Die R e i c h e r t ia ro s e a ist ein kleines bis fufshohes kahles Kraut, von dem Habitus unseres Tausendgüldenkrautes, das ich an trock- I
nen «rasigen Plätzen in der Gegend von Puerto Oabello und Valenzia beobachtete und w elches, den im königlichen Berliner Herbarium auf. I
bewahrten Exemplaren zufolge, Pöppig in Cuba und andere Botaniker in verschiedenen Gegenden Brasiliens sammelten, woraus hervorgeht, I
dafs es über einen grofsen Theil der heifsen und warmen Zone Amerika’s verbreitet ist. Der dichotomisch ä stige Stengel desselben ist scharf I
vierkantig, die graden Aeste streben aufwärts, einzelne Blumen begrenzen jede Achse. Die gegenüberstehenden einen bis fast zwei Zoll ■
langen Blätter sind sitzend, halb-stengelumfassend, länglich-lanzettförmig, langzugespitzt und ganzrandig, 5 - 7nervig. Eine kurz gestielte, I
gabelständige, hcrmaphrodite Blume begrenzt den Hauptstiel so wie dessen Verzweigungen, die auf den äufsersten Zweigen stehenden Blu- I
men sind durch zwei blattartige Deckblätter gestützt, welche fast die Länge des Kelches haben. Die nicht gegliederten Blumenstiele haben I
eine Länge von 1 — 2 Linien. Das Kelchrohr ist nach dem Schlunde zu etwas zusammengezogon, der Saum ist in 4 lang zugespitzte I
Zipfel zertheilt, welche die Blumenkrone an Länge fast überragen; von jedem Zipfel abwärts erstreckt sich über das Kelchrohr bis I
an seinen Grund eine quergenervte, nach unten breitere Flügelleiste. Die auf dem Blumenboden stehende trichterförmige Blumen- I
kröne ist durchscheinend, kahl, rosenfarben und verwelkt nach dem Abblühen ohne abzufallen; das Rohr derselben erweitert sich nach I
dem Schlunde hin, der Saum ist 4 lappig, die spathelförmigen Lappen sind fast halb so lang als das Rohr, sie sind ganzrandig, netzadrig I
und während der Knospenlage rechts gedreht eingewickelt, zur Blüthezeit sind sie ausgebreitet abstehend. Die vier fruchtbaren gleich-
fangen Staubgefäfse sind dem Blumenrohr bis zur Mitte angewachsen und in demselben eingeschlossen, sie stehen abwechselnd mit den
Kronenzipfeln, das freie Ende der Staubfäden ist an der untern Hälfte jederseits in eine zarte flügelartige Haut verbreitet, die nach oben I
in eine freie, ausgezackte Spitze ausläuft; an dem angewachsenen Theile sind nach oben hin diese Flügel als freie Leisten zu erkennen;
die zweifächrigen Antheren sind an dem Rücken der gespaltenen Basis angeheftet, sie öffnen sich nach Innen mit zwei Längenspalten
und bleiben nach dem Oeffnen unverändert, der grofse tetraödrische Pollen hat eine genetzte Oberfläche. Der freie, ellipsoidische, ein- I
fächrige Eierstock enthält sehr viele Saamenknospen ; sein stielrunder Griffel ist in dem Blumenrohre eingeschlossen, und bleibt auf der I
Frucht stehen, nach und nach verwitternd; d.ie Narbe besteht aus zw e i, fast nierenförmig-vierseitigen, zurückgebogenen Lappen. Die
eiförmigen, umgewendeten, wagerecht liegenden Saamenknospen sind mittelst kurzer Nabelstränge an den wandständigen, zweiarmigen I
Placenten befestigt. Die ellipsoidische, von Kelch und Krone eingehüllte Kapsel öffnet sich von der Spitze zur Basis, die Eiträger spal- I
tend, zweiklappig; an den Rändern der kahnförmigen Klappen, welche anfangs durch den noch vorhandenen Griffel zusammengehalten I
werden, befinden sich leistenförmige Saamenträger, die dicht mit Saamen bedeckt sind, welche, getragen von den verdickten und zum
Theil verlängerten und mit einander verwachsenen Nabelsträngen, von einer dünnen, genetzten Schaale umschlossen, in der Mitte eines
fleischigen Eiweifses einen eiförmigen, einfachen Keimling enthalten, an dessen Gipfel nur eine Spur von Saamenlappen zu erkennen ist
E i n e zweite von mir in der Ebene von Maracaibo beobachtete kleinere Art, die R e i c h e r t ia l in a r i f o l i a Krst. hat linealisclie
B l ä t t e r , nach unten gleichfalls verbreiterte Kelchflügel und häutige Flügel an den Staubfäden, dessen freie Spitze an ihrer B a s is einen ■
kleinen Zahn hat.
