von so vielen gebraucht wird, nehmeich diesen glücklich gewählten
Ausdruck in dem Sinne an, welcher vennuthlich auch der
seinige is t, dafs ich mnter reinen Erfahrungen solche verstehe,
wo der Beobachter nichts anders e rzählt, als was sich wirklich
an der Sache fand, die Sache nur so beschreibt, wie sie eigentlich
ist und wie sie ein jeder, der blofs sehen will was vorhanden
is t, ebenfalls finden wird und finden mufs; ohne dafs er den
Erscheinungen so zu sagen nachhilft, das Gemählde durch seinen
Pinsel corrigirt, indem er einige Striche aus seiner Idee hinzu
setzt, oder andre nach eben derselben wegwisbht, als wenn jene
an dem Originale wirklich zu finden wären , diese aber nicht.
Solche reine Erfahrungen wird nur derjenige machen können,
der zu den Beobachtungen, die er anstellig keine 1 heorie von der
Sache mit bringt, oder -wenigstens, w'as freylich sehr schwer ist,
sich überwinden kann, an gar keine gehörte od e r'e twa schon
gebilligte Theorie zu denken; sonst ist er in eben der Versuchung
wie die meisten Ze ichner, welche Gegenden nach der Natur
darstellen wollen, und sich nicht enthalten können, etwas , séy
es auch noch so wen ig, nach eigner Erfindung hinzu zu setzen ,
wodurch das Gemählde zwar an Schönheit gewinnt, aber an der
Wahl heit verliert. Ob nun das bey-geognostischen Beobachtungen
nicht oft der Fall gewesen seyn mag, ob nicht manche der-
selben, da der Beobachter die, Gegenstände .durch das Medium
dieser oder jener Hypothese beobachtete, dadurch etwas an der
treuen Darstellung mögen verlören haben, will ich andern zu
beurtheilen überlassen. Doch eine lange Erfahrung und manche
Vergleichung der angegebenen Beobachtung mit der Natur hat
mir gezeigt, wie mancher, ich glaube wider sein Missen und
W o llen , sich von diesem Fehler hat überschleidien lassen.
Von diesen Erfahrungen soll man, wie Herr v o n Gö t l i e
w ill, vorher eine Pieihe derselben aufstellen können, ohne auf
irgend einen weitern Bezug Rücksicht zu nehmen. Unstreitig
meint er hier eine v o l l s t ä n d i g e Reihe., weil er gleich darauf
von der Theorie, welche darauf gebaut w ird , fordert, dafs sie
alle Erfahrungen unter sich begreife. Kann man wohl diese
Forderung unbillig oder unnöthig finden? Dasselbige Gesetz
hatte sich schon längst die ehemalige Academie des Sciences in Paris
vorgeschrieben . Sie wurde von einigen zeitig angegangen , ein
System der Physik herauszugeben, weigerte sich aber allezeit,
aus der Ursache, dafs hierzu noch lange nicht genug Erfahrungen
gesammelt w ären . Und so bringt es die Natur der Sache
mit sich. Alle Theorien in der Physik sind, was, man nicht
vergessen so llte ,1 ursprünglich Hypothesen. Man sieht eine
Erscheinung, deren Ursache verborgen ist, und nimmt an, das
und das könnte die Ursache davon seyn . Wenn Galiläi die
L u ft schwer fand, - so war sein erster Gedanke eine Hypothese.
Wenn Kepler den Mond für die Ursache der Ebbe und Fluth
h ie lt, so war das bey ihm eine Hypothese, welcher er nicht einmal
so viel als nachgehens Newton zutraute , So lange nun die
vermuthete Ursache auf das Phänomen unter allen Umständen
pafst, und keine wahrscheinlichere gefunden w ird , kann man
sie gelten lassen, und wenn man sehen kann, es werde sich
die Sache niemals unter solchen Umständen zeigen, welche aus
der angenommenen Ursache nicht zu erklären wären, so darf
man die Hypothese ohne Bedenken für Wahrheit annehmen.
Di eses ist in manchen Fällen bald, in andern aber nur durch
vielfältige Erfahrungen zu erkennen. Galiläi hatte nach seinen
angestellten Versuchen nicht zu befürchten, seine Hypothese