nicht weiter konnten. Man erblickt jetzt Kascherin, einen
der Vororte Uesan’s , und um 11 Uhr rückten wir in dieses
Städtchen ein. Von Kascherin bis Uesan hat man nur noch
ein halbes Stündchen, das schnell vergeht, indem man fortwährend
zwischen den üppigsten Gärten sich befindet, ausser-
dem noch das kleine, dicht vor Uesan liegende Dörfchen
Rmel passirt. Um 11 >/2 Uhr hielt ich vor der Thür der
Sauia (Kloster und Wallfahrtsort), zum Staunen und zur
Freude der Bewohner, die mich todt geglaubt, da ein Renegat,
den ich bei meiner letzten Reise in Mogador angetroffen, dem
Scherif geschrieben hatte, ich sei am l’Ued Nun getödtet
worden. Weit von der Wahrheit war er freilich nicht
abgewichen.
Sidi-el-Hadj-Absalom,’ der sich erst vor einigen Monaten
mit einer dritten Frau verheirathet ha t, war sehr wenig für
die Welt sichtbar, jedoch kaum angemeldet, kam er aus seinem
Hause, um mich zu empfangen. Er war auf das Höchste
erfreut, mich wieder zu sehen, und befahl auf der Stelle, mir
meine frühere Wohnung wieder einzuräumen. Diese besteht
in einem hübschen Pavillon im Reat (Blumenterrasse) seines
weitläufigen Gebäudes, das zugleich mit der Jemma ein ganzes
besonderes Stadtviertel bildet. Ich war schnell eingerichtet
und ging dann zurück, um ihm meine Geschenke zu überreichen,
eine sehr hübsche Kaffeemaschine, eine Doppelflinte
mit allem Zubehör und mehrere Jahrgänge des Monde illustré.
Für letztere interessirte er sich am meisten, den ganzen Tag
nebst dem folgenden hatte ich damit zuzubringen, ihm die
Bilder der Illustrirten Zeitung zu erklären. Ich hätte ihm
gern unsere Leipziger Illustrirte Zeitung mitgebracht, da die
Französische sehr wenig Bilder von Deutschland enthält, aber
nirgends konnte ich in Algerien alte oder neue Bände davon
bekommen. Sidi war sehr zufrieden mit meinen Geschenken, da
ich als alter Hausfreund gar nicht nöthig gehabt h ätte, ihm
Etwas anzubieten; ich dachte aber, dass ich für meine weitere
Reise diese bis zum Sudan hin einflussreichste Persönlichkeit
nie zu viel karessiren könnte. Ich fürchte nur , dass ich zu
lange seine Gastfreundschaft annehmen muss, und meine
Ungeduld treibt mich weiter, damit ich so bald wie möglich
das mir vorgesteckte Ziel erreiche. Unterdess überhäuft mich
Sidi mit Aufmerksamkeiten aller Arten, er führte mich sogar
ins Innere seines Hauses, in welches selbst seine Verwandten
nicht kommen, damit ich seine neuen Bauten besehen sollte;
die Speisen erhalte ich nur aus seiner Küche und zwar nur
Fleischspeisen, da er weiss, dass ich den Kuskus nicht liebe.
Ausserdem hat er mir noch zwei Domestiken beigesellt und
seinen beiden Günstlingen sowie seinem Vetter Sidi-Hamed-
ben-Mikki, der mein Freund von früher her ist, befohlen,
über alle meine Bedürfnisse zu wachen und meine Wünsche
zu erfüllen. Heute Morgen liess er mir das Pferd seines
ältesten Sohnes Sidi-el-Arbi, der jetzt 10 Jahre zählt, mit
einem Englischen Sattel gesattelt vorführen, ich musste ihn
dann nach einem nahe gelegenen, von ihm gegründeten Dorfe
begleiten, wo er Viehzucht treiben lässt, und zwar waren
ausser ihm nur seine Günstlinge, die ihn nie verlassen, und
eine Menge Domestiken und Sklaven mit. Wir frühstückten
dort und zum Mittagsessen kamen auch noch mehrere Schürfa
herausgeritten.
Seit ich Lxor verlassen, hat mein Barometer seinen
Standpunkt auffallend verändert, von 75,19, worauf es sich
dort durchschnittlich hielt, fand ich es bei meiner Ankunft
hier auf 73,16 zurückgegangen und es hält sich dabei mit
wenigen Abweichungen, weil Uesan schon bedeutend über
dem Meere liegt.
Heute Morgen um 7 Uhr machte ich mich mit meinem
Burschen Hamed auf, den Djebel bu-Hellüll, an dessen Fuss
Uesan liegt, zu besteigen. Bei schönstem Wetter hatten wir
schon um 7 Uhr über 19° C. Wärme. Uesan liegt am nördlichen
Abhange des' Berges, der rundum mit Oliven, Wein
und Feigen bewachsen ist und an dessen anderen Seiten,
namentlich an der östlichen noch mehrere Dörfer liegen. Der