eine schöne englische Kanone, einen bronzenen Sechspfünder,
der die Jahreszahl 1806 mit dem Namen Georg Rex trug.
Die Eingebornen sagten mir, dass vor ihnen der Sultan
Muley Slimann hier Truppen gehabt hätte und sie diese
Kanone bei der Eroberung der Oase hier vorgefunden hätten.
Der hauptsächlichste Zweck , warum die Eingebornen meinen
Besuch gewünscht hatten, war, um sie zu unterrichten, Schätze
auszugraben und Minen auszubeuten. Sie behaupteten, in
der Umgegend mehr als sieben Stellen zu kennen, wo sich
Blei fände, ausser den vielen Höhlen, „wo die Christen
ihre Schätze vergraben hätten“. Da ich ihnen hierin nun
keine Unterweisung geben konnte, überdies mein Zweck, die
kleine Oase zu sehen, erfüllt war, so verliess ich sie, nachdem
ich eine Nacht ihre Gastfreundschaft angenommen hatte.
In Rissani angekommen fand ich schon eine Einladung
von Muley el-Hussein, Bruder des regierenden Sultan, vor.
Ich muss hier anführen, dass ich fast die ganze Zeit meines
Aufenthaltes in Tafüet entweder bei dem einen oder dem
ändern Prinzen frühstückte und dass sie mich mit grösser
Zuvorkommenheit behandelten, nachdem einmal der Verdacht,
den sie im Anfänge gegen mich hegten, ich sei ein verkappter
Christ und bloss in ihr Land gekommen, um dasselbe auszuforschen,
verschwunden war. Sie wohnen zu dritt in einem
Ksor Namens Abart, wo sich zugleich der grosse Harem befindet,
in welchen die Weiber der verstorbenen Sultane eiu-
gesperrt werden. Da einer der Prinzen, Muley Abd-Allah,
abwesend, nämlich in Marokko bei seinem Bruder, dem Sultan,
war, so hatte er sein weibliches Personal auch in dieses von
Eunuchen bewachte Schloss gesteckt, das die Mitte von Abart
einnimmt und hinlänglich gross ist. Ich verschaffte mir
Gelegenheit, diese wohl noch nie von einer Mannsperson betretene
Thür zu überschreiten. Die Tochter des vorbenannten
Prinzen, ein junges 1 Öjähriges Mädchen, war nämlich von
einer furchtbaren Augenkrankheit befallen und wünschte
meine Hülfe. Obgleich mit einer Sklavin erzeugt, also von
röthlicher Hautfarbe, war dieselbe indess recht hübsch und
hätte schön genannt werden können, wenn nicht die aus den
Augenhöhlen hervortretenden Augen und der Schmerz, den
das arme Geschöpf dabei litt, das Gesicht entstellt hätten.
Dabei war die Hornhaut schon fast undurchsichtig geworden.
Oertliche Blutentziehung durch Schröpfköpfe (Blutegel sind
hier nicht zu haben), kalte Wasserumschläge, innerlich Calo-
mel, war Alles, was ich ihr geben konnte, wahrscheinlich
wird sie aber für immer des Lichtes beraubt sein, da die
Hülfe zu spät kam. Es sollen über 300 Weiber, theils alt,
theils jung, sich in diesem Harem befinden, alle vom letzten
Sultan herrührend; sobald eine dieser Frauen die Schwelle
des Schlosses überschritten hat, kommt sie nie wieder heraus,
ist also wie in einem Gefängnisse.
Am letzten Markttage in Abuam kaufte ich meine Vor-
räthe für die erste Wüstenreise ein, als Mehl, Datteln, Fett,
Kaffee und Zucker, im Ganzen auf 10 Tage für 4 Mann.
Dann schloss ich mit dem Duemeni einen Miethsvertrag ab,
mich, meinen Burschen und mein Gepäck bis hierher zu
liefern, und zahlte ihm dafür im Voraus 20 Mitkal aus. Man
wird in der Folge sehen, mit welchem treulosen Menschen
ich es zu thun hatte. Am 7. Juli um 5 '/2 Uhr Nachmittags
brachen wir von Abuam auf in Begleitung eines Sohnes von
Mohamed Uidan, der unser Gepäck auf seinen Maulthieren
nach Dar-el-beida, dem äussersten Ostpunkte der Oase brachte.
Bei dem Ksor Kohaik und Muley el-Hassen Sckürfa vorbei
erreichten wir um 7 Uhr Dar-el-beida, einen grossen Ksor,
der erst vor wenigen Jahren vom Marokkanischen Gouvernement
neu erbaut und erst zur Hälfte mit Häusern angefüllt
ist. Wir kampirten neben einem Duar der Ait-Chabessi
(Fraktion der Ait-Atta), die im Ksor nebst einer Partie der
Duemeni kampirten, um Datteln einzuherbsten. Hier ging
uns indess die üble Nachricht zu, dass uns eine Bande der
Ait-Uhahali (ebenfalls Attauin) auflauern wolle, um uns auszuplündern.
Wir schickten deshalb noch denselben Abend
Bohlfa, Eeise. 5