man in mir einen Christen vermuthet. Der Uesaner Scherif
hat in Aulef erklärt, ich sei ein Christ und mein Bursche
ein Jude, und wenn nun auch der Hadj Abd-el-Kader der
Sache keinen Glauben zu schenken scheint, so bin ich dadurch
doch gänzlich in seine Hände gegeben.
Meine Sache hat sich eher verschlimmert als verbessert.
Letzten Freitag kam Morgens ein Mann Namens Si Ottmann
vom Stamme XJled Sidi el Hadj Faki zu mir. Diese Uled
Sidi Hadj el Faki sind seit langer Zeit unter den Tuareg angesiedelt
und obgleich Marabutin kann man sie eben so wohl
als Tuareg betrachten. Nach langer Vorrede, worin er mir
gesagt, dass er Frankreich kenne, in Paris gewesen, dein
Sultan der Christen (hier glauben sehr viele Mohammedaner,
dass die Christen nur Einen Sultan haben und dass dies der
Kaiser der Franzosen sei) vorgestellt worden, ferner dass er
einer von den Tuareg-Häuptlingen sei, die 1862 mit den
Franzosen in Rhadames ein Freundschafts - Bündniss abgeschlossen,
und nachdem er mir lang und breit versichert, er
wolle nur mein Bestes, sagte er dann plötzlich: „Ich kenne
Dich und habe Dich gesehen, Du bist ein Christ und zwar
ein Franzose oder ein Engländer.“ Ich sagte ihm ganz kurz,
dass ich ihm eidlich versichern könne, dass ich weder ein
Franzose noch ein Engländer sei, und inzwischen kam mein
Bedienter und unsere Kochfrau hinzu, die ich absichtlich dableiben
hiess, um ein für mich so gefährliches Gespräch abzubrechen.
Er verliess mich jedoch mit den Worten: „Ich
kenne Dich, Deinen Burschen und weiss Dein Gepäck“, womit
er sagen wollte: Ich weiss, dass Du Barometer, Thermometer
u. s. w. besitzest. Als wir uns an demselben Tag
in die Moschee begaben, um das Freitagsgebet zu verrichten,
redete er meinen Burschen an (sich mir selbst zu nähern,
wagte er nicht, da ich mich an der Seite des Hadj Abd-el-
Kader in der ersten Reihe der Betenden befand) und sagte
ihm: „Du thätest besser, die Moschee gar nicht zu betreten,
als Reisenden bringt Dir das Gebet doch keinen Nutzen.“
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Er wollte eigentlich darauf anspielen, dass er Jude oder
Christ und die Jemma für ihn verboten sei. Einer meiner
Patienten, ein reicher Kaufmann, der den geheimen Sinn
der Worte nicht kannte, sagte zu meinem Burschen: „Erwidere
ihm doch: Dir schlägt selbst kein Gebet a n , denn
statt nach Mekka zu pilgern, hast Du eine Reise nach Paris
zum Kaiser der Christen gemacht.“
Mein Bursche theilte mir dies Abends mit und den
folgenden Tag suchte ich eine förmliche Auseinandersetzung
mit dem Hadj Abd-el-Kader, um zu wissen, für was man
mich halte und wie weit ich auf seinen Schutz rechnen
könne. Dieser erklärte mir denn, dass Ottmann zu ihm gekommen
sei und ihm gesagt h ab e , er könne mit einem
Schwur beeidigen, dass ich Christ sei und von dem Christen-
Sultan abgesandt worden s e i, um ihr Land zu erforschen.
Man ersieht daraus, wie wortbrüchig dieser Mann war, der
eben erst viele Wolilthaten von den Franzosen' genossen
h a tte , selbst in Paris gewesen und der nun den ersten
Christen, den er an der Grenze seines Landes antraf —
denn in seinen Augen war ich Christ — überliefern und
tödten wollte trotz der abgeschlossenen Verträge; man
ersieht aber auch daraus, mit welchem Leichtsinn die
Franzosen sich Leuten hingeben und mit ihnen Verträge
abschüessen. So war dieser Ottmann, obgleich Bruder des
Hadj Hamed, der die Tochter des Chefs der Hogar geheirathet
hat und somit jetzt ihr Haupt i s t , gar nicht
bevollmächtigt, Verträge abzuschliessen, die den Christen
ihr Land öffneten, und ich möchte es keinem Franzosen
ra th e n , in diesem Augenblick auf jene in Rhadames und
Paris abgeschlossenen Verträge hin das Land der Hogar zu
betreten.
Abd-el-Kader versicherte mir übrigens, er selbst sei
überzeugt, dass ich Moslim sei, dass er ferner meine Empfehlungsbriefe
mit seinem Thaleb nochmals geprüft und sie echt
befunden habe, daraus ersehe er denn, dass Sidi el-Hadj-
Rolilfs, Reise. 9