so kam es, dass ich und die Leute, die von Tidikelt her den
ganzen Weg mit mir gemacht hatten, einen falschen Weg
einschlugen. Das hatte jedoch das Gute, dass es uns einer
Römischen Ruine zuführte, die sowohl wegen der gut erhaltenen
Säulenkapitäler im rein Korinthischen Style als auch
der Grossartigkeit der ganzen Anlage wegen wirklich merkwürdig
war. Es musste wohl jedenfalls ein Tempel gewesen
sein, was auch die runde Form des Gebäudes schon anzudeuten
schien. Leider hatten die Eingebornen eine Menge
der Säulen ausgehöhlt und benutzten sie, um Oliven zu zerquetschen.
Die ganze Gegend ist überhaupt reich an Römischen
Bauüberresten und wäre wohl werth, in dieser Beziehung
von Alterthumsforschern gehörig untersucht zu werden.
Wir machten etwas weiter hin Halt, um den Schantat
zu erwarten, der dann auch endlich kam und uns eine andere
mehr nördliche Richtung nehmen liess und auf den
rechten Weg brachte. Nachdem wir eine etwa eine Stunde
lange baumlose, jedoch anbaufähige Ebene überschritten,
hatten wir um 1 Uhr Riaina, eine andere Provinz des Djebel,
am Nordabhange gelegen, vor uns. Wenn man die Dörfer el-
Ain, uled Aly und uled Beni Hassern von Weitem sah, hätte
man sich in Italien glauben können, so freundlich nahmen sie
sich und so reinlich von Weitem aus. Wir hielten in el-Ain,
das schon etwas am Abhange des Berges liegt. Ehe es Abend
wurde, erlaubte uns noch der T ag, noch einen Augenblick
die herrliche Uebersicht auf die Djefara-Ebene zu geniessen.
Wie eine Karte lag sie vor uns, von den zahlreichen
kleinen Ued, die vom Djebel dem Meere Zuströmen, durchfurcht
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m ändern Tag fingen wir um 9 Uhr an, die steile
Bergwand hinunter zu klimmen, und obgleich das unter entsetzlichen
Schwierigkeiten vor sich ging, so kamen wir nach
zweistündigem Klettern doch gut unten an. Dort fanden wir
eine Quelle und nahmen unseren Wasservorrath ein, freilich
dies Mal nur für einen Tag, denn in der Gefara findet man
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überall Brunnen oder Gedir, letztere sind Löcher im Felsen
oder in der Erde, in welches sich das Regenwasser sammelt.
Wir setzten unseren Weg dann längs des Gebirges, das nach
Nordosten läuft, fort, und richteten uns gerade nach dem
Kasr türk, dessen weisse Mauern wir auf dem Gebirge liegen
sahen. Um 3 Uhr jedoch stiessen wir auf einen aus dem
Gebirge kommenden Weg, der geradezu nach Norden lief,
verfolgten ihn und kampirten dicht neben demselben um
4 Uhr Abends. Wir durften nicht wagen, Feuer anzumachen,
da man uns in el-Ain vor Plünderern und Dieben gewarnt
hatte, und da unsere Karawane sehr klein war, zogen wir es
vor, lieber zu schlafen als zu wachen, was wir hätten thun
müssen, sobald wir Feuer angemacht hätten. Auf diese Weise
ging dann auch die Nacht ohne Unfall h in , zudem war sie
so warm gewesen oder es kam uns wenigstens so vor, nach
der Kälte , die wir auf dem Djebel und auf der Hammada
ausgestanden h a tten , dass wir gar nicht das Feuer entbehrten.
Am 26. December rückten wir um 7 ’/2 Uhr aus und
zwar in gerader Nordrichtung. Wir wanderten beständig über
die schönste Ebene, und das junge, jetzt eben emporblühende
Grün machte einen angenehmen Eindruck auf das Auge. Die
Djefara ist im Allgemeinen fast überall kultivirbar, wenn sie
auch noch nicht überall wirklich angebaut ist. Das liegt aber
theils wohl an der dünnen Bevölkerung Tripolitaniens, dann
auch wohl daran, dass die Einwohner des Druckes wegen,
unter welchem sie sich bei der Türkischen Administration
befinden, eben nur so viel anbauen, als zu ihrem Gebrauch
dringend erforderlich ist. Es liegen daher in dieser schönen
Ebene ungeheure Strecken brach, und diese mit hohen Kräutern
und manchmal mit Buschwerk bedeckt, dienen zahlreichem
Wilde zum Aufenthalt. Namentlich sind es hier
Hasen, Kaninchen und Rebhühner, die man so zu sagen bei
jedem Schritt aufjagt. Gazellen giebt es auch, jedoch lange
nicht so häufig, als südlich vom Gebirge. Gegen 10 Uhr
Rohlfs, Reise. 13