Aufser diesen beiden Arten gehören noch zu der Gattung R e ic h e r t ia , welche durch die in einen freien Zahn auslaufenden Staub- H
fädenflügel characterisirt wird, die bisher zur S c h u l t e s ia gerechneten Arten S. a p t e r a Cham., S. B e n th am ia n a Kl., eine der Schul- I
t e s i a g r a c i l i s Martins sonst identisch scheinende R. g r a c i l i s des Berliner königlichen Herbarium, so wie die h e t e r o p h y l la Miq.
u n d b r a c h y p t e r a Cham., bei denen allen die freien, aufrechten Zähne an der Spitze der Staubfadenflügel Vorkommen, welche über- ■
dies an dem mit dem Blumenrohre verwachsenen Theile mehr oder weniger tie f abwärts zu erkennen sind. Sehr kurz sind diese H
freien Flügel bei der h e t e r o p h y l la und b r a c h y p t e r a , bei letzterer ist zugleich die geflügelte freie Basis der Staubfäden so verkürzt, ■
dafs dadurch die ziemlich grofsen Zähne mit den Staubfäden an der E in f ü g u n g s s t e l l e zu alterniren scheinen, was Aublet an seinem Exa- ■
cum Guyanense beschrieb und taf. 26, flg. 1 (H i s t , de pl. Guyan.) abbildete. Dafs diese Aublet’sche Art mit der R. brachyptera ¡den- ■
tisch se i, lassen noch überdies die bei dieser Species ausnahmsweise ungleichlangen Staubfäden vermuthen; nur die von Aublet um ein ■
Geringes kleiner gezeichneten Blumen könnten veranlassen, als Exac. Guyanense eine andere Species zu suchen.
Von diesen letztgenannten Arten sind die beiden beschriebenen durch ihre halbeiförmigen Kelchflügel zu unterscheiden.
Bei der Gattung S c h u l t e s i a Mart, scheinen die Staubgefäfse stets von ungleicher Länge, sind e s wenigstens bei den von mir ■
untersuchten Arten: „ S . stenophylla Mart., S. suberenata Kl., S. angustifolia Grisb. und S. pachyphylla Grisb.“ An der geöffneten ■
Kapsel der S c h u l t e s i a s t e n o p h y l la findet man, wie Martius dies genau abbildet (Fl. bras. II. taf. 1 82), den vollständigen Griffel ■
auf der einen Klappe; ich beobachtete auch noch die beiden aufrechten Narbenlappen an der Spitze des Griffels einer geöffneten Kapsel. ■
Die Saamen stehen auf den verdickten und zum Theil verlängerten NabelBträngen. Der von Martius (Nov. gen. et spec. II, 103) g* ■
gebene Character dieser Gattung is t, nach seiner Erweiterung auf fünfgliedrige Blumenwirtel, unverändert anfzunehmen.
Taf. XXIX. A. eine blühende Pflanze von R e ich e r tia rosoa B. R e ich e r tia lin a r ifo lia . 1. Eine einzolne Blume in dreifi
Grofse. 2. Eine Blnmenkrono der Länge nach geöffnet und ausgebreitet, mit dem Fruchtknoten. 3. Die Narbe allein, stärker .vergröfsort. 4.
freie Endo eines Staubfadens mit dem Beutel. 5. Pollen. 6. Querschnitt eines Eiorstockes. 7. Eine halbgeöffnete Kapso’ natürlicher - ........
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8. Dieselbe vergrößert. 9. Eine andere weilor geöffnete. 10. Ein Stück einer Placento. 11. Ein Saame vergrößert. 12. Ein Längen«
desselben. 13. Ein aus dem Eiweiß herausgenommenor Keimling. 14. Eine vergrößerte Blume der Reichertia linarifol:
selben herausgenommenes Staubgelaß. 16. Die Narbe von der Seite gesehen.
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