alle Leute mit der grossen Dattelnernte beschäftigt, sie haben
vollauf zu thun, die Datteln aus den Gärten in die Ksors zu
transportiren. Die ersten reifen hier zwar schon im Mai und
von diesem Monate an bis jetzt fehlen nie frische Datteln in
einem grossen Garten. Die eigentliche Ernte ist jedoch Ende
September nach Wüstenrechnung, denn alle Wüstenbewohner,
auch die am Draa und Tafilet, Tuat so wie Fesan, zählen
nicht wie die übrigen Mohammedaner noch Mondmonaten,
sondern haben unsere christliche Jahreseintheilung, benennen
die Monate auf dieselbe Weise, wenn auch etwas entstellt*),
haben jedoch noch die alte Julianische Zeitrechnung, so dass
sie in diesem Augenblick noch im September sind. Da nun
diese Zeitrechnung unmöglich von den Russen oder Griechen,
die ja gar keine Berührung mit der Wüste haben, hierher
gekommen sein kann, so muss man wohl annehmen, dass sic
ein Ueberbleibsel der alten christlichen Herrschaft im Norden
Afrika’s ist und das Tuareg und Berber Träger dieser Zeitrechnung
geworden sind. Die hiesigen Mohammedaner, seien
sie nun Araber oder sonstigen Ursprungs, kennen in der That
ihre eigenen Monatsnamen gar nicht, indess Jeder, auch wenn er
nicht Schriftgelehrter ist, unsere Monatsnamen kennt, und
danach richten sie wie bei uns ihre ganze Lebensweise. So
befruchten sie die Palmen im Februar, ernten die ersten
Datteln im Mai, die letzten im September, säen im Oktober
ihr Getreide u. s. w. u. s. w.
Seit zwei Tagen habe ich grosse musikalische Unterhaltung
in dem Nebenhause, das von dem meinigen nur durch
eine dünne Mauer getrennt ist. Vorgestern starb nämlich
der Besitzer desselben, der in einem gewissen Ansehen stand,
denn er hatte, wie man bei uns von den alten Schiftscapitänen
sagt, viele Reisen gemacht und konnte nicht zu Hause bleiben.
*) Sie sagen: Jenuair, Fefrair, Mars, Abril, Maio, Junio, Julio,
Rust, Stembre, Ktobr, Nvembr, Dsembr.
Wie jene das Meer, liebte er die sandigen und endlosen
Ebenen der Sahara. Mehr als zwanzig Mal hatte er Goldstaub
von Timbuktu geholt, zwei Mal war er in dem Schwarzen
Sudan (Ssudan el - khal, so nennen die hiesigen Eingebornen
Haussa, Bornu u. s. w.) gewesen, um Sklaven und Elfenbein
zu holen, zwei Mal hatte er die Pilgerreise nach Mekka gemacht,
um den schwarzen Stein, auf welchem Abraham, der
Stammvater der Araber, geopfert hat, der Vorschrift gemäss
zu küssen. Alles dies hatte ihm ein gewisses Ansehen selbst
bei den höheren Klassen verschafft und als ich hierher kam,
bat mich der Hadj Abd-el-Kader, ihn zu behandeln und zu
pflegen, als ob er sein Sohn wäre. Als ich aber diesen von
den vielen Reisen, Mühen und Gefahren mitgenommenen
Greis betrachtete, sah ich auf den ersten Blick, dass menschliche
Hülfe und Pflege liier nichts vermöge und beschränkte
mich darauf, seiner Familie Hausmittel anzudeuten, die ihm
seine letzten Tage erleichtern konnten, mich wohl hütend,
ihm selbst eine Medizin zu verabreichen, da man sonst im
Todesfälle hätte sagen können , meine Medizin habe ihn ge-
tödtet. So lebte er denn auch bis vorgestern Nacht, wo ein
entsetzliches Geschrei mir sein Ende verkündete. Sein Körper
konnte kaum erkaltet sein, als man ihn wusch, in ein neues
Stück Kattun wickelte und hinaus auf den Kirchhof trug.
Da es noch früh Morgens war, begleiteten nur wenige Leute
seinen letzten irdischen Gang, jedoch unterliessen sie nicht,
von der Hausthiir bis zum Kirchhof die mohammedanische
Glaubensformel abzusingen (Lah, il Laha, il al Lah, Mohammed
ressul ul Lah); man grub dann in aller Geschwindigkeit
ein Grab, das nicht breiter war, als dass der Körper auf der
rechten Seite, das Gesicht nach Osten gewandt, darin liegen
konnte, bedeckte dann den Körper mit Steinen, warf auf das
Ganze einen kleinen Erdaufwurf und pflanzte endlich an das
Kopfende einen aufrecht stehenden Stein. Einige Gebete
wurden dann gesprochen und die Ceremonie hatte ein Ende.
So sind alle Beerdigungen im Norden Afrika’s , nur dass in