bergen, nur weil die Felsplatten hier der Sonne mehr ausgesetzt
sind, tragen sie keinen Schnee mehr. Der Djebel A'ian
verliert erst im Juli deu Schnee gänzlich und der Bergzug
Aiaschin ist ewig mit Schnee bedeckt. Wir befinden uns
jetzt dicht vor dem Gebirgszug Tamarakuit, der wie fast alle
Atlas-Zweige von Ost nach West verläuft. Als wir am 20.
mit dem ganzen Duar in südlicher Richtung weiter zogen,
erreichten wir dieses Gebirge nach dreistündigem Marsche
um 9 Uhr. Nach zwei Stunden hatten wir seinen ersten
Längszug überschritten und überblickten dann den herrlichen
Daya (Binnensee) Sidi-Aly-Mohamet vor uns, der eine Breite
von '/2 Stunde bei einer Länge von etwa 3 Stunden darbietet.
Auf allen Seiten von waldigen Bergen umgeben, am Südrande
mit einer kleinen bewaldeten Insel besetzt , das Wasser von
zahllosen Entenschwärmen belebt, bildet dieser See ein herrliches
Panorama. Als wir seiner breiten Seite entlang gezogen
waren, drangen wir in einen Engpass, der hier den gleichen
Namen wie der Berg selbst führt: Megader, und erreichten
um 1 Uhr den Kamm des Gebirges. Bald darauf lagerten
wir dann am Südabhange mitten im Walde. Ich bemerke
h ie r , dass die Lärche& die bis dahin der vorherrschende
Baum war, von hier an ganz aufhörte und nur noch Thuja
orientalis, Steineiche und Wachholder den Wald zusämmen-
setzten. Hier brauchten die Leute zum ersten Mal die Vorsicht,
den Duar mit starken Baumstämmen zu umgeben, aus
Furcht vor Löwen, die hier sehr zahlreich sein sollen. Ich
habe weder einen gesehen noch gehört, doch ist es sehr
möglich, dass .dieselben hier hausen, indem die waldigen
Berge ganz geeignet sind, ihnen Nahrung und Beute zu
verschaffen.
Um 7 Uhr Morgens setzten wir am 21. Mai den Weg
in SSO.-Richtung fort und stiegen das Gebirge durch den
Engpass Chins-el-Hamer hinab. Um 9 Uhr waren wir am
Ausgange und befanden uns nun in der Muluia-Ebene. Vor
uns war jedoch Nichts zu unterscheiden, da ein starker
Sirokko (Sahel von den Eingebornen benannt) wehte und
jede Fernsicht verhinderte. Wir überschritten zahlreiche
Wasserfäden und auch künstliche Gräben, die alle in die
Muluia gehen; erstere kommen meist von Westen. Während
bis jetzt alle Atlas-Züge vorherrschend Sandstein gezeigt
hatten und ich nirgends Granit angetroffen h a tte , lag
er hier, wo Felsen sich zeigte, offen am Tage und in dieser
ganzen Ebene blieb in der Folge Granit das vorwaltende
Gestein. Wir lagerten dann unfern der Dörfer Ait-Atli und
Bulajul. Am folgenden Morgen war die Luft heiter und von
einer nahen Anhöhe konnte ich jetzt die Ebene und die Berge
genau übersehen: im Norden das Tamarakuit-Gebirge, von
SW. nach NO. ziehend, im Süden den hohen, mit ewigem
Schnee bedeckten Aiaschinzug (Djebel Magran), von Osten
nach Westen verlaufend und im Westen sich mit dem Gebirge
Tamarakuit verbindend, nach Osten zu die sich öffnende
Basis der Muluia-Ebene. Man bemerkt mehrere, jedoch kleine
und unbedeutende Ksors, die sämmtlich von Berbern
vom Stamme der Beni-Mgill bewohnt sind; der grösste ist
Bulajul. An demselben Nachmittag erreichten wir nach einem
scharfen zweistündigen Ritt in östlicher Richtung den Ksor
Ait-Hamara, wo uns der Intendant Oassein, unter dessen
Schutz ich bis jetzt gestanden, an den Scheich des Dorfes,
der von ihm abhängig war, auslieferte mit dem Befehl, mich
am anderen Tag bis nach Uttad zu eskortiren, für welches-
Land ich ebenfalls Empfehlungsbriefe hatte. Die Bewohner
des Dorfes nahmen uns sehr gastfrei auf, weil sie, wie sie
sagten, sich freuten, Araber beherbergen zu können, indem
sie selbst Arabischen Ursprungs, Abkömmlinge der Beni-
Hassen, seien, die vor etwa 60 Jahren von hier vertrieben
worden wären. Der mächtige Gebirgszug Aiaschin scheint
von hier aus ganz nahe zu sein und doch sind wir wenigstens
noch 30 Kilometer von ihm entfernt, ebenso sieht man von
hier den Berg westlich vom Djebel Aiaschin, den Djebel Ait-
Ahia, beide mit ewigem Schnee bedeckt.