auch dem Irharhar zufliessen, hierher ihren unterirdischen
Abfluss haben. Um 6'/2 Uhr Abends, als es schon Nacht
war, erblickten wir hei Mondschein die Palmen von Temassanin
und langten gleich darauf vor der Sauia selbst an, froh, nach
so vielen Reisetagen diesen kleinen Ort, der wie ein Eiland
im Meere hier von allen bewohnten Orten über 10 Tagemärsche
entfernt in der Wüste liegt, erreicht zu haben.
Heute haben wir natürlich Rasttag, obgleich die Tuater
gleich aufbrechen wollten. Temassanin ist ein kleiner Palmengarten
von etwa 100 Bäumen, die jedoch alle von den Heuschrecken
kahl abgefressen waren. Der Garten war aus demselben
Grunde unkultivirt geblieben, da bei Anwesenheit
dieser gefrässigen Thiere jeder Anbau unnütz gewesen wäre.
Wir trafen eine unglaubliche Menge Heuschrecken und unsere
Leute brachten den Morgen damit zu, Säcke voll zu sammeln,
um sie mit nach Rhadames zu nehmen, wo sie dieselben
verkaufen werden. Nördlich von dem Garten hat man eine
kleine Kasbah gebaut, in welcher auch einige Häuser stehen.
Von diesen ist indess zur Zeit nur eins bewohnt, und zwar
von dem Manne, der zur Pflege des Gartens hier ist. Nicht
weit davon fanden wir auch einige Palmenhütten, jedoch nur
von Frauen und Kindern der Uled el-Hadj Faki bewohnt,
die noch denselben Tag auf brechen wollten, um sich im l’Ued
Schich mit ihren Familien zu vereinigen. Sie waren bloss
der Dattelnernte wegen hier.
Als der einsame Gartenwärter, ein Tuater, dies erfuhr,
schickte er sich an, mit uns zu reisen, denn er meinte, er
wolle lieber im Gefängniss sitzen als mitten in der Wüste
allein bleiben. Der Karawanenführer wollte ihn nicht aufnehmen,
musste sich aber dazu verstehen, ihm einen Sklaven
als Gesellschafter und Gehülfen hier zu lassen, und ausser-
dem versprechen, ihm eine Frau besorgen zu wollen. Der
vierte Theil der Einkünfte des Gartens gehörte ihm, er sagte
aber, er könne unmöglich allein mitten in der Wüste leben.
Andererseits wäre es aber gefährlich gewesen, den Mann
mitzunehmen, denn der verstorbene Si Mussa vom Stamme
der Uled Sidi el-Hadj Faki, der hier seine Rhoda hat, darf
nach der Aussage der Leute nie allein sein, sonst macht er
die ganze Karawane, wenn sie von hier fortgeht, zu Narren
oder weiss es so einzurichten, dass sie lange Zeit in der
Wüste umherirrt und den Weg verfehlt (!). Deshalb beredeten
wir denn auch den Mann, in Temassanin zu bleiben, zumal da
ihm versprochen war, dass man ihm bald eine hübsche Targia
zuführen würde, mit der er sich verheirathen könne.
Der Hadj Mohammed, unser Karawanenführer, brachte
den ganzen Tag am Grabe seiner Vorfahren zu und betete
Koran - Sprüche, obgleich er offenbar kaum wusste, was er
betete, denn die meisten Uled el-Hadj Faki verstehen das
Arabische nur sehr unvollkommen. Möglich daher auch, dass
sie gar keine Marabutin oder gar Schürfa sind, wie sie behaupten,
sondern bloss Tuareg, die sich früher als die anderen
zum Islam bekehrt haben. Ich glaube das noch um so eher,
da sie von den Kel n-Ssuk abstammen, die, wenn ich nicht
irre, nach Barth wohl als Tholba bekannt sind, von denen
er aber nicht sagt, dass sie Marabutin oder Schürfa seien.
Alle Völker, die mit den Arabern in Kontakt waren, Berber
und andere, suchten, sobald sie Arabisch sprachen, ihren
früheren Ursprung zu verwischen, daher in Tuat, obgleich
die Schellah-Bewohner offenbar Berberischen Ursprunges sind,
sich die Eingebornen Araber nennen, wie auch in Figig und
in anderen Oasen. Es kommt das d ah e r, weil Mohammed
im Koran, wie die Judenpropheten es mit den Juden machten,
die Araber an wiederholten Stellen das auserwählte und beste
Volk der Erde nennt. Und doch ist sowohl den Juden als
auch den Arabern für ihre eigene Entwickelung nichts verderblicher
gewesen als der Wahn, das auserwählte und beste
Volk der Erde zu sein.
Ich war so glücklich, in Temassanin meinen Mehlvorrath
erneuern zu können, auch kaufte ich noch einige Datteln ein.
Eben so hatte ich gestern die Ehre, die Bekanntschaft der