klein auf gewohnt, sich als solchen anzusehen. Dass er aber
dabei auch sehr auf seine materiellen Yortheile sieht, kann
ich ebenfalls bestätigen. Vom Kaid ging er sehr zufrieden
hinweg, da ihm jener heute Morgen nach dem Frühstück ein
kostbares, weisses, gesatteltes Pferd vorführte und einen
Beutel mit Geld überreichte, der nach meiner Schätzung etwa
1000 Francs enthalten konnte. Dann sassen wir auf und
schlugen eine nordwestliche Richtung ein. Unser Marsch
dauerte nicht lange, nach 3 Stunden hatten wir Lella Meimuna,
einen Duar, erreicht und die Zelte wurden aufgeschlagen.
Es befindet sich hier eine niedliche Kuppel , die der
Frau Lella Meimuna als Grabstätte dient, dicht daneben ist
eine kleine Jemma, aus zwei Schiffen bestehend. Gleich nach
der Ankunft begab sich Sidi mit seinem ganzen Gefolge in
die Grabstätte und dort wurden die üblichen Suren aus dem
Koran abgeleieit; dann brachte uns das Volk Milch und Brod,
das ohne Umstände auf dem Grabe eingenommen wurde.
Augenblicklich findet wieder grosses Wettrennen vor unserem
Lager statt und der Bruder des Kaid ben-Auda stellt sich
ein, um mit uns weiter zu gehen; morgen kommt der Kaid
selbst und noch Andere aus der Umgegend werden erwartet.
Von hier aus erblickt man Muley-bu-Slemm in gerader westlicher
Richtung.
Gestern Morgen kamen wir sehr früh dort an. Die
ganze Bewohnerschaft der Umgegend begleitete den Scherif
mit Fahnen und fortwährend La-ilaha il-Allah (Ausser Allah
kein Gott) singend. Auf dem Wege stiess uns sonst nichts
Merkwürdiges auf; wir ruhten einen Augenblick bei der
kleinen Quelle Ain-Tissuth, merkwürdig wegen der Menge
Fische, die sich unbelästigt darin aufhalten, da sie von den
Eingebornen als heilig angesehen werden. In Bu-Slemm
angekommen, begaben wir uns sofort nach der Grabstätte des
Heiligen, einem geräumigen Dom, der seit Menschengedenken
vom Meeressande eingehüllt war, dieses Jahr aber durch ein
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Wunder Gottes den Menschen geöffnet war*), damit die
Gläubigen wieder ihr Gebet am Grabe dieses Heiligen verrichten
können; Wir begaben uns sofort nach unserer Ankunft
in das Mausoleum, das geräumig und geschmackvoll
ist; man musste vom Sand aus zur Thür mit einer Leiter
hinuntersteigen. Von den drei Gräbern, die sich darin befinden,
weiss man nicht mit Bestimmtheit, welches dem Heiligen
angehört, wir küssten sie daher alle drei mit gleicher Ehrfurcht.
Dann wurden wieder viele Suren hergesagt und
hierauf kehrten wir in unser mittlerweile auf den Sanddünen
aufgeschlagenes Lager zurück. Dieses fanden wir bedeutend
vergrössert durch die Ankunft des Kaid ben-Auda, des Kaid
uld-Dauia und des Kaid el-Abessi; letzterer besonders hatte
ein zahlreiches Gefolge bei sich. Ich füge hier hinzu, dass
die Provinz Rharb von zwei Kaids regiert wird, die nordöstliche
Hälfte vom Kaid ben-Auda, die südwestliche vom
Kaid el-Abessi, der in der gleichnamigen Karia seine Residenz
hat.
Es finden sich hier noch verschiedene andere Dome,
einige jedoch bis oben im Sande vergraben. Die Eingebornen,
die darin Gottes Willen sehen, wagen nicht, sie auszugraben-
was sie mit leichter Mühe thun könnten. Der Heilige Muley-
bu-Slemm, der dem Ort seinen Namen gegeben hat, soll von
Aegypten gekommen sein.
Die verschiedenen kleinen Bäche und Flüsse, die theils
aus dem Laraischer Holz kommen, wie der l’Ued Mschra-el-
chodor, theils selbst von Nuss-moda, ergiessen sich hier in
einen grossen See, der beutelförmig nach Süden sich ausdehnt.
Durch Dünen ist dieser salzige See vom Ocean getrennt,
manchmal jedoch durch einen Abfluss mit dem Meere
verbunden; dies war der Fall, als ich vor zwei Jahren bu-
Slemm besuchte. Der Ort zeichnet sich sonst durch Nichts
*) Wahrscheinlich wurde der Meeressand durch die grosse Spring-
fluth am 9. März d. J. weggenommen.