wurde er auch hier allgemein mit dem Titel „muley“ beehrt,
der nur dem Scherif zukommt. Er war nie in seinem Heimath-
lande gewesen und war ganz erfreut zu erfahren, dass ich
das Grabmal seines Vorfahren Hamed-ben-Nasser besucht
habe. Ich musste ihm viel von Si-Bu-Bekr, dem jetzigen
Chef der Nassen, erzählen. Abends unter den Hallen wurde
ich von zwei Beni-Suava angeredet, die mich vor einigen
Monaten in Abiod-Sidi-Scheich gesehen hatten; es waren die
Kameraden der drei im Monat November vorigen Jahres
ermordeten Beni-Suava, deren Mörder augenblicklich wohl in
G6ryville entdeckt sind. Die Suava gefielen sich hier nicht
und waren im Begriff, nach Tanger zu gehen, um sich
von dort nach der Grossen Kabylie, ihrem Heimathlande,
einzuschiffen.
Vorgestern um 8 Uhr Morgens brachen wir von Laraisch
auf; wir hatten bald die Sandzöne hinter uns, welche diese
Stadt umgiebt, und uns immer östlich haltend, erreichten wir
den herrlichen Korkeichenwald, der etwas nördlich von hier
anfängt und sich südlich bis ans Gebirge Muley-Dris-Serone
hinzieht, parallel mit dem Meeresufer, aber erst einige Stunden
landeinwärts beginnend. Die herrlichste Vegetation entfaltet
sich hier auf dem schwarzen Humus, namentlich Lupinen
und viele Farnkräuter bot diese Jahreszeit. Die Breite des
Waldes mag an den meisten Stellen gegen 3 Stunden betragen,
mitunter jedoch mehr, mitunter weniger. Sodann erreicht
man einen leichten Hügelzug, ebenfalls mit Korkeichen und
Lentisken bedeckt. In einem der kleinen Thäler frühstückten
wir und hatten dann bald die überaus fruchtbare Ebene des
l’Ued Kuss erreicht, in der Lxor-el-kebir liegt. Der Fluss
war bedeutend angeschwollen, so dass wir meine Effekten
sämmtlich umladen mussten, indem die Schueri (grosse
Strohkörbe an den Seiten der Pferde) zu tief hingen. Dennoch
konnten wir nicht verhindern, dass ein Theil der Sachen
nass wurde, auch fing es noch an zu regnen. Glücklicher
Weise war die Stadt nicht fern und um 2 Uhr hielten wir
vor dem Funduk, wo ich früher schon mehrere Mal logirt
hatte. Bald darauf ging ich, den Empfehlungsbrief des
Französischen Konsuls de Laroche an seine Bestimmung Si-
ben-Allel abzugeben. Ich fand ihn krank, konnte ihn deshalb
nicht zu sehen bekommen, liess jedoch den Brief zurück und
wurde, in meinem Funduk angekommen, sogleich von seinem
Bedienten eingeholt, der mich in ein anderes Wirthshaus
einlogiren und mit Allem versehen sollte. Ich quartierte also
um und bekam im anderen Funduk ein Zimmer neben dem
eines Tlemgani, Si Yussuf, der ein Freund von Si-ben-Allel
war und für meine Nahrung zu sorgen hatte. Den folgenden
Morgen liess mich denn auch Si-ben-Allel zu sich bieten. Er
bezeigte sich äusserst freundschaftlich (der Empfehlungsbrief
des Herrn de Laroche muss also wohl sehr dringend gewesen
sein, und wie ich hernach erfuhr, bat Si-ben-Allel einen
Französischen P a ss, d. h. er steht unter Französischer Protection)
und ich muss auch gestehen, dass er es mir an
Nichts hat fehlen lassen. Da er das Fieber h atte, gab ich
ihm ein Brechmittel und einige Gramme Chinin.
Es ist ein solcher Regen eingetreten, dass es unmöglich
ist, weiter zu reisep, abgesehen davon, dass der Fluss über
3o' F. hoch angeschwollen ist, denn ein Theil der Stadt steht
heute unter Wasser, obgleich dieselbe noch '/* Stunde vom
TUed Kuss entfernt liegt. Ich muss in Geduld warten, bis
das Wetter sich bessert und das Wasser fällt, um den Fluss
passiven zu können. Vorgestern hatte ich vor, einen andeien
Weg einzuschlagen und über Nuss-moda oder Karia-ben-auda
' nach Uesan zu gehen. Ich hatte mich schon auf den Weg
gemacht, um meine Pferde übersetzen zu lassen, aber es tra t
ein solcher Regenschauer ein, dass ich gezwungen war, wieder
umzukehren. In der Stadt herrscht ein bodenloser Schmutz,
da die Strassen nicht gepflastert sind und das Erdreich hier
sehr schlammig ist, dennoch habe ich sie mehrmals ganz
durchlaufen, einestheils um mich ins Bad zu begeben, das
am südwestlichen Ende liegt, anderntheils um Si-ben-Allel zu