denn für ihn wird Freitags in der Moschee gebetet, seine
Macht ist jedoch ganz und gar Null hier wie in allen
Oasen südlich vom Grossen Atlas; indess Alles, was von hier
an östlich liegt, betet für den Sultan der Türken als Erbberechtigten
und Nachfolger der Kalifen von Bagdad und
Damaskus.
Mittlerweile ist hier eine förmliche Hungersnoth eingetreten,
indem die letzte Getreide-Karawane, die man schon
vor 14 Tagen von Tuat erwartete, von den Uled Senan oder
Anderen aufgefangen und noch nicht eingetroffen ist. Auch
mein Weizenvorrath ging vor einigen Tagen zu Ende, indem
zahlreiche Gäste alle Tage meinen Tisch in Anspruch nahmen.
Glücklicher Weise bin ich mit dem ersten Kaufmann
Ain-Salah’s , dem Hadj Hamed Mahmud, sehr befreundet
worden und er schickte mir, sobald er erfuhr, dass ich ohne
Getreide sei, neuen Vorrath, aber auch dieser vermindert sich
zusehends, denn alltäglich kommen hungrige Gäste. Sogar
Si Ottmann, dessen Getreide ebenfalls zu Ende i s t , stellt
sich täglich bei mir ein und scheut sich nicht, mit mir zu
frühstücken, obgleich er mich im Anfänge durchaus als
einen Christen oder christlichen Spion hinstellen wollte.
Gestern bestieg ich den Hauk el-Meheri, der in 300°
Richtung nicht weiter als 8 Kilometer von Ain-Salah enfernt
ist, denn ich ging mit Sonnenaufgang von hier weg, beschrieb
einen grossen Bogen, um den Sebcha zu umgehen, bestieg
den Berg und war Punkt 12 Uhr wieder in meinem Hause
angelangt. Seine relative Höhe beträgt etwa 200 Fuss, er
ist der höchste Punkt jenes Randes, den man mit dem Namen
Baten oder Djebel Tidikelt bezeichnet. Seine Steinmasse
besteht am Fuss aus Kalk, oben aus Sandstein. Von ihm aus
erblickt man nach Norden zu die Tademait-Ebene, nach
Westen Inrhar, nach Osten die Ksors von Uled Bu-Humo,
nach Südosten die von Ain-Salah. Die Tuareg, diese Gespenstergestalten
(die Araber selbst sagen sprichwörlich: Die
Tuareg sind wie die Geister, Tuareg kif el-djenun), fangen
an zu verschwinden und bald wird ganz Tidikelt bis zum
nächsten Herbst frei von ihnen sein, denn hierher kommen
sie nur zur Zeit der Dattelernte.
Die Uled Bu-Humo , welche dieser Tage eine Razzia
gegen die Schaamba gemacht haben, scheinen eine Niederlage
erlitten zu haben; es ist heute die Nachricht eingetroffen,
dass zehn Mann geblieben sind, darunter zwei Tuareg, die
sich mit ihnen bei diesen Raubzügen zu verbinden pflegen.
Die Uled Bu-Humo, die ihrem Chef, dem Hadj Abd-el-Kader,
Bericht abstatteten, meinten jedoch, dass die Ueberlebenden
jedenfalls sieg- und beutereich zurückkommen würden, denn
ein Uled Bu-Humo könne wohl getödtet werden, fliehen jedoch
thäte er nicht.
Die Karawane nach Rhadaines ist endlich fertig und
auch ich habe meinen Miethkontrakt mit Si Ottmann bis
nach dieser Stadt hin abgeschlossen. So werde ich also mit
demselben Manne aufbrechen, dessen Bruder den Major Laing
nach Tidikelt führte, mit demselben Mann, der Buderba begleitete,
der Duveyrier führte, der endlich im Verein mit
seinem Bruder Hadj Hamed, dem Häuptling der Hogar, und
mit dem Hadj Chanoch*), der die Asgar beherrscht, den Vertrag
mit den Franzosen abschloss, wonach Fremde im Lande
der Tuareg Schutz gemessen sollen. Ich weiss nun auch, was
sein Beweggrund war, im Anfänge so feindselig gegen mich
aufzutreten. Er glaubte meinen Beutel noch gespickt genug,
um einen schnellen Meheri-Ritt bezahlen zu können, denn er
kalkulirte, wenn es ihm gelänge, Mustafa (so ist mein Name)
einzuschüchtern oder das Volk und die Grossen gegen mich
aufzureizen, so würde ich gezwungen sein, mich in seine Arme
zu werfen, und es ihm sicher gut belohnen, wenn er mich
aus Tidikelt rette. Da er aber sah, dass ich Protektion hatte
und seine Ränke nichts vermochten, änderte er sein Betragen
gänzlich und wurde der liebenswürdigste und zuvorkommendste
*) Ichenuchen Duveyrier’s,
Rohlfs, Reise.