wegen für einen Abkömmling von Abbas, dem Oheim des
Propheten, ausgegeben und als solchen empfing und behandelte
man mich, obgleich in meinen Empfehlungsbriefen nur
von Mustafa dem Deutschen (Nemsi) die Rede war. Das
nehmen indess die Gläubigen nicht so genau. Gestern Morgen
bereitete mir Sidi Mhamed eine grosse Ueberraschung, bei
meinem Empfang hörte ich die liebliche Musik aus Mozart’s
Don Juan: „Thränen vom Freunde getrocknet, an seiner
Brust vergossen“ u. s. w. spielen. Es war eine Spieluhr, die
ihm von Tunis aus zugeschickt worden war, sie spielte dann
noch mehrere andere Stücke, was die anderen Gegenwärtigen,
ebenfalls Fremde, die wohl nie Derartiges gehört hatten, in
nicht geringes Erstaunen versetzte.
Ich hatte die Absicht, in diesen Tagen nach der Sauia
el-Kebira, die eine gute Stunde oberhalb Karsas liegt, zu
gehen, um die Grabmäler der Vorfahren des hiesigen Schich
zu besuchen; das wird aber wohl ein frommer Wunsch bleiben,
da die Gegend so unsicher ist, dass ich allein mich auf
eine so grosse Strecke von Karsas nicht entfernen darf.
Tagtäglich laufen Nachrichten ein, dass Fremde ausgeplündert
wurden, und wie die hiesigen Bewohner alle sagen, ist
es ein Wunder, dass ich hier so glücklich angekommen bin.
Der Schich hat mir deshalb erklärt, dass ich von hier bis
Tuat nur mit einer grossen Karawane abgehen könne, weil
von hier abwärts das Gebiet noch 2 Tagereisen weit den
Rlnema gehört. Wie wenig diese selbst die äusseren Formen
des mohammedanischen Glaubens beobachten, geht schon
daraus hervor, dass sie sogar im Monat Rhamadan nicht
fasten, sondern im Ganzen 30 Mann stellen, also per Ksor
Einen Mann, der dies Geschäft für die übrige Bevölkerung
übernimmt. In Marokko oder in anderen rein muselmännischen
Staaten würde eine solche Uebertretung der Glaubensvorschriften
den Tod jedes Individuums zur Folge haben.
Ihre Plünderungssucht und Dieberei ist indess wohl durch
die Nothwendigkeit geboten, da der l’Ued Ssaura nicht wie
die anderen Flüsse ein breites Bett h a t , das viele Datteln
erzeugen und Platz zu Ackerfeldern bieten könnte, sondern
nur ein geringer Saum längs des Flusses ist mit Datteln
bestanden und diese sind meist Eigenthum des Chefs der
Sauia Karsas. Die Eingebornen sehen daher auch entsetzlich
abgemagert und ärmlich a u s , der Hunger spricht aus
ihren Augen.
Die hauptsächlichsten Ksors am l’üed Ssaura, sämmt-
lich am linken Ufer liegend, sind von B. Abbes an von Nord
nach Süd folgende: Tamentirt, Uidirr, Bu-Hadid, Uota, Bu-
Ghaluf, Ei-Mais, Rhaba, Uled Derar, Ulmaja, Ainfil, Agdakk,
Diada, Elmaja, Gersim, Beni Chelif, Tusugurt, Sauia el-
Kebira, Karsas. Südlich von Karsas hat die Rlnema-Bevöl-
kerung noch die Ksors Timmudi, Uled Yahia, Uled Raffa und
Kassabi inne.
Die Hitze ist noch immer sehr drückend hier, ein
mehrere Mal Nachts ausgestelltes Thermometer ergab, dass
selbst des Nachts die Temperatur nicht unter 25° herabsinkt.
Den Tag über im Schatten ist die Hitze nie unter 40°,
so dass alle Gegenstände heiss anzufühlen sind und der
menschliche Körper natürlich in beständiger grösser Trans-
spiration sich befindet. Ein gestern um 1 Uhr Nachmittags
in die Sonne gelegtes Thermometer stieg über 60°, jedoch
musste ich es hinzukommender Leute wegen eilig verbergen,
so dass ich die Gradzahl nicht genau angeben kann. In
dieser Zeit reisen daher die Leute der Wüste nur gezwungen
, und wenn ich bis jetzt dieser Hitze Trotz geboten, so
ist das eben wohl nur meinem langjährigen früheren Aufenthalt
in Afrika zu Gute zu schreiben; ich würde es keinem
Europäer rathen, im Sommer eine Reise in die Wüste zu
unternehmen. Die Hammada zwischen Tafilet und l’Ued Gehr
fordert wie das Meer alle Jahre ihre Opfer, und wenn ich
den Aussagen der Eingebornen Glauben schenken darf, so
sind in diesem Sommer sechs Menschen in ihr verdurstet.
Zwischen hier und Tuat, erzählte mir gestern ein von Brinken
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