nachstehend
den Freunden der Flechienkunde im ihellwei-
sen Auszuge vorlege.
Bau der Flechten überhaupt.
Der Flechtenkörper besteht durchaus aus einem
unvollkommenen Zellgewebe, welches durch