tung*) fort und hatten nach einer Stunde den Wald hinter uns,
indem wir ein steinichtes , jedoch auf allen Seiten von wald-
umkränzten Hügeln umgebenes Plateau erreichten. Wir brauchten
3 Stunden, um diese Hochebene zu durchreiten, dann
tauchten endlich die Schneegipfel des Atlas vor uns auf, im
Süden der Kamm des Gebirgszuges Aiaschin, im SW. der
üjebel Aian (Ajjana). Es war Mittag, trotzdem vermochten
die senkrechten Sonnenstrahlen nicht, uns hinlänglich Wärme
zu verschaffen. Natürlich beschränkt sich daher der ganze
Anbau der Beni-Mgill auf Gerste und Türkischen Weizen,
welch’ letzteren sie im Hochsommer säen und ernten. Um
1 Uhr erreichten wir den Duar, der sehr gross war, und in
der Nähe kampirten noch 13 andere Duar. Wir fanden die
ganze streitbare Mannschaft beritten und unter Waffen, und
da es jetzt nicht zum Kriege gekommen war, kühlten sie
ihren Muth im Wettrennen und Abfeuern ihrer Flinten ab.
Hier in der Nähe befindet sich eine berühmte Höhle,
Kaf-er-raib, die nach Aussage der Leute sich bis nach Fes
erstrecken soll, jedenfalls eine Lüge, da überdies Niemand
hineinzugehen wagt. Ich musste mich begnügen, den Eingang
zu besehen, der doppelt ist, ein weiteres Eindringen Hessen
die Leute durchaus nicht zu. Sie behaupteten, man würde
sogleich von bösen Geistern erstickt (wahrscheinlich schlechte
Luft). Etwas weiter östlich befindet sich noch ein anderer
merkwürdiger Ort, den ich leider nicht habe sehen können,
es soll ein runder gemauerter Kreis sein, dessen Peripherie
überall regelmässig gearbeitete runde Löcher hat (vielleicht
der Platz eines ehemaligen Tempels und die runden Löcher
Aushöhlungen für die Säulen). Den Platz selbst nennen sie
Suck-en-Ssara oder Christenmarkt. Am 14. Mai hatte ich
einen starken Fieberanfall, auch wirkte die Kälte so auf mich
*) Man darf dabei nicht reine SSO.-Richtung verstehen, sondern'
es war nach meinem Handcompass fast immer eine Richtung zwischen
160° und 170°.
ein, dass ich die Halsbräune bekam; das Fieber schnitt ich
durch eine starke Dosis Chinin gleich ab, letztere suchte ich
nur durch wärmere Kleidung zu beseitigen. Obgleich mein
Wirth mir am Morgen gesagt, dass ich hier einen Rasttag
haben sollte, forderte er mich des Nachmittags plötzlich auf,
die Pferde zu beladen, um weiter zu reisen. Wir brachen
demnach auf und erreichten nach einem Ritt von 2 Stunden
in östlicher Richtung die Thalebene des l’Ued Gigo (Dschigu),
der sich in den l’Ued Sebu ergiesst, unweit seiner Quelle.
Hier übernachteten wir bei einem Emkadem*) Sidi’s, der in
einem Duar von 180 Zelten lagerte. Ich bemerke hierbei,
dass Sidi-el-Hadj-Absalom überall Emkadem oder Intendanten
hat, so bei den Beni-Mgill deren fünf, die alle Jahre Geld
und Pilger sammeln, um sie nach Uesan zu bringen. Der
Ort, wo wir lagerten, heisst Tersa-mta-Tesmecht. Am 15.
Mai ritten wir in Begleitung des Intendanten eine Stunde
weiter in östlicher Richtung zu einem anderen Intendanten
Namens Oassein (Hussein), an den ich Empfehlungsbriefe hatte.
Von hier aus erblickten wir im Osten den Berg Fessas und
den anderen Djebel Uibül, beide mit Schnee bedeckt.
Bis hierher von Uesan aus bestand die Masse des Gesteins
durchweg aus Sandstein,' mitunter unterbrochen von
Schiefer, Marmor und Kalkschichten Manchmal zeigte sich
auch Marienglas. Am folgenden Tage blieben wir ebenfalls an
demselben Ort, es war Neujahr oder Aid el-kebir, Opferfest,
wo jeder fromme Muselmann ein Schaf eigenhändig opfern
soll. Man brachte mir einen Hammel zum Geschenk und ich
befahl meinem Diener, unter Anrufung „Allah ackbar, bis
m’illah er-rhaman, irrhabim“, „Gott ist der Höchste, im
Namen Gottes, des Allbarmherzigen und Allmitleidigen“, und
sich gegen Mekka neigend ihn zu tödten. Die Berber, die
*) Emkadem oder Mkdm, wörtlich Verwalter, bedeutet so viel als
Intendant. Er hat das Geschäft, die milden Gaben und Pilger zu
sammeln und nach Uesan zu bringen.
Rohlfs, Keiae. 3