Getreide und grosse Bohnen bilden die Hauptcultur dieser
gesegneten Gegend. Wir Hessen rechts die Dörfer Aschar
unb Bestia und befanden uns gegen Mittag vor der breiten
Westseite des Djebel Ssur-Ssur, der eine relative Höhe
von etwa 1500 Fuss haben kann. Wir zogen uns nun
südlich um ihn herum. An der Nordseite der Westflanke
dieses mächtigen Berges liegt das Dorf oder der
tschar1) Gissa mit etwa 40 Häusern, am Südende der tschar
Demmna ungefähr von gleicher Grösse. Wir berührten keines
von beiden und bogen um den Südrand des Berges, wo wir
auf die kleine neu erbaute Grabkuppel Sidi - Ali -ben- Allel
stiessen; dann zogen wir in direct östlicher Richtung weiter,
Hessen etwas nördlich von uns d'en tschar Smkil und befanden
uns um 2 Uhr Nachmittags auf dem Platze, wo
Freitags Markt abgehalten wird und welcher deshalb chamis-
el-Ssur-Ssur genannt wird. Wir mussten hier unseren Thieren
etwas Ruhe gönnen und wir selbst waren auch froh, uns auf
dem grünen Rasenteppich etwas ausruhen zu können. Durch
mein Fernglas erblickte ich Uesan und die dahinter Hegenden
mächtigen Berge. Das Gebirge besteht durchweg aus Sandstein,
doch lag dicht bei chamis-el-Ssur-Ssur eine mächtige
Lage Marienglas offen zu Tage. Die Bevölkerung der Gegend,
obgleich ansässig, ist durchaus arabisch und nicht etwa wie
am Rif berberisch, Niemand versteht hier schellah oder die
Berber-Sprache. Ich habe mehrfach bemerkt, dass in Marokko
die Araber bedeutend sässiger sind als in Algerien und die
Zelte überall von festen Wohnungen verdrängt werden.
Wir verfolgten nun den kleinen l’Ued Milha, der von
Westen nach Osten strömt und sich wie fast alle Bäche dieses
Gebirges in den l’Ued Kuss ergiesst. Um 5 Uhr Abends erreichten
wir den tschar Sbab; ich meldete mich beim Scheich
des Dorfes Namens Hume als ein Freund des Gross-Scherifs
’) tschar oder richtiger dschar nennen die hiesigen Bewohner die
Dörfer, die in der Wüste ksar oder ksor heissen.
an und fand die zuvorkommendste Aufnahme. Meine Thiere
versorgte er mit Gerste und sandte uns selbst Abends das hier
landesübliche Gericht Kuskussu so wie ausserdem Oelpfann-
kuchen. Als ich ihm darauf ein Paar Tassen Caffee schickte,
sandte er mir sogar noch einige Brode für den folgenden Tag.
Die Häuser in den Dörfern sind alle auf dieselbe Art erbaut;
sie umschliessen nur einen mehr oder minder langen Raum,
der etwas mehr als 3 Meter Breite ha t, sind aus Stein und
Lehm aufgeführt und durchweg mit Stroh oder Binsen gedeckt.
Fenster findet man nirgends, nur eine niedrige Thür
dient als Eingang und um Licht zu geben; ein Reicher hat
manchmal drei oder vier solcher Häuser, die dann einen Hof
bilden, in dem Nachts das Vieh bewahrt wird. Jedes Dorf hat
eine Jemma (Moschee), die als Gotteshaus dient, in welchem
die Fremden übernachten und bewirthet werden. Hier kommen
Abends die verheiratheten Bewohner zusammen, jeder bringt
seine Schüssel mit und die Gäste essen in Gemeinschaft mit
den Bewohnern; die Kinder bekommen die Reste, die Weiber
essen für sich zu Hause. Dieser Gebrauch herrscht durchweg
in Marokko, auch bei den Zelt- oder Duar-Bewohnern, wo die
Jemma in einem Zelte besteht, wogegen in den östlichen
Berber-Staaten die Fremden nach Art der Einquartierung bei und
von den Einwohnern je nach ihrer Tour beköstigt und manchmal
auch beherbergt werden. Sbab ist ein grosses, langes, jedoch
weitläufig gebautes Dorf; vor lauter Oelbäumen, auf deren
stumpfen Aesten wohl eben so viele Störche nisten, wie das Dorf
menschliche Bewohner hat, sieht man die Häuser desselben kaum.
Am folgenden Morgen um 6 Uhr brachen wir auf und
hatten bald die reizende Schlucht Schurr-Schurr erreicht, die
sich mit einer 20 Fuss hohen Kaskade eröffnet und dann in
östlicher Richtung, von Oelbäumen und Weinranken umlaubt,
auf ein waldiges Plateau führt. Links Hessen wir den Ort
Hamira, rechts den tschar Iimel, die die hohe Grabstätte
des Scherif Sidi-Ali beherrscht, Die Wege waren so grundlos,
dass wir mehrere Mal absteigen mussten, weil die Pferde