besonders weiblichen Individuen waren die Wangen manchmal
blassrot.
Die Unreinlichkeit der Niasser erschwert die richtige Beurteilung
der Hautfarbe sehr. Manchmal befand sich eine so feste
Schmutzablagerung au f der H a u t, dass es mir nicht gelang sie
zu entfe rnen, bei einigen F rau en waren die Ohrläppchen von
einer Schmutzkruste eingeschlossen.
In Nord-Nias hatte der Civilbeamte die Liebenswürdigkeit,
den M än n e rn , die von m ir untersucht werden so llten , zu befehlen,
sich vorh e r zu baden u nd zu reinigen, wodurch mir
meine Aufgabe wenigstens etwas erleichtert wurde.
Es ist sehr merkwürdig, dass die Haut der Minangkabau-
Malaien, trotzdem sie in ihrem Wohngebiet, den Wäldern v o r
dem direkten Einfluss der Sonnenstrahlen geschützt sind, eine
dunklere Färb u n g h a t als die der Niasser. In Nias findet man
n u r an einzelnen Stellen Wälder u nd die riesenhaften, schattenreichen
Bäume des grossartigen Urwaldes von Central-Sumatra
ü b e rh au p t nicht. Eine helle Hautfarbe gilt bei den Niassern
als sehr schön u n d besonders vornehm. Es fiel m ir auf, dass
gerade die Angesehenen u n ter ih n en im allgemeinen diese
hellere Hautfarbe besitzen; wahrscheinlich, weil sie sich m eh r
im Hause aufhalten u n d keine Feldarbeit in der heissen
Sonne verrichten. Bei einigen kleinen Kindern fand ich au f
dem unteren Teil des Rückens ü b er dem sacrum die blaue
Hauttönung, die auch bei mehreren ände rn Völkern wahrgenommen
worden ist.
Die Niasser nennen diesen blauen Hautfleck „ ta n d a ”, eine
Bezeichnung, die sie wahrscheinlich von den Malaien übernommen
haben. Tanda heisst Merkmal, es ist die allgemeine
Benennung eines Hautmerkmales. Man glaubt, dass dieser
blaue Fleck entstehen k a n n , wenn ,eine Schwangere oder ih r
Mann ein Pisangblatt, um es zum Einwickeln von Reis
b ra u ch b a r zu machen erwärmen. Durch Wärme wird das steife
Pisangblatt biegsam u nd verändert zugleich die F a rb e , es w ird
dunkler. Fängt die Verfärbung in der Mitte a n , so entsteht
ein m eh r oder weniger runder, du n k ler F le c k , der dem obengenannten
blauen Hautfleck bei kleinen K indern gewissermassen
ähnlich sieht. Diesem blauen Fle ck, der vor und nach von
selbst verschwindet, wird übrigens keinerlei Bedeutung zugeschrieben.
Die Westniasser erklären sein Entstehen in dergleichen
Weise, sie nennen das Erw ärmen des Pisangblattes
leu; das Pisangblatt selbst wird lae (e-i) gen an n t; der blaue
Hautfleck heisst darum nioleuo lae. Sie sehen eine Strafe
darin; warum jedoch die Handlung der Eltern Strafe verdient,
ist nicht deutlich. Auch die Nordniasser geben dieselbe
Erklärung. In Süd-Nias meinen die Eingeborenen, dass dieser
blaue Hautfleck, tolaumbalu g e n a n n t, en ts te h t, wenn d er Vater
oder die Mutter des Kindes während der Schwangerschaft
etwas Schwarzes oder Blaues angefasst oder einem lebenden
Wesen körperlichen Schmerz bereitet z. B. einen Hund geschlagen
haben. Die Ostniasser n ennen den Fleck niangahalu-u.
Riedel hat diesen blauen Fleck bei den Eingeborenen von
Holontalo in Celebes bereits zehn Jah re frü h er als Baelz,
— der ihn bei den Jap an ern beschrieb, — beobachtet. Aus-
serdem zeigte er sich bei den ostindischen Eingeborenen,
bei den Bewohnern d er Philippinen u nd bei den Javanen
(Stratz). Nach Kohlbrugge sollen alle neonati der malaiischen
und indonesischen Völker b laue Hautflecken besitzen un d zwar
nicht n u r am Steiss, sondern am ganzen Körper. Auch bei
den Papua h a t man sie wah rg en om m en ; Kohlbrugge *) sah
sie bei den Tenggerern au f Java. Ausserdem sind sie bei
den Eingeborenen der. Minahasa u nd bei den Torodja
beschrieben worden. Eine alte javanische F ra u erzählte
Folgendes: Wenn die Grosseltern oder Urgrosseltern einer
schwangeren F rau sterben, streicht dieselbe etwas Russ oder
Holzkohle auf die Leiche, sodass ein dunkler Fleck entsteht,
ungefähr von der Grösse eines halben Guldens. Sie glaubt
nun, dass ih r Kind bei der Geburt auch einen dunklen Hautfleck
(toh) besitzen w ird , die Stelle an der er sich bei dem
Kinde zeigt, b rau ch t jedoch nicht mit dem geschwärzten Fleck
der Leiche übereinzustimmen. Ist der dunkle Fleck bei der
1) Kohlbrugge, J. H. F., Anthrop. Beobachtungen aus dem Malaiischen
Archipel. Zeitschr. Ethnologie. 1900. S. 396.