§. s.
lieber specifische Trennung nach der Form der Schalen.
Das Muschelthier bindet sich, hei dem Bane der Schale, an keine so bestimmte
Regeln, als die Schnecken. Selten findet man zwei Muschelschalen, die
sich einander Töllig gleich wären, und sich nicht durch Größe, Stärke, Form,
Farbe Lamellenadlage, oder deren Geschiebe, Ton einander auszeichneten. Ehen
darin liegt die grofse Schwierigkeit der specifischen Trennung derselben *).
In Betreff der Unionen haben mich mühsame Vergleichungen mehrerer hundert
Exemplare zu dem Resultate geführt, dafs wir in Deutschland nur Tier Arten,
welche man als Stammarten betrachten kann, besitzen, und dafs diesen die übrigen
als Abarten oder Varietäten hinzugesellt werden können.
Die Characteristik der Stammarten ist etwa folgende:
1) Schale länglich - eirund, stark, mit einfarbiger schwarzbrauner Oberhaut;
Hauptzahn stampf, kegelförmig (Taf. VII. Fig. 5. 6.); Seitenzahn fehlend
( Typ. Unio margaritifera. Taf. VII. Fig. 1. L . u. Wass. Sphn.
Taf. V. Fig. 11.)'.
2) Schale länglich-rund; Oberhaut braun, gelb oder grün gemischt, mit Strahlen.
Hauptzahn stumpf, kegelförmig, zuweilen, etwas zusammengedrückt
(Taf. VIII. Fig. 10.). Typ. Unio batava (Taf. II. Fig. 23. L. u. Wass.
Schn. Taf. V. Fig. 14.).
3) Schale länglich-eiförmig, Tome breit, mach hinten allmälig zugespitzt. Oberhaut
dunkelbraun oder grünlich, mit Strahlen. Hauptzahn mehr rerlängert,
zusammengedrückt (Taf. VUL Fig. 9.). Typ. Unio iumida, (Taf. H.
Fig. 25. Taf. VU. Fig. 2. 3. Taf. VIII. Fig. 1. 2.).
4) Schale gestreckt-eiförmig, schmal; Oberhaut gelb oder hellbraun, ohne Strahlen.
Hauptzahn Terlängert, lamellenförmig zusammengedrückt (Taf. VIII.
Fig. 8.). Typ. Unio pictorum (Taf. II. Fig. 24. L. u. Wass. Schn.
Taf. V. Fig. 10.).
*) „Le s espèces se nuancent et se fondent les unes dans les autres, dans le cours de leurs varia-
„ t io n s ; ------aussi la détermination des espèces du genre mulette est-elle très - difficile.“ Lam, hist.
d. An. s. vert. T . V I , le . Part, p, 70.
Noch weit schwieriger als hei den Unionen, ist die specifische Trennung der
Anodonten. L in n e begnügte sich, nur zwei Arten, nämlich Mytilus anatinus
und Mytilus cygneus, aufzuführen; diesem folgten die späteren Schriftsteller, bis
man, erst in der neuern Zeit, durch die auffallende Verschiedenheit der Schalen-
formen, sich genöthigt sah, sie in mehrere Arten zu trennen. Wie selten diefs mit
Glück geschehen ist, habe ich selbst erfahren, indem ich einige, für eigene Arten
gehaltene Muscheln, jetzt nur für unausgewachsene Exemplare erkenne. Nur dadurch,
dafs man die, zu e in e r Art gehörenden, in einem und demselben Wasser
wohnenden, Anodonten in Exemplaren von allen Gröfsen sammelt, diese nach den
Altersstufen ordnet, und von der Kleinsten bis zur Gröfsesten verfolgt, kann man
solchen Irrthümern Vorbeugen, und das Characteristische der Art auffinden.
Bei meiner gegenwärtigen Arbeit habe ich diese Verfahrungsart befolgt, und
bin dadurch überzeugt worden, dafs, unter gleichgünstigen Lebensverhältnissen, die
bei uns vorkommenden Anodonten, in der Regel die Gröfse von 5 bis 6 Zoll erreichen,
die meisten kleinern, bisher für besondere Arten gehaltenen Muscheln aber
diesen als Junge angehören.
Die Qualität des Wassers, je nachdem diefs nämlich mehr oder weniger oder
verschiedenartige Nahrungsstoffe enthält, äufsert einen entschiedenen Einflufs auf den
Wachsthum und das Gedeihen des Thiers, und somit auch auf die Beschaffenheit
der Schale. In Bächen und Flüssen bleiben diese gewöhnlich klein, sind dickschalig
, und haben eine rauhe schieferige Oberhaut, dagegen sie in Seen und Teichen
grofs werden, dünnschalig sind, imd eine glatte Oberhaut haben; woraus zu folgern
seyn möchte, dafs jene weniger, diese mehr Nahrungstheile enthalten.
§. 6.
L e b e n s a r t »
Die Muscheln bewohnen den Boden unserer süfsen Gewässer, indem sie sich mit
dem vordem Theile ihrer Schale, bis unter die Wirbel in den Sand oder Schlamm
eingraben, den hintern Theil aber etwas in die Höhe richten. Ihre Bewegung von
einer Stelle zur andern geht nur langsam von statten, dem Blutumlaufe entsprechend,
und geschieht nicht, wie bei den Gasteropoden, durch ein gleichmäfsiges Fortschle-
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