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Fortpflanzung und Erzeugung der Muschel im Eie.
Wenn man erwäget, dafs die Eier der Muscheln nur als kleine Puncte erscheinen,
die mit unbewaffnetem Auge kaum wahrgenommen werden können (Taf. II.
Fig. 5. a.), und erst durch die Lonpe betrachtet, in der Gröfse kleiner Senfkörner
bemerklich werden (Fig. 5. b.), dafs folglich alle Untersuchungen mikroskopisch vorgenommen
werden müssen, und dafs endlich nur vielfach wiederholte Beobachtungen
und Vergleichungen zu sicheren Resultaten führen können: so. wird man die Schwierigkeiten
nicht verkennen, mit welchen der Beobachter zu kämpfen hat, und demselben
mit billigen Ansprüchen entgegen Itommen.
Das Muschelei erhält seine volle Ausbildung im Eierstocke, und geht alsdann in
die oberen Kiemen über, in welchen es, als Fötus, zur jungen Muschel reift. Die
Entwickelungsgeschichte desselben zerfällt denmach in zwei Hauptperioden. Bevor
wir jedoch die sich in diesen verschiedenen Perioden zeigenden Veränderungen näher
erörtern, wird es dienlich sevn. eine genauere Beschreibung des Eies selbst vorausgehen
zn lassen. Das ausgebildete Muschelei (Fig. 10.) ist kugelrund, und in eine
dünne, durchsichtige Haut eingeschlossen; diese schliefst zunächst das Eiwe i f s
ein, in welchem der gleichfalls runde Do t t e r schwimmt. Das Eiweifs ist eine kry-
stallhelle, klare, durchsichtige Flüssigkeit; der Dotter hingegen eine dichte, undurchsichtige,
ochergelbe, zuweilen schön ziegelrothe Masse. Auf dem Dotter bemerkt,
man den Keim als einen klebten lichten Punct, und diefs ist die Stelle, wo
sich das junge Thier entwickelt, und von welcher aus also das Leben desselben
hervorgellt.
Wir gehen nun zur ersten Entwickelungsperiode, und zwar im Eierstocke
selbst, über.
Der Eierstock, das einzige bis jetzt bekannte Fortpflanzungsorgan, ist von bedeutendem
Umfange, füllt den untern Tlieil der Bauchhöhle, und ist mit der aufs
ern Bedeckung des Bauches selbst innig verwachsen. Seiner Structur nach ist er
zellig, locker, gefäßreich. Zur Zeit der Fortpflanzung zeigen sich in demselben
Bläschen, die sich mit Dotterkeimen füllen, sich allmälig verlängern, und in ihrer
Zusammenstellung Trauben bilden (Taf. II. Fig. 1. 2. 3.). Durch die innere Ausdehnung
der Dotterkeime, platzt die äufsere Haut der Trauben, und diese entleeren
sich in die durch die Traubenform gebildeten Zwischenräume, welche zugleich
als Eierleiter betrachtet werden können. So lange die Dotterkeime in den Trauben
ruhen (Fig. 1. 2. 3.), haben sie eine unregelmäfsige, längliche und stumpfeckige, kugelige
Gestalt, sind wenig durchsichtig, und zeigen gegen die Mitte einen lichten
Schein, als erste Spur des Keimes (Fig. 4:). Von nun an näheren sie sich mehr der
Kugelform, werden rund, völlig undurchsichtig, consistent, und in der Mitte tritt
der Keim, als lichter Punct, deutlich hervor. * Zwischen diesem Dotter und der äu-
fsem Eihaut bemerkt man lichte Stellen (Fig. 7.), und alsbald legt sich in gleich-
weiter Entfernung das Eiweifs an, so dafs der Dotter von diesem umgeben wird
(Fig. 8.). Dotter und. Eiweifs nehmen nach und nach an Umfange zu (Fig. 9.),
jedoch in dem Verhältnisse, dafs das Ei, welches nun seine volle Gröfse und somit
denjenigen Grad der Entwickelung, dessen es im Eierstock fähig ist, erreicht hat,
aus drei Theilen Eiweifs und einem Theil Dotter besteht (Fig. 10.). Der Dotter
hat nun seine Lage dem einen Ende des Eies näher, indefs der Keim, welcher früher
seinen Platz in der Mitte desselben behauptete, sich bald mehr nach oben, unten,
oder zur Seite zeigt, und- sieh mehr in die Breite ausdehnt. Ob aber und wie
der Keim die bisher eingenommene Stelle wirklich verläfst, und ob durch eine Axen-
drehung des Embryo, wie diese von so scharfsinnigen und trefflichen Naturforschern
bei Limnaeus stagnalis wrahrgenommen worden ist *), die Bewegung desselben vor
sich gehe, mufs ich unentschieden lassen. Mir ist eine solche Axenbewegung nie
deutlich geworden, was jedoch keineswegs beweis’t , dafs solche nicht statt finde.
*) S . St ie b e l über die Entwickelung der Tcichhornschnecken ( Limnaeus stagnalis) , in M e c k e l ’s
deutsch. Archiv für die Physiologie, B d .- l. Heft 3. S. 423.
Fr . Jos. Hugi Bemerkungen an P f e f f f e r , Isis 1823. 2s neft. S. 21fT.
Dr. C . G . C arus, von den äufsern Lebensbedingungen der weifs- und kaltblütigen Thiere.
Leipzig 1824. Erste Beilage j vom Ei der Teichli'oxnschnecke etc. S. 51.
Samuel B rookes’ Anleitung zu dem Studium der Conchylienkunde. Bevorwortct von Dr. G»
G. C ar us , Leipzig 1823. S. XXIX. des Vorworts. — Es ist zu bedauern, dafs es dem würdigen
Verfasser gefallen ha t, diesen Aufsatz B rookes’ theurem Werke beizufügen, und so- den Besitz:
desselben, durch die nunmehr nothwendige Anschaffung jenes Werkes zu erschweren, da man
ihn sonst würde um einen billigen Preis erlangen können. Ohne dieses Vorwort kann das Werk
wohl dem Cöncbyliensammler gefallen, keineswegs aber in demselben Grade dem wissenschaftlichen
Conchyliologen genügen.