
 
        
         
		Donleben  *)  erzählt  uns  eine  Legende,  nach  der die Niasser  
 von  den  Batak  abstammen  sollen. 
 In   ura lten  Zeiten  lebte  im  In lan d   von  Baros ein v o rn ehme r  
 Häuptling,  (radja)  der  n u r  eine  Tochter  besass, w elche er sehr  
 lieb  hatte.  Eines  Tages  entdeckte man, dass sie schwanger war.  
 Nach  den  Gesetzen  des  Landes  musste  sie  selbst  sowohl  als  
 ih r  Verführer  sterben.  Ih r  Vater  jedoch  hatte  Mitleiden  mit  
 ih r  u n d   k onnte  sich  nicht  entschliessen  sie  zu  töten,  e rse tz te   
 sie  d ah e r  mit  einigen  Lebensmitteln  versehen  in  ein Boot un d   
 gab  sie  der  See  preis.  Nachdem  sie  mehrere  Tage  au f  dem  
 Wasser  h in   u n d  hergetrieben w orden war, erreichte sie die Insel  
 Nias,  u n d   stieg  da,  wo  jetzt  Udjong-Boddok  liegt,  ans  Land.  
 Kurzezeit  d a rau f  gebar  sie  einen  S ohn,  mit  dem  sie  ganz  
 allein  lebte  u n d   sich  von  F rü ch ten   un d   Pflanzen,  die  in  der  
 Nähe  w u ch sen ,  ernährte.  Als  ih r  Sohn  zum  Jüngling  h e ran gewachsen  
 war,  zog  die  Mutter  einen  Ring  vom  F in g e r;  sie  
 gab  ihm   denselben  mit  dem  Befehl  landeinwärts  zu  ziehen  
 u nd  die  F r a u ,  welcher  der  Ring  passen  werde,  zu  heiraten.  
 Der  Sohn  gehorchte  u n d   irrte   jah re lan g   umher,  ohne  jedoch  
 eine  F rau   anzutreffen.  Als  er  an  den  Ort wo seine Mutter lebte  
 zurückkam,  erkannten  sie  einander  nicht  wieder. Von der Zeit  
 an   lebten  sie  zusammen  als  Mann  u nd  F rau   u nd  bekamen  
 viele  Kinder,  welche  die  Insel  Nias  bevölkerten.  Nach  einer  
 än d e rn   Legende,  die  uns  Ho rn e r 2)  mitgeteilt  h a t,  sollen  die  
 Niasser  von  den  Mentaweiern,  u n d   zwar  von  den Bewohnern  
 der  Pagehinseln  abstammen. 
 In   längst  vergangenen  Zeiten  soll  ein  Geschwisterpaar  m it  
 einigen  Begleitern  von  den  Pagehinseln  sich  nach  Tanah  
 Massa  begeben  haben.  Ih r  erster  Sohn  baute ein W underboot,  
 das  er  Lasara  n an n te  u n d   zog  damit  in  den  Krieg  gegen  
 Pageh.  Dort  wurde  er  mit  seinen  Begleitern  ermordet,  das  
 Boot  jedoch  kehrte  von  selbst  nach  Tanah  Massa zurück. Die 
 1)  Donleben,  J.  F.  und  J.  Christie,  Bijdragen  tot  de  kennis  van  
 het  eiland  Nias.  Tijdschr.  voor  Nederl.  Indie.  lOe  Jaarg.  1848. 
 2)  Horner,  L.,  Bijdrage  tot  de  kennis der Batoeeilanden. Tijdschr.  
 voor  Nederl.  Indie.  3e  Jaarg.  lste  deel.  1840. 
 Bewohner  der  Insel  zogen  das  Fahrzeug  ans  Land  d a ,  wo  
 jetzt  der  Kampong  Bara  Lasa ra  liegt.  Bald  d a rau f  starb  die  
 F rau   u n d   Schwester  des  ersten  Ansiedlers  von  Tanah  Massa,  
 nachdem  sie  noch  kurz  vorh e r  einem  zweiten  Sohn  d as  
 Leben  geschenkt  hatte.  Dies  Kind  wurde  von  unsichtbaren  
 Händen  gebadet  u n d   genährt.  Als  später  Tanah  Massa  zu  
 stark  bevölkert  wurde,  zogen  wiederum  ein  Bru d er  u n d   eine  
 Schwester  aus.  E in   Sturm  zerbrach  ih r  Fahrz eug, sie w ussten  
 sich  jedoch  zu  retten  u n d   landeten  au f  der  Insel  Nias.  
 Die  F rau   zog  lan d einw ä rts,  um Wasser zu suchen un d  verirrte  
 sich.  Ih r  Bruder  suchte  sie  lange  Zeit  u nd  als  er  sie  endlich  
 fan d ,  erkannten  sie  einander  nicht  mehr.  E r  n ahm   sie  z u r  
 F rau   u nd  zeugte  Kinder  mit  ih r ;  so  wurden  sie  die  Stammeltern  
 der  Niasser. 
 Es  giebt  jedoch  noch  eine  dritte  Legende,  in  d er umgekehrt  
 die  Batu-Inseln  von  Nias  aus  bevölkert  werden.  Die  Legende  
 lautet  folgendermassen:  Als  in  Süd-Nias  Tuwada  Loja  starb,  
 hinterliess  er  neun  Söhne  und  drei  Töchter.  Auf  seinem  
 Sterbebette  versammelte  er  alle  seine  Kinder  um  sich  u n d   
 befahl  seinen  acht  ältesten  Söhnen  das  Land  zu  bebauen u n d   
 dem  Jüngsten  das  Haus  u n d   die  Schweine  zu  bewachen  und  
 seine  Leiche  zu  begraben,  nachdem  er  das  Herz  herausgenommen  
 u nd  in  einem  Topf  an  die  Wand  des  Hauses  
 gehängt  habe.  Das  IJerz,  das  lebendig  blieb,  weckte  die  Söhne  
 jed en   Morgen,  damit  sie  an  ih re  Arbeit  gehen  sollten;  häufig  
 tadelte  es  den  Jüngsten  seiner  Faulheit  wegen  u nd  stellte ihm  
 den  Fleiss  seiner  Brü d er  als  Vorbild  hin. 
 Schliesslich  verdrossen  die  anhaltenden  väterlichen  E rm a h nungen  
 den  Faullenzer  so  sehr,  dass  er  dem  Herzen  drohte,  
 er  werde  es  mit  einem  Eisen  d urchste chen,  wenn  es  noch  
 einmal  seine  Bemerkungen  mache.  Das  Herz  antwortete  ihm  
 d a r a u f :  „wenn  du  mich  nicht  länger behalten willst, so bringe  
 mich  zum  Fluss  und  lasse  mich  forttreiben”.  Der  Jüngling  
 g eh o rch te ;  als  die  ände rn  Brüder  am  folgenden  Morgen  
 erwachten,  wunderten  sie  sich,  dass  das  Herz  verschwunden  
 w a r  u n d   als  sie  erfuhren  was  vorgefallen,  befahlen  sie  
 ihrem  jüngsten  Bruder  das  Herz  zu  suchen  u n d   wieder