Zwei Stunden lang verfolgten wir seinen Lauf, verliessen ihn
dann und erreichten um 3 Uhr den l’Ued Ardat, den wir an
dieser Stelle durchfurtheten. Wir hielten uns immer in südlicher
Richtung, ohne an einen Weg, wie man ja überhaupt
in ganz Marokko nur Pfade h a t, gebunden zu sein. Links
hatten wjr jetzt den Djehel Auf, dann die Gebirgskette Djebel
Seta, die eine relative Höhe von 800 F. haben kann. Rechts
im Westen sahen wir den hohen Djebel Kurr, der dem Djehel
Bu-Hellül an Höhe wohl wenig nachsteht. In SSW. vor uns
hatten wir den Djehel Tensfitt. Wir befanden uns jetzt fortwährend
in einer wellenförmigen, fruchtbaren und überall aufs
Schönste angebauten Ebene. Ein furchtbares Gewitter, das
plötzlich über uns hereinbrach, nöthigte uns, in einem nahen
Duar Unterkommen zu suchen. Wir hatten kaum Zeit, unsere
Sachen ins Jemma-Zelt zu flüchten, als ein Platzregen über
uns hereinströmte, wie man sie eben nur in diesen südlichen
Gegenden antrifft. Dazu war das Zelt sehr klein, so dass wir
fast einer auf dem ändern lagen; ich hatte für meine Ftisse
keinen Platz iin Zelt, so dass ich sie dem Regen preis geben
musste, und auf meiner Schulter ruhte die ganze Nacht hindurch
das greise Haupt einer der Beni-Mgill, der nicht aufhörte,
seine einförmigen Lieder zu singen. An Schlaf war
für mich unter diesen Umständen nicht zu denken. Die Bewohner
des Duar, deren Zelte durch den Gewittersturm zum
Theil zu Boden gerissen wurden, bewirtheten uns trotzdem
sehr gastfreundlich, namentlich als sie erfuhren, dass ich erst
kürzlich in ihrer Heimath Laghuat gewesen, von welchem
Ort sie vor etwa 30 Jahren hierher ausgewandert waren. Sie
bilden jetzt hier einen mächtigen Stamm und nennen sich
noch heute Beni-Laghuati.
Am 8. Mai brach der Morgen indess heiter an und um
4 '/2 Uhr machten wir uns auf den Weg. Der Boden war
vom Regen ausserordentlich schlüpfrig geworden, so dass wir
uns nur langsam weiter bewegen konnten; um 8 Uhr erreichten
wir den l’Ued Urga, wo ein Kahn Sidi-el-Hadj-Absalom’s
25
sich befindet, der uns übersetzte. Wir verweilten auf der anderen
Seite einen Augenblick im Dorfe Ain-Mussa, das ebenfalls
dem Scherif gehört, und setzten dann unseren Weg
immer in südsüdöstlicher Richtung fort. Von hier aus m gerader
östlicher Richtung erblickten wir den hohen Djebel Muley-
Busta, einen berühmten Wallfahrtsort, und vor uns im Süden
tauchte jetzt die Gebirgskette des Muley-Dnss-Serone auf.
Um 12 Uhr Mittags hatten wir den Djebel Tensfitt rechts im
Westen. Um 4 Uhr Nachmittags waren wir vor dem l’Ued
Sebu, wo wir ebenfalls einen Kahn des Scherif Vorfanden, der
uns übersetzte; wir marschirten dann noch bis spät in die
Nacht, um einen Sauia-Ort des Scherif, Ain-Aly, zu erreichen.
Endlich um 8 Uhr Abends langten wir an und erreichten mit
ihm zugleich die ersten Vorgebirge des Djebel Muley-Dnss-
Serone, dessen Hauptrichtung von Osten nach Westen geht.
Unsere Leute wurden in die Jemma einquartirt, ich zog es
des Ungeziefers halber vor, draussen meinen Teppich ausbreiten
zu lassen und unter freiem Himmel zu schlafen.
Am 9. hatten wir einen höchst beschwerlichen Marsch,
die schlüpfrigen WTege, die steilen Berge und Klippen nahmen
meine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch, so dass ich die
Schönheit der Gegend, die herrlichen Oel- und Weinpflanzungen
rings umher wenig gemessen konnte. Unsere Richtung
wechselte natürlich jeden Augenblick, sich dem Gebirge fügend,
jedoch war unsere Hauptrichtung SO. Um 3 Uhr Nachmittags
hatten wir den Kamm des Gebirges erreicht und erblickten
von hier aus Fes-el-djedid, während die Altstadt selbst hinter
dem Djebel Salah verborgen blieb. Die Stadt Muley-Dnss-
Serone hatten wir rechts liegen lassen, Mickeness konnten wir
der Berge halber nicht sehen. Vor uns breitete sich die Gurr-
Ebene, weiter südlich die Siss-Ebene aus. Um 4 Uhr erreichten
wir das von Schürfa bewohnte Dorf Uled-Sidi-Hassen, wo
wir übernachteten. D a s Barometer zeigte mir, dass wir uns hier
auf gleicher Höhe mit dem Djebel Bu-Hellül befanden, die
Bergspitzen selbst waren jedoch mindestens noch 1000 Fuss