wenig die äusseren Vorschriften der mohammedanischen Religion
kennen, blickten mit Verwunderung zu, zumal da ich ihnen
sagte, dass das linke Hinterviertel für die Armen bestimmt
sei (es ist dies ebenfalls Vorschrift). Den Rest verzehrten
wir dann in Gemeinschaft anderer Gäste, indem wir das
Fleisch über dem Feuer rösteten, da uns das Geräthe fehlte,
um es auf andere Weise zuzubereiteu.
Nachmittags machte ich die Bekanntschaft eines vornehmen
Scherif, Namens Muley-el-Madang, der unter den
Beni-Mtir wohnt und hier reiste, um Gaben zu sammeln. Er
sowohl als ich bedauerten, nicht früher Bekanntschaft gemacht
zu haben, er hätte mir in jeder Hinsicht vom grössten Nutzen
sein können, da er sehr gebildet war und mir offen sagte,
ich reiste bloss, um Land und Leute kennen zu lernen. Er
war dabei keineswegs ungehalten, noch reizte er die Einge-
bornen gegen mich auf, im Gegentheil rief er, als er Abends
weiter südlich zog, die Aeltesten des Duar und schärfte ihnen
ein, mich mit der grössten Auszeichnung zu behandeln, da sie
sich sonst den Zorn des Scheich (Sidi-el-Hadj-Absalom) zuziehen
würden. Abends ging ich aus, um Enten zu schiessen,
die in ungeheurer Menge auf den Sümpfen und kleinen
See’n der Umgegend sich aufhalten. Ich hatte das Glück,
mehrere zu erlegen, da sie ohne Furcht mir erlaubten, mich
ihnen auf Schussweite zu nähern. Die Enten waren indess
bedeutend kleiner als bei uns oder im übrigen Marokko. Die
Berber feierten das Fest durch Wettrennen und Pulverab-
brennen, den ganzen Tag knallten die Flinten, als ob eine
Schlacht geliefert würde.
Am 18. Mai endlich brachen wir auf, nicht allein, sondern
der ganze Duar, der der Muluia zuzog, um von dort,
wo sie in den Ksors ihr Getreide unterbringen, neuen Vorrath
zu holen. Man kann sich denken, welch’ ein Durcheinander:
die Viehheerden, beladene Pferde, Esel, Maulthiere,
die Weiber zu Fusse, ihre kleinen Kinder auf dem Rücken
tragend, selbst die Ochsen und Kühe beladen, mitunter auch
einzelne Kameele, an den Seiten die Männer zu Pferde, den
ganzen Zug eskortirend, so ging es weiter. Wie immer hielten
wir SSO.-Richtung und um 10 Uhr hatten wir den mit Schnee
bedeckten Djebel Alan in gleicher westlicher Höhe, nachdem
wir um 9 Uhr den l’Ued Gigo passirt hatten, der südlich
vom Djebel Alan in östlicher Richtung sich in den l’Ued Sebu
ergiesst. Um 12 Uhr lagerten wir im Tliale des l’Ued Sebu,
der nach Aussage der Leute vom Djebel Aiaschin seinen Ursprung
nimmt. Der Ort selbst, wo wir lagerten, heisst Tesfrut.
Der Boden dieser Gegend war nackt und steinicht. Da ich
auf den Karten den l’Ued Sebu bedeutend weiter nach Osten
hin verzeichnet fand, so fragte ich mehrere Leute und alle
versicherten, dass sie diesen Arm Sebu nennen. Unterwegs
hatte ich das Unangenehme, in eine andere ebenfalls umziehende
Duar-Kolonne zu gerathen, die mich für einen Christen
erklärten und mich zwingen wollten, von meinem Pferde zu
steigen. Sie verstanden kein Arabisch, ich kein Schelläh;
Einem, der handgreiflich werden wollte, drohte ich mit meinem
Revolver und nun wurde die Sache erst gar arg, als glücklicher
Weise mein Diener und Leute von unserem Duar dazu
kamen und erklärten, ich sei ein Scherif von Uesan.
Während sie mich eben noch misshandeln, berauben und vielleicht
tödten wollten, baten sie mich jetzt um meinen Segen,
küssten meine Kleider und liessen mich nicht eher ziehen,
als bis ich meine Hände auihob, um ihnen den Segen des
Muley-Abd-Allah es-Seherif, des höchsten Patrones von Uesan,
dem Dar demana oder Zufluchtshaus, wie die Gläubigen es
nennen, zu erflehen. Am 19. mussten wir in Tesfrut bleiben,
weil das Pferd des Intendanten ein Füllen geworfen hatte
und er es daher für gut hielt zu rasten. Ich bemerke hierbei,
dass die Beni-Mgill sowohl als auch die Beni-Mtir ausgezeichnete
Pferde besitzen, die sich namentlich durch eine
ungewöhnliche Höhe auszeichnen und an Ausdauer und Schönheit
denen der Dukala und Abda in Nichts nachstehen.
Wir befinden uns hier auf gleicher Höhe mit den SchneeöQ
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