N a t u r g e s c h i c h t e
DER
M I E S M U S C H E L N . M y t i l a c e a , City.
§. i.
B e s c h r e i b u n g d e s T h i e r e s .
Zwischen den beiden Schalen, jedoch mehr nach vorn, hängt der B a u ch
(Taf. I. Fig. 1. u. Fig. 3. d.), von beiden Seiten zusammengedrückt, einen verlängerten
Kiel, den sogenannten F u fs , (Fig. 1. 2. u. 3. e.) bildend; vorn ist der Mund
(Fig. 1. 3. f.) und diesem entgegengesetzt der A f t e r (Fig. 4. s.). Zu beiden Seiten
des Bauches hängen die vier grofsenLamellen, die sogenannten Kiemen (Fig. 1.
u. 4. b. c. Fig. 2. b.), frei herab, und zwar in der Art, dafs sie vom After her
mit den Rückenrändem, bis an den Bauch, verbunden, alsdann aber getheilt sind,
und diesen zwischen sich nehmen. Ueber diesen Kiemenblättem liegt der M a n te l
(Fig. 1. 2. 3. 4. a.) , als eine dünne Haut, von gleicher Form wie die Schale; er
ist am Rücken geschlossen, längs dem Bauchrande aber, vom Munde bis zum After
offen. Da, wo sieh der Mantel nach hinten schliefst, ist er mit T a s t fä d e n
(Fig. 1. 2. u. 4. 5. 9. h.) besetzt, oberhalb welchen sich, durch die Vereinigung
der Kiemenblätter, eine kurze R ö h r e (Fig. 2. 4. 5. 9. p.) bildet, in deren Schlunde
sich der After (Fig. 4. s.) befindet: jene dient zum Ansathmen, dieser hingegen
zum Auswerfen der Excremente. Ein, von B ojanus *) entdeckter, über dem Hiift-
muskel, dem Rücken näher, befindlicher kleiner Schlitz (Fig. 5. t.), von dem Ent-*
decker desselben der R ü c k e n s c h l i t z genannt, führt zu dieser Afterröhre. Oberhalb
*) L. B ojanus Sendschreiben an Mr. le Chev. de Cuviek , über die Athem - und Kreislaufwerkzeuge
der zweischaligen Muscheln , insbesondere des Anodon cygneum. Mit Abbildungen , 1818. ( aus
der I s is , 1819, Heft 1. besonders abgedruckt.).
d$m Munde geht, von der innem Wölbung der einen Schale zu der andern, queer
durch, ein starker Muskel, ebenso ein anderer unterhalb dem After, welche Muskeln
beide Schalen zusammenziehen und schliefsen: jener heifst der vordere, dieser
der hintere Schliefsmuskel, oder, nach O k e n * ) , jener, der S c h u l t e r - , dieser der
H ü f tm u s k e l (Fig. 2. k 1. und Fig. 4. 1.), welche letztere Benennung ich beibehalten
habe.
Den Bauch füllt nach der Rückenseite die L e b e r (Fig. 2: q.); nach der unteren,
dem Kiele oder Fufse näher, der E ie r s to ck . Beide Organe sind so mit einander
verwebt, dafs sich keine eigentliche Gränze auffinden läfst. Die Leber besteht
aus kleinen dunkelgrünen Röhren oder Bälgen (Fig. 6. 7. 8.), welche nach innen an
sehnige Fäden befestigt sind. Neben dem Munde und zu beiden Seiten desselben hängen
2 dreieckige Lappen oder L ip p e n (Fig. 1. 2. 3. g.) herab, welche, wegen ihrer
Aehnlichkeit mit den grofsen Lamellen, auch k l e in e K iem e n genannt werden.
Wahrscheinlich nehmen sie an dem Athmensgeschäft Antheil, indefs ist deren
eigentliche Bestimmung noch nicht hinlänglich ausgemittelt.
Der'Mund (Fig. 1. 3. f.) selbst ist ein einfaches, länglich rundes, queer liegendes
Loch, ohne alle harte Theile; er führt, durch einen weiten aber kurzen
Schlund, in. den Magen, welcher in der Substanz der Leber ausgehöhlt ist; von
dem Magen aus windet sich der Darm einigemal in dem Eierstocke, tritt hinter der
Leber heraus, läuft längs dem Rücken, als Mastdarm, mitten durch das Herz über
den Hüftmuskel, und endet in der Afterröhre.
Am Rücken (Fig. 2. r.), etwa zwischen der Leber und dem Hüftmuskel,. liegt
das Herz mit einer Kammer und zwei Vorkammern, aus welchen eine obere und
eine untere Aorta entspringen, die das Blut den übrigen Theilen des Körpers zuführen.
Aufser den schon erwähnten zwei Hauptschliefsmuskeln, ist das Muskel System
in dem Thiere der Miesmuscheln noch weiter verbreitet. Der Bauch ist mit einer
schiefen M u sk e lla g e bedeckt, welche sich vorn, über und unter dem Schultermuskel,
anheftet (Fig. 2. m. n.), nach hinten aber zu einem starken Strange vereinigt,
bis zum Hüftmuskel fortläuft, sich alsdann spaltet, und unter demselben zu
•=)' O ken’s Lehrbuch der Zoologie. Erste Abth, S , 207»