Ripley h a t au f seiner Karte über die Verteilung der mittleren
Körpergrössen au f der ganzen Welt angegeben, dass die Insel
Sumatra von Menschen mit einer Durchschnittsgrösse von
158—161 cm. bewohnt wird. Meine Untersuchungen, sowohl
bei den Minangkabau-Malaien als bei den Niassern haben
jedoch gelehrt, dass die durchschnittliche Körpergrösse dieser
Eingeborenen eine viel kleinere ist.
S p a n n w e it e .
Unter Spannweite versteht man den Abstand zwischen den
Spitzen der beiden Mittelfinger bei horizontal seitwärts gestreckten
Armen. Zur Bestimmung d er Spannweite liess ich
die Eingeborenen die Spitze des Mittelfingers der einen Hand
gegen die unbewegliche Querstange des Martin’schen Massstabes
legen u n d d a rau f mit dem ändern Mittelfinger die
bewegliche Querslange so weit wie möglich seitwärts bewegen.
Die Messung wurde in der' sogenannten militärischen Haltung
vorgenommen.
Als durchschnittliche Spannweite bei allen Niassern, die
fü r diese Messung in Anmerkung kamen (1262 von den 1298
Leuten) fand ich 161,32 cm. Die Spannweite beträgt also 6,59 cm.
mehr als die Körpergrösse.
Bei 14 Niassern waren Spannweite, und Körpergrösse ziemlich
gleich, bei 36 Männern fand ich die Spannweite kleiner
als die Körpergrösse. Die grösste Differenz zwischen Spannweite
u nd Körpergrösse betrug 17,2 cm. Sie ergab sich bei
No. 165 meiner Reihe, einem Mann mit einer Spannweite
von 176,2 cm. u nd einer Körpergrösse von 159 cm.
Der umgekehrte Fall zeigt sich bei No. 422. Hier beträgt die
Körpergrösse 158,5 cm. u nd die Spannweite 151,2; die Statur
ist also 7,3 cm. grösser als die Spannweite.
Bei den Minangkabau-Malaien fand ich seinerzeit die Spannweite
um 7,74 cm. grösser als das Körpermass, der Unterschied
ist also bei ihnen bedeutender als bei den Niassern.
Die relative Spannweite, die das prozentualische Verhältnis
von Spannweite und Körpergrösse angiebt, beträgt bei den
Niassern 104,26.
Minangkabauer Niasser
Absolute Spannweite 164,74 cm. 161,32 cm.
Körpergrösse 157,00 „ 154,73 „
Differenz 7,74 cm. 6,59 cm.
Relative Spannweite 104,93 „ 104,26 „
Bei den Niassern ist also sowohl die absolute als die relative
Spannweite geringer als bei den Minangkabau-Malaien; die
relative, trotzdem die Körpergrösse der Niasser durchschnittlich
kleiner ist als die der Minangkabauer. Die geringere
relative Spannweite der Niasser ist also ausschliesslich die
Folge der kleineren absoluten Spannweite. Dies beweist,
dass, wenn man von d er Breite der Schultern absieht, die
relative Armlänge der Niasser kleiner ist als diejenige der
Minangkabau-Malaien, was sich bei den Messungen der Armlänge
bestätigen wird.
Trotz d er geringeren Körpergrösse der Niasser ist ihre
relative Armlänge ( K™pe'ggr6sso X 100) kleiner. Dies weist also
au f relativ, d. h. im Verhältnis zu r Körpergrösse, kurze
Arme.
Bei einer ziemlich grossen Anzahl meiner Niasser — 36
unter 1298 = ± 2,8 ° /0 — ü ess sich die Spannweite nicht
b estim men , weil einer oder beide Mittelfinger nach der Handfläche
zu k rum m gewachsen w a ren , sodass sie unmöglich
gerade gestreckt werden konnten. Auch an den übrigen Fingern
habe ich eine derartige Flexion häufig beobachten können.
Die Ursache k an n ich nicht mit Bestimmtheit angeben. Es
ist nicht die Folge eines traum a , da keine Narben als Folgen
von Verwundung oder Infektion zu bemerken waren. Die
Eingeborenen selbst gaben a n , dass diese Krümmungen allmählich
entstanden seien. Ich vermute , dass es sich um einen
rheumatischen Prozess handelt. Die h arten Sehnen der Flexionsmuskeln
waren deutlich zu fühlen.
Ähnliches berichtet Stevens x) von den Djakun in M a lak k a :
1) Stevens, H. V., Anthropologische Bemerkungen über die Eingeborenen
von Malacca. Zeitsch. f. Ethnologie, 29 Jhrg. 1897.